Schlaf als Erfolgsfaktor: Warum Führungskräfte ausschlafen sollten
In ihren Anfängen fokussierte die Schlafforschung auf den wechselseitigen Einfluss von Schlaf und Gehirnfunktionen. Die Messung der Gehirnaktivität im Schlaf offenbarte unterschiedliche Schlafstadien, welche in Zyklen auftreten. Diese Stadien scheinen auch unterschiedliche Auswirkungen auf kognitive Funktionen zu haben. Tiefschlaf ist besonders für die Konsolidierung des deklarativen Gedächtnisses wichtig, also für Faktenwissen. Der Rapid-Eye-Movement (REM)-Schlaf scheint hingegen für die Verarbeitung von Emotionen wichtig und das prozedurale Gedächtnis, d. h. kognitive Fähigkeiten, Gewohnheiten und Bewegungsabläufe, zu fördern. Im Umkehrschluss wurde gezeigt, dass die Beeinträchtigung des Schlafes auch mit Einbussen in der kognitiven Leistungsfähigkeit einhergeht.
Die regenerative Kraft des Schlafes
Analog zu den kognitiven Funktionen besteht ein Zusammenhang zwischen Schlaf und der körperlichen Regeneration. Es gibt mehrere physiologische Mechanismen, welche nur während des Schlafes stattfinden können. Das glymphatische System spült wie ein Reinigungssystem Abfallstoffe, welche sich über den Tag ansammeln – darunter auch Proteine, die mit Alzheimer in Verbindung stehen – aus dem Gehirn. Die dafür notwendige Verbreiterung der Räume zwischen den Gehirnzellen findet jedoch nur im Tiefschlaf statt. Während wir schlafen, produziert das Immunsystem Abwehrzellen, welche Viren und Bakterien bekämpfen, und aktiviert Botenstoffe, welche Entzündungen entgegenwirken und Reparaturprozesse anstossen.
Dieser Zusammenhang erklärt auch, wieso wir bei Schlafmangel anfälliger für Infekte sind. Im Tiefschlaf werden zudem verstärkt Wachstumshormone ausgeschüttet, welche eine zentrale Rolle in der Reparatur von Gewebe sowie dem Muskelaufbau spielen. Ausreichender und qualitativ guter Schlaf ist also nicht nur für die kognitive, sondern auch für die körperliche Leistungsfähigkeit essenziell.
Der sagenumwobene Schlaf von Managern
Grundsätzlich wird das Verhalten von Managern und Politikern aufgrund ihres Einflusses gesellschaftlich und medial diskutiert. Dies ist auch beim Schlafverhalten der Fall. In den vergangenen Jahren zeichnet sich hier jedoch ein Wandel ab. Früher galt wenig Schlaf als ein Zeichen von Leistungsfähigkeit, Einsatzbereitschaft und Erfolg und wurde auch so kolportiert. Führungskräfte, welche mit wenigen Stunden Schlaf auskamen, galten als Vorbilder. Inzwischen mehren sich die Stimmen auch im Topmanagement, welche die Wichtigkeit von gutem Schlaf anerkennen, wie Jeff Bezos und Bill Gates.
Wieso Schlaf gerade bei Führungskräften wichtig ist
Die Tätigkeiten von Führungskräften erfordern ein hohes Mass an kognitiver Leistungsfähigkeit. Die Entscheidungen, welche Führungskräfte treffen müssen, sind typischerweise komplex, müssen unter Zeitdruck und Unsicherheit getroffen werden und haben weitreichende Konsequenzen. Mehrere Studien zeigen, dass Schlafmangel die Risikobereitschaft erhöht, jedoch, ohne dass dies den Betroffenen bewusst ist. Ein guter Schlaf hingegen fördert die Fähigkeit, Probleme kreativ und umsichtig zu lösen.
Neben den analytischen Fähigkeiten bedarf die Führung auch zwischenmenschliche Fähigkeiten. Schlafmangel verstärkt jedoch die emotionale Gereiztheit und reduziert die Empathie- sowie Konfliktlösungsfähigkeit. Letztlich beeinträchtigt Schlafmangel auch die psychische und körperliche Widerstandsfähigkeit. Insgesamt hängen die Fähigkeiten, welche besonders in Führungspositionen wichtig sind, stark von gutem Schlaf ab.
Schlaf kann nicht erzwungen werden
Vor dem Hintergrund der Relevanz von Schlaf für die Leistungsfähigkeit stellt sich die Frage, wie wir unseren Schlaf positiv beeinflussen können. Aus diesem Bedürfnis heraus ist die SleepTech-Industrie entstanden, welche Technologien zur Verbesserung verschiedener Aspekte des Schlafes entwickelt (weltweites Marktvolumen 2023 USD >20 Mrd.). Besonders beliebt sind Schlaftracker, welche anhand verschiedener Messsignale (z. B. Bewegung, Puls) den Schlaf analysieren. Schlaftracker wurden in den vergangenen Jahren immer genauer, sie weisen gemäss aktuellen Forschungsergebnissen jedoch noch erhebliche Messfehler auf oder sind nicht so genau, wie die Auswertungen suggerieren.
Obwohl das Self-Monitoring grundsätzlich eine ausgezeichnete Technik für Verhaltensänderung ist, gibt es damit beim Schlaf ein Problem: Die fehlende Genauigkeit der Messung führt zu Verunsicherung, auch weil sie z. T. erheblich von der subjektiven Wahrnehmung abweicht. Aus der klinischen Erfahrung wissen wir, dass dies je nach Persönlichkeitsmerkmalen einen relevanten Stressor darstellen und paradoxerweise den Schlaf negativ beeinflussen kann. Werden Schlaftracker jedoch nicht primär zur Quantifizierung des Schlafes, sondern zur Bildung neuer schlaffördernder Gewohnheiten eingesetzt, kann deren Gebrauch sinnvoll sein.
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Wie uns der Schlaf findet
Der Schlaf unterliegt nicht unserer willentlichen Kontrolle. Biologisch gesehen gibt es zwei Mechanismen, welche den Schlaf massgeblich steuern. Erstens der innere Taktgeber im Gehirn, welcher einen Rhythmus von ungefähr 24h hat. Das Vorhandensein dieses Rhythmus nehmen wir z. B. als Jetlag beim Wechsel von Zeitzonen verstärkt wahr. Zweitens den Schlafdruck, welcher sich in der Zeit seit der letzten Schlafepisode aufbaut und durch Schlaf wieder abgebaut wird.
Die Schlafqualität kann durch entsprechend schlafförderndes Verhalten – auch als Schlafhygiene bekannt – verbessert werden. Dabei geht es grundsätzlich darum, die beiden oben erwähnten Mechanismen zu unterstützen oder diese nicht zu stören und die psychophysiologische Entspannungsfähigkeit zu verbessern.
Konkrete Schlafhygiene-Regeln sind u. a. regelmässige Schlafenszeiten und das Vermeiden von schweren Mahlzeiten (ca. 3h vorher), Stimulanzien (z. B. Kaffee, Schwarz-/Grüntee, ca. 6-8h), übermässigem Alkoholkonsum und starken Lichtquellen (z. B. Bildschirme, 1-2h) vor dem Zubettgehen. Weitere sind tagsüber nicht zu schlafen oder Powernaps auf 20 Minuten zu beschränken, regelmässige und genügend Bewegung (ca. 150 Min./Woche) sowie falls man nachts erwacht, nicht auf die Uhr zu schauen.
Wenn der Schlaf ausbleibt
Schlafstörungen, d. h. Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen, zu frühes Erwachen oder nicht erholsamer Schlaf, können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Häufig steht dies im Kontext eines akuten Stressors und die Schlafstörung klingt innert Kürze wieder ab. Hält die Schlafstörung trotz Einhaltung der Schlafhygiene-Regeln über längere Zeit an, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Die Oberwaid-Kur «Erholsamer Schlafen» beinhaltet z. B. eine fundierte ärztliche Abklärung inkl. Schlafmessung und daraus abgeleitet individuell massgeschneiderte Ansätze zur Verbesserung des Schlafes. Besteht eine chronische Schlafstörung (d. h. mindestens drei Nächte pro Woche über drei Monate) kann eine stationäre multidisziplinäre Behandlung sinnvoll sein.
st also nicht nur für die kognitive, sondern auch für die körperliche Leistungsfähigkeit essenziell.