Die Technik ist jetzt «State of the Art»
Georges Hanimann, Sie sind 1998 zum Theater St.Gallen gekommen. Was hat Sie damals an der Stelle gereizt?
Das Stelleninserat hatte mich sofort angesprochen – und je länger der Assessment-Prozess dauerte, desto mehr hat mich diese Stelle interessiert. An jedem der vier Treffen hat man ein wenig mehr von den spannenden Abläufen und Prozessen in einem Theater mitbekommen. Entsprechend glücklich war ich, die Stelle zu bekommen.
Was waren die grössten technischen Herausforderungen, denen Sie und Ihr Team bislang gegenübergestanden haben?
Seit der Eröffnung 1968 sind die technischen Gewerke wie Heizung, Lüftung oder Sanitärinstallationen im Theater allmählich in die Jahre gekommen. Da und dort hat das Probleme verursacht – etwa marode Wasserleitungen, undichte Flachdächer, ein durchgerosteter Heizkessel oder Kurzschlüsse bei Elektrokabeln. Auch die IT ist über die Jahre stetig gewachsen und immer wieder ergänzt worden, sozusagen «organisch gewachsen».
Und bei der Bühnentechnik hatten Sie noch 25 manuell bewegte Handkonterzüge im Einsatz.
Allerdings! Dazu haben die engen Platzverhältnisse im Backstage-Bereich, also bei den Künstlergarderoben und im Maskenbereich, sowie in der Beleuchtungs- und Requisitenwerkstatt immer wieder zu schwierigen Arbeitsbedingungen geführt. Auch das technische Equipment in Beleuchtung, Ton und Video hat durch das teilweise hohe Alter immer wieder zu Problemen und Ausfällen geführt. Tonmischpult und Beschallungssystem beispielsweise hatten Jahrgang 2007 …
Wird sich das mit dem «neuen» Theater ändern?
Ja. Alle Gewerke sind von Grund auf erneuert worden. Die Heizkessel zum Beispiel wichen dem Anschluss ans Fernwärmenetz der Stadt, die pneumatischen Lüftungs-Steuerelemente wurden durch elektrische Regelungen mit Leitsystem ersetzt. Die ganzen IT-Netzwerke wurden komplett neu erstellt, ebenso alle elektrischen Leitungen im ganzen Haus – wie auch ein Grossteil der Heizungsleitungen, der sanitären Leitungen und der Liftanlagen. Auf der Bühne sind die manuellen Züge mit elektrischen Antrieben ausgestattet worden; die Antriebe der beiden Orchesterhubpodien wurden komplett ersetzt.
Auch die Durchrufanlage ist erneuert worden.
Genau. Und im Zuschauerraum wurde ein elektroakustisches Raumsimulationssystem eingebaut, mit dem die Akustik im Raum je nach Vorstellungsart angepasst werden kann. Die Besucherstühle im Zuschauerraum wurden mit einer neuen Polsterung und einem neuen Stoffbezug versehen. Für die Abteilungen Beleuchtung, Ton und Video wurde die technische Ausstattung auf den neuesten Stand der Technik gebracht – wir haben jetzt überall LED-Technik, ein neues Tonmischpult, eine neue Beschallungsanlage, neue Projektionsapparate und neue Netzwerke.
Wird die neue Technik Ihre Arbeit beeinflussen?
Natürlich: Was früher mechanisch oder pneumatisch gesteuert wurde, geschieht heute elektrisch. Dank elektronischer Steuerung sind die Systeme viel direkter und schneller beeinflussbar. Und: Die neuen Geräte in den Gewerken Beleuchtung, Ton und Video bieten viel mehr Möglichkeiten in der Gestaltung einer Produktion auf der Bühne.
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Was wird der Zuschauer davon merken?
Die Besucher werden im Saal verschiedene Verbesserungen wahrnehmen: ein ausgewogeneres Raumklima und gesteigerten Sitzkomfort etwa – und vor allem eine wesentliche Akustikverbesserung mit gehobenem Hörgenuss.
Und was die Mitarbeiter?
Durch die Erneuerung vieler Arbeitsräume, sowie die verschiedenen Anpassungen ergeben sich für das ganze Team Vorteile: Durch Erweiterungs- und Neubauten, Anschaffungen und Erneuerungen konnten die Arbeitsbedingungen an vielen Orten im Theater erheblich verbessert werden. Als Beispiel möchte ich den neuen Chorsaal erwähnen, der bezüglich akustischer und bautechnischer Ausgestaltung erhebliche Verbesserungen bei den Probebedingungen für unseren Theaterchor bringt. Es gäbe noch viele Beispiele anzuführen wie die komplett neue Beleuchtungswerkstatt, die neue Requisitenwerkstatt, das erhöhte Bühnenbildlager oder die neuen Garderobenräume.
Gibt es trotz der Sanierung noch technologische Innovationen, die Sie in der nahen Zukunft am Theater St.Gallen einführen möchten?
Derzeit sind wir «State of the Art». In ein paar Jahren sieht dies wahrscheinlich wieder anders aus … Wir sind an unserem Arbeitsplatz einem steten Wandel ausgesetzt und müssen immer für Neues bereit sein, auf, neben und hinter der Bühne.
Zum Schluss: Wie gehen Sie mit unerwarteten technischen Problemen während einer Live-Aufführung um?
Da hilft meistens eine gesunde Portion Coolness, gepaart mit raschem Reaktionsvermögen und nie endender Flexibilität. Kam es trotzdem mal zu einem technischen Problem, durften wir in der Vergangenheit immer auf das Verständnis unserer Zuschauer zählen. Wir hoffen, dass dies auch künftig so sein wird.