St.Galler Festspiele 2024

Wenn ein Jackenknopf den Gesang durcheinanderbringt

Wenn ein Jackenknopf den Gesang durcheinanderbringt
Corinna Niemeyer
Lesezeit: 2 Minuten

Corinna Niemeyer ist die Dirigentin der Festspiele. Auf ihr lastet eine grosse Verantwortung – schliesslich muss sie rund 70 Personen durch einen ganzen Abend führen und mit Körpersprache dafür sorgen, dass das Orchester und der Gesang perfekt sind. Wie das klappt und was die Atmung damit zu tun hat, verrät sie im Gespräch.

Corinna Niemeyer, wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen?
Meine Arbeit ist sehr vielseitig und anspruchsvoll. Zunächst werden während sechs Wochen Proben durchgeführt. Darauf folgen dann sechs Aufführungen. In den Proben arbeiten wir musikalisch und szenisch. Also wie die Oper klingen und aussehen soll. Auch Ideen der Sänger und Musiker werden dabei berücksichtigt. Das wiederum führt zu neuen Ideen und Zusammenhängen. Und manchmal gibt es auch lustige Detail-Probleme: Ein Sänger soll während des Singens seine Jacke wieder anziehen und zuknöpfen. Die Knöpfe haken aber etwas, der Sänger kann nicht mehr genug auf den Dirigenten schauen – und setzt falsch ein.

Das Zuknöpfen einer Jacke ist für die meisten Menschen kein Problem. Aber zu verstehen, welche Bedeutung die Bewegungen eines Dirigenten haben… Das stelle ich mir schon schwieriger vor.
Ja, das ist es auch. Es geht darum, körpersprachlich und vor allem über den Atem sehr präzise eine musikalische Vorstellung vermitteln zu können. Wenn die Musik im Austausch mit dem Orchester und aus dem Moment heraus entsteht – dann wird sie richtig gut. Manchmal muss man klar führen, manchmal aber auch einfach nur mitbegleiten und mitgestalten. Was man aber immer tun muss: Zuhören und zum Zuhören animieren. Und ich glaube, dass man nie kontrollierend dirigieren darf. Dirigieren, das bedeutet, dass man eine Richtung vorgibt. 

Das klingt nach einer Mammut-Aufgabe. Wie viele Personen werden Sie dirigieren?
Das werden etwa 70 sein. Aber hinter der Bühne, in der Tontechnik und bei den Maskenbildnern sind sicher noch einmal 30 Personen beschäftigt – wenn nicht sogar noch mehr. Beim Operndirigieren ist das Besondere, dass man nur für die musikalisch aktiven Leute zuständig ist, aber gleichzeitig darauf zählen muss, dass alle anderen ebenfalls einen guten Job machen. Wenn ein Kostümwechsel nicht schnell genug ist, tritt der Sänger nicht zur richtigen Zeit auf und verpasst seinen Einsatz. Und wenn eine Requisite fehlt, kommt der Ablauf auf der Bühne durcheinander. Ich bin aber ganz zuversichtlich.

 

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«Wenn die Musik im Austausch mit dem Orchester und aus dem Moment heraus entsteht, wird sie richtig gut.»

Und was verbinden Sie persönlich mit den Festspielen?
Ich habe in St.Gallen schon 2018 eine Produktion dirigiert (Monteverdi/Krenek L’incoronazione di Poppea) und ich freue mich, jetzt im Rahmen der Festspiele wiederzukommen. Und dass diese auf dem Berg stattfinden, ist natürlich eine ganz besondere Sache; das wird ein grosses Erlebnis!

Und haben Sie auch einen Bezug spezifisch zur Oper The Fairy Queen?
Ich habe als Cellistin viel Barock-Musik gespielt und freue mich jetzt sehr, diese Oper aufzuführen. Ich glaube, die Stimmung auf dem Berg wird einmalig sein. In der Natur ergeben sich auch immer spontane Stimmungen, die man nicht vorhersehen konnte.

Text: Fabian Alexander Meyer

Bild: Simon Pauly

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