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«Zahlungsbereitschaft verharrt auf ansehnlichem Niveau»

«Zahlungsbereitschaft verharrt auf ansehnlichem Niveau»
Lesezeit: 3 Minuten

Dank einer intakten Nutzernachfrage stehe der Markt für Schweizer Renditeliegenschaften weiterhin auf einem stabilen Fundament, ist sich Alfonso Tedeschi, Senior Portfolio Manager bei Helvetia Asset Management, sicher.

Alfonso Tedeschi gehört der Helvetia-Geschäftsleitung in der Fondsleitung an und verantwortet in dieser Funktion den Immobilienfonds Helvetia (CH) Swiss Property Fund.
Alfonso Tedeschi gehört der Helvetia-Geschäftsleitung in der Fondsleitung an und verantwortet in dieser Funktion den Immobilienfonds Helvetia (CH) Swiss Property Fund.

Alfonso Tedeschi, machen sich zunehmende Inflation und steigende Hypothekarzinsen auch bei Ihnen schon bemerkbar?
Die hiesige Baubranche ist weiterhin mit Lieferengpässen und stark steigenden Materialpreisen konfrontiert. Der im Juni 2022 vom BFS publizierte Baupreisindex für den Hochbau weist mit einem Plus von 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr den stärksten jährlichen Anstieg seit Beginn der Datenerfassung 1998 aus. Dieser wird getrieben von den deutlich gestiegenen Rohstoffpreisen, Problemen in den Lieferketten sowie einer steigenden Bereitschaft der Hauseigentümer, ihre Liegenschaften energetisch zu optimieren. Die Neubau- sowie Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten dürften in absehbarer Zeit weiterhin spürbar zunehmen. Zugleich sind die Zinskosten bei der Aufnahme von Fremdkapital angestiegen. Da unsere Strategien relativ moderat fremdfinanziert sind und wir einen Teil unserer Fremdfinanzierung langfristig abgeschlossen haben, erachten wir die unmittelbaren Implikationen auf die Anlagerendite aber als gering.

Der Immobiliensektor besteht bekanntlich aus einer Vielzahl von Teilbereichen. Welche sind von diesen Entwicklungen am stärksten betroffen?
Die kotierten Immobilienfonds und -aktiengesellschaften waren im ersten Halbjahr 2022 am stärksten von der hohen Unsicherheit betroffen. Damit weist diese Anlageklasse grundsätzlich eine Synchronität mit den weltweiten Aktienmärkten auf. Die Performance der kotierten Immobilienfonds seit Anfang Jahr beträgt minus 14,9 Prozent, bei den kotierten Immobilienaktiengesellschaften wurden minus 7,0 Prozent verzeichnet.

Nachdem sich die Corona-Situation normalisiert hat, droht nun Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und eines damit einhergehenden Wirtschaftsabschwungs.
Ja. Angesichts steigender Zinsen verschärfen sich die Anlagerisiken im Zusammenhang mit der international stark angestiegenen Verschuldung. Die Wahrscheinlichkeit von weiteren Korrekturen an den Finanzmärkten bleibt bestehen. Ob
der Schweizer Immobilienmarkt auch im aktuellen Marktkontext eine hohe Resilienz ausweisen kann, wird sich weisen. Zumindest während der letzten drei Krisen – Weltfinanzkrise, Eurokrise und Coronapandemie – hat der Schweizer Immobilienmarkt sehr solide reagiert. Verschiedene Konjunkturprognosen deuten zurzeit darauf hin, dass die Schweizer Wirtschaft auch im Jahr 2022 und 2023 wachsen wird. Sollte jedoch ein negatives Szenario eintreffen, in dem die Zinsen infolge hoher Inflationsraten weiter steigen und die Wirtschaft stagniert, also eine Stagflation eintritt, sind Wertverluste am Immobilienmarkt durchaus möglich.

 

Zunkft auf Schweizer Strassen  MiBa  

Welche Kategorien von Immobilien sind nach Ihrer Einschätzung derzeit als Kapitalanlage relevant?
Core-Immobilien und insbesondere Wohnimmobilien mit nachhaltigen Cashflows weisen eine hohe Konjunktur-Resilienz auf. Dank einer intakten Nutzernachfrage steht der Markt für Schweizer Renditeliegenschaften weiterhin auf einem stabilen Fundament. Die Mietertragsausfälle haben im letzten wie im laufenden Jahr vor allem bei den Wohnobjekten abgenommen. Viele neue Haushalte sind entstanden, welche die Nachfrage nach Wohnraum angekurbelt haben.

Wie tief müssten Investitionswillige derzeit in die Tasche greifen und welche Renditen liegen im Bereich des Möglichen?
Das Interesse an schweizerischen Renditeliegenschaften war in den letzten Monaten trotz der gestiegenen Anleihenrenditen hoch, sodass die Zahlungsbereitschaft auf einem ansehnlichen Niveau verharrte. Auf dem Transaktionsmarkt werden Median-Nettoanfangsrenditen von 3,5 Prozent notiert. Für Topobjekte mit ausgezeichneten Lageattributen werden auch Nettoanfangsrenditen unter 2,5 Prozent verzeichnet.

Nach welcher Strategie sind Sie bei Helvetia bislang vorgegangen?
Die langfristige Anlagestrategie von Helvetia fokussiert auf ein breit diversifiziertes Portfolio mit einem Schwerpunkt auf qualitativen Wohnimmobilien. In den letzten Jahren ist der Immobilienbestand insbesondere durch eigene Projektentwicklungen stark gewachsen. Das gute Marktumfeld und unser aktiver Asset-Management-Ansatz manifestieren sich in rückläufigen Leerständen und einer positiven Wertentwicklung. Die im Anlageprozess integrierte eigene Bewirtschaftung, welche die Nähe zu den Objekten ermöglicht, ist in diesem Zusammenhang ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Dies sorgt für stabile Cashflows und gewährleistet eine interessante Rendite für unsere Versicherungskunden und Investoren. Diese Qualitätsstrategie hat sich bewährt und weist eine hohe Wetterfestigkeit aus. Daher bedarf es trotz widrigem Marktumfeld keiner wesentlichen Korrekturen.

In welche Richtung könnte sich der Immobiliensektor Ihrer Meinung nach entwickeln?
Als Immobilienbranche können wir einen weiteren Beitrag im Bereich Nachhaltigkeit leisten. Gemäss Bundesamt für Umwelt sind Immobilien für rund ein Viertel der gesamten Treibhausemissionen in der Schweiz verantwortlich. Nachhaltigkeitsüberlegungen sind bereits heute Teil unserer Anlagestrategie und in unserem Anlageprozess verankert. Wir setzen jährlich Massnahmen um und messen deren Auswirkungen über Nachhaltigkeitskennzahlen. Hierbei zielen wir primär auf die Reduktion von CO₂-Emissionen und Energiekonsum im Betrieb der Liegenschaften ab. Um die Netto-Null-Ziele zu erreichen, rücken nun die Emissionen aus der Herstellung von Baumaterialien und der dazugehörige Energieverbrauch – die sogenannte graue Energie – in den Fokus.

Text: Thomas Veser

Bild: zVg

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