Fernwärme Wil für eine effiziente und nachhaltige Zukunft
Christian Hofmann, die Technischen Betriebe Wil (TBW) haben mit der Umsetzung des Fernwärmeprojekts begonnen. Wie sieht der aktuelle Stand der Arbeiten aus, und welche Herausforderungen haben Sie bisher gemeistert?
Wir konnten noch vor den Sommerferien die ersten 160 Meter Verteilleitungen in der neuen Stelzstrasse verlegen und bauen aktuell an der Transferleitung und den Hausanschlussleitungen für den Thurvita Sonnenhof. Seit dem positiven Abstimmungsresultat haben wir die Projektorganisation hochgefahren. Das riesige Projekt wurde aufgrund technischer und terminlicher Kriterien in Teilprojekte aufgeteilt und priorisiert, sodass wir unser Ziel, per Herbst 2026 Wärme an die Kundschaft zu liefern, erreichen können. Zudem wurden Verhandlungen für Durchleitungsrechte mit Grundeigentümern geführt, in denen wir auf gutem Weg sind.
Abwärme von Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) gilt als CO2-frei. Welche Rolle spielt dies bei Ihrer Entscheidung, Fernwärme auszubauen?
Der allgemeine Trend geht dahin, Fernwärmenetze möglichst CO2-frei zu betreiben. Wir sind froh, dass wir die Wärme vom Zweckverband Abfallverwertung Bazenheid (ZAB) beziehen können. Die KVA hat genügend Leistungsreserven, sodass wir keine zusätzliche Spitzenlastabdeckung benötigen.
Die Thurvita AG, die sich als erste öffentliche Institution für Fernwärme entschieden hat, wird voraussichtlich 2028 an das Fernwärmenetz angeschlossen. Wie wichtig sind solche langfristigen Zusagen für die TBW?
Frühzeitige Zusagen wie die von Thurvita helfen uns, die Planbarkeit des Projekts zu erhöhen, damit wir das Fernwärmenetz bedarfsorientiert bauen können.
Thurvita erneuert beim Umbau des Standorts Sonnenhof die Entwässerung und Kanalisation. Inwiefern können die TBW dabei Synergien nutzen, um die Hausanschlussleitungen für die zukünftige Fernwärme zu verlegen?
Es ist von Vorteil, dass keine separate Baustelleninstallation für die Fernwärme errichtet werden muss. Zudem können wir von der Planung der Entwässerung profitieren. Am meisten davon profitiert unsere Kundin Thurvita: Die Kosten für die Umgebungsarbeiten fallen dadurch nur einmal an. Für die Fernwärme muss der Garten nicht erneut umgegraben werden.
Wie gross ist das Team, das an der Umsetzung des Fernwärmeprojekts arbeitet, und wie organisieren Sie sich?
Bei den TBW sind wir zwei Projektleiter, unterstützt durch Kollegen aus dem Vertrieb und Netzbau sowie externe Ingenieure. Die Koordination erfolgt über digitale Werkzeuge, die wir zum Austausch der Detailpläne nutzen. Der Fortschritt wird grafisch dargestellt, und regelmässige Sitzungen tragen dazu bei, den Überblick zu behalten.
Bei der Fernwärme entfallen 90 Prozent der Kosten auf die Verlegung der Leitungen. Wie können diese Kosten überwacht werden?
Das Netz darf nicht überdimensioniert sein, um Kosten und Wärmeverluste zu reduzieren. Deswegen haben wir uns für ein Heisswasser-Fernwärmenetz mit einer flexiblen Vorlauftemperatur von 80°C bis 120°C entschieden. So können wir die Transportleitung von Bazenheid nach Wil kleiner dimensionieren und dennoch ausreichend Kapazität für zukünftige Kundschaft sicherstellen. Zudem werden alle Aufträge nach dem neuen Beschaffungsrecht ausgeschrieben.
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Ist das Fernwärmenetz flexibel hinsichtlich der Energiequelle? Welche zukünftigen Optionen gibt es?
Das Netz ist nicht auf eine einzige Energiequelle angewiesen. Aktuell nutzen wir Abfall, aber die Wärme könnte bei Bedarf z.B. aus Holzschnitzeln generiert werden. Was aktuell aber nicht vorgesehen ist. Für Notfälle stehen mobile Heizzentralen bereit, die bei Bedarf Quartiere versorgen könnten.
Welche Vorteile bringt die Fernwärme für Thurvita hinsichtlich ökologischer Nachhaltigkeit und Energieeffizienz?
Durch den Umstieg von Gasheizung auf Fernwärme spart Thurvita jährlich etwa 300 Tonnen CO2 ein. Zudem profitiert Thurvita von stabilen, marktunabhängigen Energiepreisen und stärkt die lokale Wertschöpfung – nach dem Motto: «Mein Abfall, meine Wärme».