«Die Energiewende braucht Vielfalt»
Die Agri-PV-Anlage, die das EWB in Zusammenarbeit mit Lubera Rhein-Baumschulen im Sommer 2024 fertiggestellt hat (sie verfügt über lichtdurchlässige Solarmodule, sodass unter diesen Pflanzen angebaut werden können), ist mit 10´700 Quadratmetern die grösste ihrer Art in der Schweiz. Sie produziert jährlich rund 750´000 kWh Strom, was dem Energieverbrauch von über 160 Vierzimmerhaushalten entspricht.
Strom und Gemüse gleichzeitig produzieren
Agri-PV leistet einen wichtigen Beitrag zur Energieproduktion in der Schweiz. Denn die Technologie verknüpft zwei zentrale Bereiche: die Landwirtschaft und die Stromproduktion. «Besonders in der Schweiz, wo Flächen begrenzt sind, sei es entscheidend, Doppelnutzungen wie bei der Agri-PV zu fördern», sagt Adrian Bossart. So könnten landwirtschaftliche Erzeugnisse und Sonnenenergie gleichzeitig produziert werden; jedes Gewächshaus kann theoretisch mit den lichtdurchlässigen Solarmodulen nachgerüstet werden.
«Mit dieser Anlage konnten wir die Solarstromproduktion aus EWB-eigenen Anlagen um fast ein Drittel steigern», rechnet Bossart vor. Zudem stärke der Ausbau solcher einheimischen erneuerbaren Energiequellen die Versorgungssicherheit des Landes: «Gemäss einer Studie der ZHAW wäre es theoretisch möglich, damit etwa zehn Prozent des Schweizer Stromverbrauchs zu decken.» Auf die Frage, wie das EWB mit dem wachsenden Bedarf an erneuerbaren Energien umgeht, betont der CEO: «Wir werden definitiv weiterhin in Photovoltaikanlagen investieren.» Neben der Agri-PV-Anlage modernisiert das EWB derzeit seine 1998 installierte PV-Anlage auf dem Vorderberg als Teil seiner Strategie, die Eigenproduktion von Strom zu erhöhen. «Im Bereich Wasserkraft haben wir das Potenzial allerdings weitgehend ausgeschöpft.» Dennoch prüft das Unternehmen kontinuierlich neue Möglichkeiten, um die Eigenproduktion erneuerbarer Energien auszubauen; derzeit liegt sie bei knapp 40 Prozent.
Wie soll Solarstrom gespeichert werden?
Eine der grössten Herausforderungen bei der Nutzung von Solarstrom bleibt die Speicherung der erzeugten Energie. «Photovoltaikanlagen produzieren vorwiegend bei sonnigem Wetter Strom, was bedeutet, dass es Schwankungen gibt, die aufgefangen werden müssen.» Die Tag-Nacht-Schwankungen können zwar kurzfristig mit Batteriespeichern ausgeglichen werden, so Bossart, aber: «Die saisonalen Unterschiede zwischen Sommer und Winter sind schwieriger zu bewältigen.» Hier müssten Bund, Kantone und die Strombranche mit Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten, um neue Technologien zu entwickeln und die Netze entsprechend anzupassen. Deshalb sind auch Partnerschaften mit Unternehmen oder Forschungseinrichtungen, um neue Speichertechnologien zu entwickeln und zu implementieren, beim EWB ein Thema. «Momentan führen wir Gespräche und prüfen die Möglichkeiten», sagt Bossart. Sobald sich passende Partnerschaften ergeben, will das EWB diese nutzen, um innovative Speicherlösungen voranzutreiben.
Eine mögliche Lösung sieht der EWB-CEO in der Installation von Batteriespeichern innerhalb von Trafokreisen, die eine Mehrfachnutzung ermöglichen – sowohl zur Energiespeicherung als auch zur Regelung von Lasten und der Pufferung von Ladestationen. Zudem könne der Lastenausgleich eine Rolle spielen, indem Lasten möglichst von der Nacht in den Tag verschoben werden, wenn Solarstrom verfügbar ist.
Der Mix machts
Für das EWB ist es entscheidend, die Entwicklungen auf dem Markt genau zu beobachten und sich in zukunftsweisende Projekte einzubringen, sobald eine wirtschaftlich tragfähige Lösung erkennbar ist. Der CEO unterstreicht, dass es nicht die «eine Lösung» gebe: «Der gezielte Mix von verschiedenen Technologien ist der Schlüssel zum Erfolg. Beispielsweise Pumpspeicher für saisonale Schwankungen, Batterien für den kurzfristigen Ausgleich und Power-to-Gas für die langfristige Speicherung – das alles muss Hand in Hand gehen.» Wichtig sei auch die Sektorenkopplung, also die Integration von Strom, Wärme und Gas, um die vorhandene Energie so effizient wie möglich zu nutzen.
In Bezug auf die dezentrale Energiespeicherung bei den Endverbrauchern bestätigt Adrian Bossart, dass dieser Trend auch in der Region Buchs erkennbar sei: «Immer mehr Haushalte installieren private Batteriespeicher, was sehr sinnvoll ist, da der Strom direkt dort verbraucht wird, wo er produziert wurde.» Das EWB unterstütze diese Entwicklung durch Beratungsangebote und beim Bau solcher Systeme.
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Auf die Frage, ob das EWB in seiner Region grössere Batteriespeicher oder andere innovative Speicherlösungen plant, verrät Bossart: «Wir haben bereits Schritte in diese Richtung unternommen, etwa durch die Planung eines bewilligungsfähigen Projekts für Gross-Batteriespeicher.» Bislang sei es zwar noch nicht umgesetzt worden, das EWB bleibe aber «am Ball».
Die regulatorischen Rahmenbedingungen in der Schweiz haben sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. «Das neue Stromgesetz sorgt für viel Dynamik, Chancen, aber auch Herausforderungen in der Branche», sagt Bossart. Es enthält klare Vorgaben für den Ausbau erneuerbarer Energien und schafft Anreize für die Nutzung von Speichertechnologien. Besonders wichtig sei dabei die Rückerstattung des Netzentgelts für gespeicherten Strom, was es noch attraktiver mache, auf Batteriespeicher zu setzen.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Philipp Baer