«Gearbeitet hat man bei uns schon immer viel und hart»
Wie ist die Firma Kaufmann Oberholzer entstanden?
Rico Kaufmann: Unser Vater Walter Kaufmann, begeisterter Schreiner, gründete 1971 in Goldach eine Zweimann-Schreinerei. Ich kann mich noch gut an die «Bude» erinnern. Eine hölzerne Treppe führte in das kleine Büro. Die Maschinen waren sehr laut. Als kleiner Junge rannte ich mit zugehaltenen Ohren durch die Werkstatt.
Man sagt, Ihr Vater hätte in dieser Zeit alles getan, um seine Kunde zufrieden zu stellen. So wurden auch schon mal an Heiligabend Fenster in einem Mehrfamilienhaus montiert und Ihre Mutter wurde als Handlangerin eingespannt.
Rico Kaufmann: Ja, das war so. Und wir Kinder waren mit auf der Baustelle. Es hat uns aber nicht geschadet (lacht). Im Gegenteil: Diese Kundenorientierung ging in das Blut der Kinder über. Und darum ist es auch heute noch so. Wir tun alles für unsere Kunden und erhalten dafür regelmässig sehr positive Feedbacks.
Sie sind seit 2001 CEO und Inhaber von Kaufmann Oberholzer. Was hat Sie damals dazu bewogen, in die Fussstapfen Ihres Vaters zu treten?
Rico Kaufmann: Holz hat mich schon immer fasziniert. Als ich als Kind einmal mit meiner Tante das Grubenmann-Museum in Teufen besuchte, wusste ich danach, dass ich eines Tages auch solche Konstruktionen herstellen und statisch berechnen können will. Und so machte ich später eine Ausbildung zum Zimmermann und anschliessend zum Holzbauingenieur. Mit der Übernahme der Firma meines Vaters konnte ich meine Träume umsetzen. Was gibt es Schöneres?
Wie gestaltete sich die Firmenübergabe? Das ist ja oftmals ein etwas schwieriges Unterfangen, wenn beispielsweise die vorherige Generation nicht loslassen kann oder will.
Rico Kaufmann: Bei uns war das eine bilderbuchmässige Übergabe. Mein Vater hat mir quasi die Schlüssel in die Hand gedrückt und gesagt, dass ich jetzt der Chef wäre und ich mich jederzeit an ihn wenden könne, wenn ich Fragen hätte. Er hat sich nie eingemischt in meine Entscheidungen. Er war sogar noch eine Zeit lang bei mir als Handwerker tätig.
Thomas Kaufmann, für Sie war es keine Option, das Geschäft des Vaters zu übernehmen? Eventuell auch zusammen mit Ihrem Bruder?
Aufgrund des Altersunterschied zwischen mir und meinem Bruder war das nie ein Thema. Als Rico das Geschäft übernommen hatte, war ich ja noch mitten in meiner kaufmännischen Lehre. Ausserdem habe ich als Jugendlicher früh gespürt, dass sich mein handwerkliches Talent ziemlich in Grenzen hält (lacht). Vor etwa drei Jahren konnte mich Rico dann aber in einem spontanen Gespräch dafür begeistern, die Leitung des administrativen Bereichs der Firma zu übernehmen und ihn in diversen Unterfangen zu unterstützen.
Rico Kaufmann, wissen Sie noch, was Ihre erste Amtshandlung als neuer CEO war?
Das weiss ich nicht mehr. Aber was ich noch weiss, ist, dass ich am Ende der ersten Woche den Besen in die Hand genommen und zusammen mit den Mitarbeitern die Werkstatt aufgeräumt habe.
Wie hat sich Kaufmann Oberholzer in den vergangenen 50 Jahren verändert?
Rico Kaufmann: Gearbeitet hat man bei Kaufmann Oberholzer schon immer viel und hart. Das ist bis heute so. Vor 50 Jahren gab es allerdings noch keine Computer. Offerten und Rechnungen wurden noch von Hand ausgestellt und mit der Schreibmaschine ins Reine geschrieben. Mit dem Einzug eines Faxgerätes wurde es dann schon etwas hektischer (lacht). Und heute läuft alles digital: Von der Planung über die Visualisierung und die Offertstellung bis hin zu den CNC-Anlagen und der Montage ist alles durchgängig digital. In diesem Bereich sind wir in der Branche führend.
Thomas Kaufmann: Wir haben uns in den vergangenen Jahren stark von einem reinen Schreinerei- und Holzbauanbieter zu einem starken Kunden-Partner im Bauwesen entwickelt. Heute kommen Kunden oftmals nicht nur wegen eines spezifischen Produkts zu uns, sondern übergeben uns gerne auch die gesamte Verantwortung und Leitung eines Umbaus oder Neubaus. So können wir sie entlasten und mit unserer Erfahrung und Expertise das Beste für sie herausholen.
Wo lagen in den vergangenen Jahren die grössten Herausforderungen?
Rico Kaufmann: Immer flexibel zu bleiben in einer sich immer schneller drehenden Welt. So haben wir beispielsweise vor der Aufhebung des Euro-Mindestkurses in ein Werk zur Herstellung von Brettschichtholz in Buhwil investiert. Brettschichtholz ist ein internationales Geschäft. Wir haben daran geglaubt und können in diesem Jahr nun endlich davon profitieren. Es ist aber nach wie vor eine grosse Herausforderung, im Hochlohnland Schweiz zu produzieren. Die Globalisierung, die marktverzerrende Subventionspoltik in der EU und die hohen Kosten in der Schweiz tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei – insbesondere für uns in der Grenzregion Ostschweiz.
Und wo liegen die Herausforderungen heute – abgesehen von den hohen Produktionskosten in der Schweiz?
Rico Kaufmann: Dazu gehören sicher die Materialbeschaffung und das immer knapper und teurer werdende Bauland. Gleichzeitig bieten wir aber gerade hier Lösungen.
Thomas Kaufmann: Wir bieten ja eine extrem grosse Bandbreite von Produkten und Dienstleistungen an. Diese an alle potenziellen Kunden, ob Privat-, Objekt- oder Industriekunde, auf dem richtigen Kanal zu kommunizieren, ist ebenfalls eine grosse Herausforderung.
Haben Sie auch Auswirkungen der Corona-Massnahmen gespürt?
Rico Kaufmann: In der ersten Phase lief es nicht gut. Die Leute wollten keine Handwerker bei sich zu Hause haben. Seit Sommer 2020 investieren die Menschen aber wieder sehr stark in ihre Eigenheime. Unter anderem im Bereich Küchenumbau läuft es sehr gut.
Im Zentrum der Philosophie der Kaufmann Oberholzer AG steht seit jeher die Nachhaltigkeit. Abgesehen davon, dass Sie mit einem nachhaltigen Baustoff arbeiten, wie zeigt sich das noch in ihrem Unternehmen?
Rico Kaufmann: Überall. Natürlich im Holz als Werkstoff, dann aber auch in der Holzbearbeitung, der fairen Zusammenarbeit mit Lieferanten, den besten Mitarbeitern der Branche, welche die Nachhaltigkeit leben, und natürlich im Umgang mit unseren geschätzten Kunden: respektvoll, seriös und nachhaltig.
Thomas Kaufmann: Da wir im Wesentlichen Schweizer Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und aus Schweizer Produktion verwenden, sind die Wege kurz und es braucht weniger Transporte. Mit unserer PV-Anlage produzieren wir zudem eigenen Strom, und mit unserem Wärmeverbund, für den wir unser Abfallholz verwenden, beliefern wir rund 150 Haushalte. Dazu kommen diverse bauliche Massnahmen an unsere Gebäuden zur energetischen Optimierung und die enge Zusammenarbeit mit Energie- Partnern.
In Ihr Nachhaltigkeits-Konzept werden ja auch Ihre Kunde mit einbezogen, oder?
Rico Kaufmann: Ein Paradebeispiel ist das KaufmannKlimahaus – das Haus, das atmet. Mit ihm haben wir ein Produkt, das zu 100 Prozent nachhaltig ist. Zusammen mit dem Kunden werden die Energiesysteme gewählt – auch für die E-Mobilität – seine Wohnbedürfnisse ermittelt und gemeinsam mit unserer Innenarchitektur gestaltet. Besonders toll ist, dass das KaufmannKlimahaus sich auch als Mehrfamilienhaus und als Aufstockung, Anbau oder Ersatzbau eignet. Das Holz, was wir für ein KaufmannKlimahaus benötigen, wächst übrigens innerhalb von zwei Minuten im Schweizer Wald nach.
Für Ihre Arbeit im Bereich Nachhaltigkeit wurden Sie 2020 mit dem Thurgauer Energiepreis ausgezeichnet. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie bzw. das Unternehmen?
Rico Kaufmann: Das freut uns natürlich sehr. Als «stille Schaffer» hängen wir unsere Erfolge allerdings nicht an die grosse Glocke. Gerade darum macht es uns besonders stolz, dass die Jury uns für den Thurgauer Energiepreis 2020 ausgewählt hat.
Thomas Kaufmann: Es ist auch eine Bestätigung dafür, dass wir mit unserem verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema Energie auf dem richtigen Weg sind. Und unsere Kunden sehen so, was unsere Philosophie ist und was sie bei ihrem Eigenheim von uns erwarten können.
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Neben der Nachhaltigkeit ist heutzutage auch die Digitalisierung ein sehr wichtiges Thema. Wie sehr beeinflusst die Digitalisierung Ihre tägliche Arbeit?
Rico Kaufmann: Aktuell sehr stark. Gerade haben wir einen grossen Investitionsschub im Bereich Digitalisierung hinter uns. Dazu gehört unter anderem ein Glasfasernetz, neue CAD- und ERP-Software und entsprechende Maschinenanbindungen. Wir sind diesbezüglich hervorragend aufgestellt für die Zukunft.
Thomas Kaufmann: In Bereichen, wo es sinnvoll ist, wollen wir bei der Digitalisierung eine führende Rolle einnehmen. Aktuell sehen wir bei der Effizienz von Prozessen oder bei der internen und externen Kommunikation grosses Potenzial.
Thomas Kaufmann: Was in einem halben Jahrhundert sein wird, ist schwierig abzuschätzen. Wir sind aber überzeugt, dass dem Rohstoff Holz die Zukunft gehört – gerade mit der ganzen Diskussion um Klima, CO2 etc. Klimagerechtes Bauen ist ja mit Holz sehr gut möglich. Unser Ziel ist es, dass wir unsere Kunden in 50 Jahren immer noch mit wunderbaren Produkten bedienen können und sie uns im Gegenzug weiterhin für unsere Qualitätsarbeit und unsere Zuverlässigkeit wertschätzen.
Rico Kaufmann: Und wir planen eine Grossinvestition Anfang des kommenden Jahres. Im Moment können und wollen wir aber noch nicht mehr dazu sagen. Nur so viel sei gesagt: Es geht dabei um eine Weltneuheit!