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«Wil West»: Wie weiter?

«Wil West»: Wie weiter?
Beat Tinner, Dominik Diezi
Lesezeit: 3 Minuten

Da nach dem Nein in der Volksabstimmung die ursprünglich vorgesehene Entwicklung des Wirtschaftsareals Wil West durch den Kanton St.Gallen nicht mehr möglich ist, sollen die im Eigentum des Kantons St.Gallen stehenden Grundstücke auf dem Gebiet des Kantons Thurgau an ebendiesen verkauft werden. Ganz so einfach, wie es tönt, ist das nicht – eine zweite Volksabstimmung steht im Raum.

Mit zusätzlichen Massnahmen soll das Projekt Wil West hinsichtlich Nachhaltigkeit deshalb weiter optimiert werden. Im Rahmen eines dritten Austausches zwischen den Regierungsvertretern der Kantone St.Gallen und Thurgau und den Fraktionsdelegationen beider Kantonsparlamente wurden Ende April die Stossrichtungen zur Zukunft von Wil West «intensiv diskutiert». Auch wenn einzelne Massnahmen unterschiedlich bewertet wurden, waren sich im Grundsatz alle einig: Das Vorhaben ist auf dem richtigen Weg.

Mehr Fruchtfolgeflächen, weniger Verkehr

Der Thurgauer Regierungsrat Dominik Diezi betont das Interesse seines Kantons: «Nachdem die St.Galler Stimmbevölkerung den Sonderkredit für die Arealentwicklung abgelehnt hat, möchte der Thurgau das Areal Münchwilen dem Kanton St.Gallen abkaufen.» Das Grundstückgeschäft zielt auf eine Weiterentwicklung des Projekts Wil West ab und ist neu gekoppelt an verbindliche Optimierungsmassnahmen. Mit dem beschränkten Gut Boden soll noch nachhaltiger umgegangen werden. «Der Bau und die Nutzung nehmen so noch mehr Rücksicht auf die Klimaveränderung und fördern die Biodiversität. Auch soll die Energieversorgung nachhaltig erfolgen», so der Departementschef für Bau und Umwelt.

 

«Der Thurgau möchte das Areal Münchwilen dem Kanton St.Gallen abkaufen.»

Um den Vorbehalten, die im Zuge der Abstimmung gegen das Vorhaben vorgebracht wurden, Rechnung zu tragen, wurde in der Folge der Dialog mit den Fraktionsdelegationen beider kantonalen Parlamente aufgenommen. Gemeinsam wurde entschieden, das von Fachleuten bereits als sehr nachhaltig eingestufte Projekt nochmals eingehend auf Verbesserungsmöglichkeiten zu überprüfen.

In der Zwischenzeit wurde deshalb das Gesamtvorhaben Wil West einer Nachhaltigkeitsprüfung durch externe Fachleute unterzogen. Dabei bestätigte sich, dass das Projekt hinsichtlich Nachhaltigkeit schon vorbildlich ist. «Es kann aber mit zusätzlichen Massnahmen noch weiter optimiert werden», so Diezi. Verbesserungspotenzial wurde in folgenden Bereichen identifiziert: bessere Ausnutzung, weniger Flächenversiegelung, zusätzliche Kompensation von Fruchtfolgeflächen im Kanton St.Gallen, weniger Autoverkehr und weniger Parkplätze, mehr Grünraum und mehr Wasserflächen, stärkeres Engagement für den Klimaschutz – und die Durchführung einer Areal-Zertifizierung gemäss dem Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS.

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Rot umrandet das geplante Industrie- und Gewerbeareal Wil West im Eigentum des Kantons St.Gallen auf dem Gebiet der Gemeinde Münchwilen TG.
Rot umrandet das geplante Industrie- und Gewerbeareal Wil West im Eigentum des Kantons St.Gallen auf dem Gebiet der Gemeinde Münchwilen TG.

«Arealentwicklung mit nationaler Strahlkraft»

SNBS-Präsident Martin Hitz betonte am kantonsübergreifenden Austausch, dass Wil West hinsichtlich Nachhaltigkeit schon bisher vorbildlich gewesen sei und bei konsequenter Umsetzung der erwähnten Optimierungsmassnahmen eine «Arealentwicklung mit nationaler Strahlkraft entstehen kann». Zentral sei, dass die Massnahmen im Gleichgewicht aller drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt – umgesetzt werden.

Die Massnahmen sollen nun in eine verbindliche Form gebracht werden, sind sich die Vertreter der Fraktionen einig. Und was ist mit der Volksabstimmung im Kanton St.Gallen zum Verkauf der Grundstücke? Die St.Galler Regierungsvertreter möchten dieses Anliegen aufnehmen und dem Kantonsrat eine Vorlage unterbreiten, die dem fakultativen Referendum untersteht. Dies, indem der Verkauf der Grundstücke an zusätzliche Aufwertungs- und Bodenverbesserungsmassnahmen von Fruchtfolgeflächen durch den Kanton St.Gallen auf seinem Kantonsgebiet geknüpft wird.

Das hat finanzielle Gründe: «Ein Handel von Fruchtfolgeflächen zwischen den Kantonen Thurgau und St.Gallen für das Projekt Wil West ist rechtlich nicht möglich. Die St.Galler Regierung sieht hingegen eine zusätzliche und freiwillige Kompensation von Fruchtfolgeflächen auf ihrem Kantonsgebiet in der Region Wil vor», sagt Regierungsrat Beat Tinner. Solche Aufwertungs- und Bodenverbesserungsmassnahmen sind im Kanton St.Gallen mit Kosten verbunden, die dem fakultativen Finanzreferendum unterstehen. «So stellt die Regierung sicher, dass der von den Fraktionen geforderte Einbezug der St.Galler Stimmbevölkerung ins Projekt Wil West ermöglicht wird», so der Vorsteher des St.Galler Volkswirtschaftsdepartements.

Nun sollen die verschiedenen Optimierungsvorschläge und die Inputs aus dem Austausch mit den Fraktionen in einem Bericht zusammengefasst werden. Dieser wird mit den Botschaften zum eigentlichen Grundstücksgeschäft den beiden Parlamenten zugestellt und Teil der parlamentarischen Diskussionen sein. Die Entscheide der Parlamente sind in der ersten Hälfte des Jahres 2025 zu erwarten; die Volksabstimmung soll gegen Ende des gleichen Jahres über die Bühne gehen – mit unbestimmtem Ausgang.

Text: Stephan Ziegler

Bild: zVg

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