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Die unterschätzte Kraft im Energiemix

Die unterschätzte Kraft im Energiemix
Ivo Zillig
Lesezeit: 3 Minuten

Während Solarenergie und Windkraft die öffentliche Aufmerksamkeit dominieren, spielt Biogas eine eher untergeordnete Rolle für die Energiesicherheit. Ivo Zillig, CEO der EKT-Gruppe, erklärt, warum Biogasanlagen trotzdem ein wertvoller Bestandteil der regionalen Energieversorgung sein können – besonders in Zeiten der Dunkelflaute und Winterstromlücke.

Ivo Zillig, Biogasanlagen können mit Gas und Strom zwei Energiearten produzieren, oder?
Das ist richtig: Zum einen kann Biogas direkt ins Gasnetz eingespeist werden, wo es einen Teil des fossilen Erdgases ersetzt. Zum anderen kann, wie bei der EKT, Biogas «verstromt» und ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden, was in der Regel über Blockheizkraftwerke passiert. Dort wird immer auch quasi als «Nebenprodukt» thermische Energie produziert, die wiederum für Fernwärme genutzt werden kann.

Wie wichtig sind sie im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energiequellen?
Weil Biogasanlagen im Vergleich zu Windkraft und Photovoltaik nicht tages-, wetter- oder saisonabhängig produzieren, können sie einen wertvollen Beitrag gegen die Dunkelflaute leisten. Solange der Rohstoff Biomasse zur Verfügung steht, kann die Biogasanlage mit unterschiedlichen Leistungen betrieben und dank ihres Gasspeichers wie eine Batterie verwendet werden. Bereits heute werden verschiedene kleinere Biogasanlagen in sogenannten Poolings betrieben – sie werden bei Bedarf über die Sommermittagsspitze gedrosselt, um dem Solarstrom den Vorrang zu geben, und produzieren dafür in der Nacht mit maximaler Leistung.

Und wie sehen die wirtschaftlichen Aussichten für Biogasanlagen aus?
Diese hängen von zahlreichen Faktoren ab: Wie steht es mit der Akzeptanz der Anwohner? Wo soll die neu geplante Anlage stehen, und wie sieht es mit der Erschliessung aus? Steht genügend Biomasse zur Verfügung und was kostet sie? Nehmen die Bau- und Sicherheitsvorschriften, die Ausstattung und Betrieb verteuern, weiter zu? Von welchen Förderungen kann in Zukunft ausgegangen werden? Unsere Erfahrung im Thurgau zeigt, dass es leider schwierig ist, ein Projekt mit durchwegs positiven Faktoren entwickeln zu können.

 

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«Biogasanlagen können dank ihres Gasspeichers wie eine Batterie verwendet werden.»

Sind vorerst also keine neuen Investitionen in Biogasanlagen geplant?
Die Realisierung von neuen Anlagen ist nach wie vor eine grosse Herausforderung. Wir haben daher aktuell keine Investition in Neuanlagen geplant. Wir stellen aber fest, dass verschiedene Betreiber von bereits bestehenden Anlagen diese erweitern, weil schon ein Teil der nötigen Infrastruktur vorhanden ist.

Welche wirtschaftlichen Vorteile sähen Sie in der Förderung von Biogas?
Strom aus Biogasanlagen wird auch in der Nacht und im Winter produziert, gänzlich unabhängig vom Wetter. Das hilft, um der «Winterstromlücke» entgegenzuwirken und die Kosten für diesen teuren Strom zu dämpfen.

Könnten Biogasanlagen auch zur regionalen Wertschöpfung beitragen?
Ja. Typischerweise stehen Biogasanlagen bei Abwasserreinigungsanlagen oder auf landwirtschaftlichen Betrieben. Also genau dort, wo grosse Mengen an Biomasse anfallen. Dieser Umstand ermöglicht es regionalen Betrieben, die bisher ausschliesslich als Verbraucher mit der Energiewirtschaft zu tun hatten, mit einer Biogasanlage auf die Produzentenseite zu wechseln und so zusätzliche Einnahmen zu generieren.

 

Und wie beeinflusst die Entwicklung von Biogasanlagen die Energiekosten?
Aktuell können Biogasanlagen von Abwasserreinigungsanlagen vermutlich wirtschaftlich betrieben werden, weil sie den Eigenverbrauch der ARA meist vollständig decken. Landwirtschaftliche Anlagen hingegen, die vorwiegend zu einem Bauernhof mit weniger Eigenverbrauch gehören, sind wirtschaftlich schwieriger zu betreiben, wenn sie nicht mit Fördergeldern unterstützt werden. Hier sehe ich keine grosse Beeinflussung der Strompreise für Verbraucher. Ausser natürlich, wenn die benötigten Fördergelder aus Abgaben pro konsumierter Kilowattstunde stammen.

Wie fügt sich die Nutzung von Biogas in die Energiestrategie 2050 des Bundes ein?
Der Rohstoff zur Biogasproduktion ist in der Schweiz beschränkt. Somit wird auch in Zukunft Strom aus Biogas nur einen eher kleinen Beitrag zur gesamthaft benötigten Energiemenge beitragen. Die Energiestrategie 2050 fokussiert aber nicht auf wenige grosse Energieproduzenten, sondern nutzt den Mix und die Vorteile der verschiedenen, auch kleineren Produktionsanlagen. Hierzu gehören Biogasanlagen.

Aber Biogas wird in Zukunft wohl nicht die wichtigste Säule unserer Energieversorgung werden.
Nein. Aber im Vergleich zu den heute langen Bewilligungsverfahren für Anlagen mit mehr Mengenpotenzial – wie Windparks, Photovoltaik-Freiflächenanlagen oder Wasserkraftwerke beispielsweise – sind Biogasanlagen relativ klein und die Bewilligungsprozesse entsprechend wesentlich schlanker. Somit lassen sich solche Anlagen auch in kürzerer Zeit realisieren. 

Wird Biogas in Zukunft also eine grössere oder kleinere Rolle spielen?
Wegen der nicht endlos verfügbaren Biomasse in der Schweiz werden Biogasanlagen auch in Zukunft eine eher untergeordnete Rolle im Schweizer Strommix spielen. Wie gross diese Rolle effektiv sein wird, hängt hauptsächlich von der zukünftigen Förderung von Biogasanlagen ab. Weil Biogasanlagen Strom unabhängig von Wetter, Saison und Uhrzeit produzieren, können sie einen zwar mengenmässig untergeordneten, dennoch aber wertvollen Beitrag an die Versorgungssicherheit leisten.

Text: Fabian Alexander Meyer

Bild: Reto Martin

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