Zauberin der Farbenfreude
Die Rheintalerin stellt regelmässig in Europa, Amerika und Asien aus – zuletzt Ende 2021 an der Fine Art Asia in Hong Kong. Ihr Erfolg ergibt sich aus ihren unverkennbaren Werken, die etwas Märchenhaftes an sich haben. Die Malerei steht zwar nach wie vor im Mittelpunkt, doch arbeitet Sabeth Holland heute auch multimedial.
Sabeth Holland, in Ihrer Anfangszeit als Künstlerin stand die Malerei im Vordergrund – heute sind Sie in ihrem Schaffen multimedial und nutzen auch die Sozialen Medien als Kanal. Inwiefern beeinflusst die Digitalisierung Ihr Schaffen?
Mir eröffnete sie neue Kommunikationswege und eine detailliertere Visualisierung meiner Projekte. Sie reduzierte auch meine Reisetätigkeit und machte vieles direkter, schneller, leichter und kostengünstiger. Das inspirierte mich, ganz unbeschwert auch neue Formen der Kunst auszuprobieren. Manchmal sind das nur kleine, sehr spielerische Interventionen auf Social Media. Doch arbeite ich auch sehr gerne im Bereich Fotografie und Film zur Vertiefung der Inhalte in meiner Malerei und dem skulpturalen Schaffen.
Wie zeigt sich das konkret?
2020 wurde eines meiner Werke aus meiner Ausstellung in Hong Kong ausgewählt und nach Washington geholt. Das Interessante daran ist, dass die Sammler ein Jahr zuvor an der Pulse Art Fair in Miami meine Werke im Original betrachtet hatten und sich anhand derer für ein neues Leinwandbild entschieden, dass sie lediglich als Abbildung gesehen hatten. Inzwischen arbeite ich mit mehreren Online-Galerien zusammen, dazu gehört auch singulart.com, Europas erfolgreichste, von Paris aus weltweit tätige digitale Kunstvermittlung. Meine Zusammenarbeit mit vivaarte.online, ans Kunsthaus Rapp in Wil angebunden, ermöglicht eine Hybridfunktion: Was da via Internetshop entdeckt wird, kann vor einer Entscheidung zum Kauf im Original erlebt werden. 2021 habe ich mit einem kleinen Architektenteam von Drees & Sommer in Basel via Teams die Wettbewerbseingabe «Giant Rose» für den Kreuzackerpark in Solothurn entwickelt. Die Erfahrung war grossartig, obwohl wir es nicht in die Finalrunde geschafft haben.
Ist das die logische Weiterentwicklung Ihrer Kunst?
Meiner Ansicht nach wird durch die Digitalisierung alles Einmalige mit Seele und von Hand Geschaffene noch wertvoller. Unverkennbarkeit und Oberflächenstrukturen, die auch den Tastsinn einbeziehen, erscheinen noch faszinierender. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich moderne Technologien weiter nutze und ausbaue und parallel dazu dem perfekt Unvollkommenen, das die Natur hervorbringt, ganz viel Raum gebe. Ziel meines Schaffens ist es nach wie vor, Werke zu schaffen, die einmalig sind und starke Emotionen hervorrufen.
Wie hat sich Ihr Schaffen in den letzten 30 Jahren entwickelt?
Angefangen habe ich mit Zeichnungen und Arbeiten in Gouache auf Papier, mein Atelier war der Küchentisch. Heute arbeite ich in einem lichtdurchfluteten Malatelier mit Raum für Reflexion am Stadtrand, im Schutzanzug und Atemmaske in meinem Skulpturenatelier im Industriegebiet mit Kompressor und Spezialwerkzeugen – und am Computer. Ich habe heute ein ganz breites Wissen und viele fundierte Kompetenzen, um meine Visionen und Ideen umsetzen zu können.
Ihre Werke sind märchenhaft und bunt – ein Kontrast zur häufig nicht wirklich märchenhaften Realität.
Ich befasse mich definitiv mit einer Art Gegenwelt. Ich liebe meine fröhlichen, lebensbejahenden Werke, weil es so wunderbar ist, sie zu schaffen und mich mit ihnen umgeben zu dürfen. Doch ich sehe die Realität und befinde mich keineswegs in einer Traumwelt. Im Gegenteil, ich habe viel erlebt und durchgestanden und dennoch nie den Mut verloren, eine Zauberin der Farbenfreude und Formenvielfalt zu bleiben. Von der Kunst leben zu können, erfordert viel Fleiss, Disziplin, Ausdauer und eine realistische Selbsteinschätzung. Und seit Beginn der «Corona-Zeit» werde ich von überall her kontaktiert, gerade weil meine Arbeiten so positiv und farbenfroh sind. Die letzte Anfrage kam aus Melbourne, dies im Zusammenhang mit einem Ärztekongress, der im Sommer 2022 hier in St.Gallen stattfinden wird.
Sie realisieren auch immer wieder Kunst am Bau – Sie waren 2020 Wettbewerbsgewinnerin mit der neunteiligen Installation «Ironbloom» für den Verwaltungsneubau von Vifor Pharma in St.Gallen. Was bedeutet für Sie Kunst am Bau?
Wer mich für sein Projekt am Bau holt, kennt meinen Ausdruck, meinen Stil und erwartet, überrascht und verzaubert zu werden. Auch am Bau gehe ich sehr methodisch vor und analysiere zuerst einmal die Ausgangssituation und entwickle daraus eine Art Vision, die ich dann konkretisiere. Immer ist es mir ein Anliegen, etwas zu schaffen, das Sinn stiftet, wohltut und sich vielleicht auch in irgendeiner Form als Instrument nutzen lässt. Der Untertitel von Ironbloom als Beispiel: Er lautet «Constellation into a Bright Future».
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Wie viel künstlerische Freiheit haben Sie bei der Realisierung von Werken für Kunst am Bau – das sind ja Auftragswerke …
Ja, zum Glück sind sie das! Es gibt einen Vertrag mit Rahmenbedingungen wie Kostendach und Zeitfenster. Dies entlastet mich sehr und hat bei mir jedes Mal zu so viel Schaffensfreude geführt, dass ich dabei über mich hinausgewachsen bin. So sind unter anderem meine Transformationen, «Lovables», «Antedels», «Flowerfloats» sowie die ganz neuen «Spacers» entstanden. Und für «Ironbloom» musste ich mir aus feuerpolizeilichen Gründen eine neue Technik mit Stahl und Beton aneignen, was sehr spannend war. In meinem Schaffen wurde ich nie eingeschränkt. Im Gegenteil, man wollte mich in jedem Fall genauso, wie ich bin.
Was bringt Kunst am Bau dem Nutzer?
Da streiten sich die Geister. In Wittenbach gestaltete ich den Kreisel, und da gab es neben vielen Kreisel-Begeisterten auch kritische Stimmen. Als ich erklären konnte, dass ich mit den 51 Buntsäulen eine Art Denkmal für die Vielseitigkeit Wittenbachs geschaffen habe und Themen wie Familie, Landwirtschaft, Industrie und Geschichte miteinbezogen hatte, waren viele beruhigt. Für mein Projekt «AR-C de Ciel» für die Arcolor AG in Waldstatt gelang es mir, nicht nur die Produkte, die lichtstarken Pigmente, sondern auch das Team in mein Kunstschaffen einzubeziehen. Der «Rainbow Tower» im Eingangsbereich zeigt dies sehr deutlich. Meine Art der Kunst am Bau erweitert und ergänzt, erfreut und bereichert.
Was reizt Sie an Kunst am Bau?
Die Dimensionen, das vertiefte Schaffen und ganz stark der Austausch mit den Auftraggebern. Wenn das Magische und das Einmalige an die Oberfläche drängen und so ein «Glücksfall» sichtbar gemacht werden kann, dann habe ich mich selber übertroffen. Die einst definierten Grenzen sprenge ich gerne und freue mich am Staunen und der Beachtung. Kunst am Bau kommt vielen, auch unvorbereiteten Menschen zu Gute und hat eine stark nichtmaterielle Komponente. Das brauchen wir.
Eine ganz neue Art von Skulptur sind die «Spacers». Was ist die Idee?
Spacers sind Figuren, die als Personen oder als Objekte aus der Natur betrachtet werden können, mit abstrahierten Augen, denen man begegnen kann, und viel Glitzer. Das Besondere: Es sind Skulpturen, die sich vielfältig installieren lassen. Ihnen liegt ein digitales Konzept zugrunde, das die Möglichkeit offenlässt, die Skulpturen den jeweiligen räumlichen Gegebenheiten anzupassen. So eignen sie sich auch hervorragend für Kunst am Bau.
Wo steht Sabeth Holland in fünf Jahren?
Hoffentlich immer noch täglich in meinen Ateliers und am Arbeiten! Vorzugsweise immer noch mit überquellendem Herzen, enormen Schaffensdrang und der entsprechenden Anerkennung, gesund, ohne Selbstüberschätzung, mit noch mehr Erfahrung, Gelassenheit und stark vernetzt, auch digital. Ich vertraue darauf, dass mein Engagement sich weiterhin bewährt und meine Familie, Sammler und Freunde sich an mir und meinem Werk freuen können. Gerne wäre ich eine Künstlerin von der man sagt, dass sie sich stetig treu ist und sich dennoch immer wieder neu erfindet.