«Stillstand ist keine Option»
Patrick Meier, welche Bedeutung hat ein solches Jubiläum für Sie als Geschäftsführer und für das Unternehmen Belcolor?
Ich bin stolz und dankbar, dass wir als Belcolor seit fünf Jahrzehnten erfolgreich im Markt tätig sind und es uns immer wieder gelungen ist, uns an Veränderungen anzupassen und das Unternehmen weiterzuentwickeln. Grossartig ist auch, dass viele Mitarbeiter schon Jahrzehnte dabei sind und diese Erfolgsgeschichte mitgeschrieben haben!
Neu ist die Geschäftsleitung ja auch Inhaberin der Belcolor …
Genau. Das macht dieses Jubiläumsjahr noch spezieller für uns. Die Geschäftsleitung konnte dieses Jahr ein Management-Buy-out durchführen. Somit sind wir neu auch Inhaber, was uns natürlich zusätzlich enorm motiviert. Die vielen positiven Feedbacks seitens Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern auf dieses MBO haben uns sehr gefreut. Sie widerspiegeln auch die gegenseitige Wertschätzung.
Wie hat sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren entwickelt?
Ursprünglich hiess unsere Firma Belcolor Teppich AG und war vor allem ein Teppichgrosshändler. Als solcher wurde Belcolor auch lange wahrgenommen. Um die Entwicklung zum vielseitigen Bodenspezialisten zu unterstreichen, wurde das Unternehmen 1996 in die Belcolor AG Flooring umfirmiert. Bis heute hat sich unser Unternehmen zu einem Bodenbelagsspezialisten mit vielfältigen Beratungs- und Serviceangeboten entwickelt. Obwohl der Verkauf immer über den Fachhandel erfolgt, beraten wir auch Architekten, Bauherren, Investoren und Generalunternehmer in unseren sechs Showrooms in der ganzen Schweiz.
Apropos Schweiz: Belcolor war nicht immer in Schweizer Händen, oder?
Das stimmt. Das ursprünglich inhabergeführte Unternehmen wurde anfangs 2020 an den englischen, börsenkotierten Konzern Headlam Floorcovering Group plc verkauft. Aber wie vorhin erwähnt ist die Belcolor AG Flooring seit Mai 2021 durch das MBO wieder inhabergeführt und in Schweizer Händen.
Wo lagen die besonderen Herausforderungen auf dem Weg zur heutigen Belcolor?
Neben der Bewältigung von Krisen wie der Weltwirtschaftskrise in den 1970er Jahren oder der Finanz- und Eurokrise in jüngerer Vergangenheit galt und gilt es noch heute, uns immer wieder den Entwicklungen im unmittelbaren Unternehmensumfeld anzupassen und Tendenzen zu antizipieren, was nicht immer einfach ist. Durch regelmässige Trend- und Umweltanalysen wollen wir diese Herausforderung meistern und die richtigen Schlüsse für unser Unternehmen ziehen.
Was waren Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Elemente in der Erfolgsgeschichte von Belcolor?
Langjährige Kunden- und Lieferantenbeziehungen, die auf gegenseitiger Wertschätzung und Vertrauen basieren, sind sicher ein wesentliches Element. Daneben waren und sind wir immer auf der Suche nach und offen für Neues. Wir verfolgen auch eine Kultur, in der jeder aktiv seine Ideen einbringen kann und soll. Zusätzlich war Belcolor immer von Menschen geprägt, die ausgesprochene Persönlichkeiten waren, und für die das Unternehmen mehr als nur ein Arbeitgeber war. Dadurch gelang und gelingt es Belcolor immer wieder, als attraktiver Arbeitgeber die besten Mitarbeiter anzuziehen, zu fördern und zu halten.
Die Digitalisierung war Ihnen und Ihrem GL-Team von Anfang an ein grosses Anliegen. Weshalb?
Wir sehen in anderen Branchen, wie disruptive Modelle langjährige Geschäftsmodelle komplett infrage gestellt oder sogar abgelöst haben. Gerade im Handel gilt es, ein besonderes Augenmerk darauf zu legen. Hier versuchen wir, strategisch proaktiv zu sein und uns entsprechend zu positionieren. Neben dieser eher strategischen Ausrichtung können viele Prozesse durch die Digitalisierung vereinfacht werden – und die Mitarbeiter haben mehr Zeit für kunden- oder projektorientierte Arbeiten.
Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf ein Unternehmen wie Belcolor?
Die Digitalisierung wird auf jedes Unternehmen Auswirkungen haben. Je nach Branche wird dies früher oder später, schneller oder langsamer passieren – aber es wird passieren. Einerseits sind wir im Grosshandel tätig, wo die Digitalisierung schon sehr weit vorangeschritten ist, andererseits sind wir in der Baubranche aktiv, wo im Vergleich zu anderen Branchen das Tempo bei der Digitalisierung noch geringer ist. Uns geht es vor allem darum, das richtige Tempo für alle Akteure zu finden und Angebote zu kreieren, die für alle einen echten Nutzen bringen und nicht nur Spielerei sind. An diesen Herausforderungen arbeiten wir.
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Was ist diesbezüglich noch zu erwarten?
Wir haben viel Grundlagenarbeit gemacht und entsprechende personelle Ressourcen geschaffen, um die Digitalisierung überhaupt starten zu können. Zentral dabei war unter anderem der Aufbau eines umfangreichen zentralen Produktinformationssystems, das die Basis für verschiedene Applikationen bildet. Wir haben beispielsweise einen digitalen Online-Raumplaner, mit dem verschiedene Bodenbeläge verglichen und ausgewählt werden können. Zusätzlich können dann gleich auch Muster bestellt oder weitere Informationen wie technische Daten heruntergeladen werden. In Kürze steht auch ein Webshop für das B2B-Geschäft zur Verfügung.
Und in der Logistik haben Sie eine Transport-App im Einsatz …
… über die unsere Kunden laufend über den Lieferfortschritt benachrichtigt werden und die Lieferscheine digitalisiert erhalten, ja. Wir sind auch in Kooperationen mit Start-ups, die im Baubereich die Digitalisierung vorwärtstreiben, sei es als Produktplattform oder bei der Projektgewinnung. Weitere Projekte sind noch in Planung oder Bearbeitung, neben der Digitalisierung der internen Prozesse, die ja viele Unternehmen angehen.
Belcolor verkauft moderne Bodenbeläge – unter anderem auch Teppiche. Nun haben Teppiche nicht gerade den Ruf, besonders modern zu sein. Oder ist das ein Irrtum?
Wahrscheinlich haben Sie noch die beigen Spannteppiche im Sinn, die früher weit verbreitet waren. Aber hier hat die Teppichindustrie riesige Fortschritte gemacht und Innovationen hervorgebracht, zum Beispiel in Form von Teppichplatten, die in vielfältigen und topmodernen Designs daherkommen. Modernste Drucktechnologien haben diese Entwicklung unterstützt. Erfreulicherweise sind wir Exklusivpartner für die Schweiz von namhaften Teppichherstellern, die sehr innovativ und marktführend sind. Es ist aber schon so, dass der Grossteil an Teppichbelägen heute in Büros zum Einsatz kommt. Aber der Teppich muss sich definitiv nicht hinter andern Bodenbelagsarten verstecken!
Dann sind Teppiche auch vielfältiger geworden?
Auf jeden Fall. Die grössten Unterschiede finden sich beim Design und den Farben, bei den Formaten (nicht nur Rollen, sondern auch Platten und Planken) sowie bei den technischen Aspekten wie Laufkomfort oder Schallabsorption, die weiter verbessert wurden. Ein Besuch unserer Homepage oder unserer Showrooms wird Sie überraschen!
Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass die Leute mehr Zeit und Geld in ihre Häuser oder Wohnungen gesteckt haben. Hat sich dieser Boom bei Belcolor bemerkbar gemacht?
Ja. Die Leute haben auch vermehrt in Bodenbeläge investiert. Speziell bei den Outdoorbelägen, wo wir ein grosses Sortiment führen, hat sich dies bemerkbar gemacht. Die Corona-Krise hat aber auch dazu geführt, dass weniger Mieterwechsel stattgefunden haben und einige Bauprojekte im kommerziellen Bereich (Läden, Büros) verschoben wurden, was ebenfalls spürbar war.
Wie wird sich Belcolor in den nächsten Jahren weiterentwickeln?
Stillstehen oder Verwalten ist keine Option und entspricht auch nicht dem Naturell unserer Firma. Wir werden konsequent den Weg weitergehen und die eingeschlagene Strategie weiterverfolgen, um die Kundenbedürfnisse zu erfüllen, attraktiver Partner für Lieferanten aus der ganzen Welt zu sein und die besten Mitarbeiter anziehen und halten zu können. Da haben wir bereits verschiedene Projekte gestartet. Zudem werden wir weiterhin im Rahmen unserer Analysen die Trends im Auge behalten, Chancen und Gefahren für uns bestimmen und die entsprechenden Massnahmen ergreifen und, wenn nötig, die Strategie anpassen.
Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?
Der ist und bleibt für uns ein zentrales Thema. Deshalb werden wir weiterhin einerseits in die Weiterbildung der Mitarbeiter investieren und andererseits Investitionen in die Lehrlingsausbildung tätigen, da wir extrem gute Erfahrung mit der Generierung von eigenem Nachwuchs für uns und letztendlich auch die Branche gemacht haben. Ganz wichtig wird weiterhin die Pflege der zwischenmenschlichen Beziehungen mit Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern, Netzwerken und Stakeholdern sein. Trotz Digitalisierung ist und bleibt unser Business vielfach noch ein Beziehungsgeschäft.