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Differenzierter Führerausweisentzug

Differenzierter Führerausweisentzug
Marion Enderli
Lesezeit: 3 Minuten

Im Jahr 2019 hat das Parlament über die Motionen «Giezendanner» und «Graf-Litscher» zum Thema «differenzierter Führerausweisentzug» beraten. Dabei sind sie der weniger weit gehenden Forderung von Nationalrätin Graf-Litscher gefolgt. Per 1. April 2023 trat nun die entsprechende Gesetzesänderung in Kraft. Was ändert sich und was bringt es in der Praxis?

Wer eine Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz begeht, dem wird unter Umständen der Führerausweis entzogen. Bei einer leichten Widerhandlung erfolgt bei Ersttätern in der Regel eine Verwarnung, im Wiederholungsfall wird der Führerausweis für mindestens einen Monat entzogen. Bei einer mittelschweren Widerhandlung beträgt der Mindestentzug einen Monat und bei einer schweren Widerhandlung drei Monate. Im Wiederholungsfall erhöhen sich die Mindestentzugsdauern drastisch. So beträgt die Mindestentzugsdauer im Wiederholungsfall vier Monate (mittelschwere Widerhandlung) resp. sechs bis zwölf Monate (schwere Widerhandlung).

Motion «Graf-Litscher» angenommen

Gemäss bisheriger Rechtslage erfolgte der Führerausweisentzug stets für alle Kategorien (ausser teilweise bei Widerhandlung mit einem Fahrzeug der Spezialkategorie). Dies bedeutete, dass zum Beispiel ein Berufsfahrer, der am Wochenende eine Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Motorrad beging, anschliessend auch den Führerausweis für den Lastwagen abgeben musste. Führerausweisentzüge bei Berufsfahrern bedeuten faktisch ein Berufsverbot. Gerade bei langen Führerausweisentzügen droht daher oft auch der Jobverlust.

Hier setzten die beiden Motionen an, welche einen differenzierten Führerausweisentzug forderten, so dass auch bei einem Führerausweisentzug Berufsfahrer weiterhin berufliche Fahrten ausüben dürfen – gemäss Motion «Graf-Litscher» nur bei leichten Widerhandlungen, gemäss Motion «Giezendanner» bei allen Widerhandlungen.

Seit dem 1. April 2023 besteht nun diese Möglichkeit – jedoch nur für leichte Widerhandlungen gemäss der Motion «Graf-Litscher». Die Motion «Giezendanner» wurde abgelehnt. Gemäss Art. 33 Abs. 5 VZV kann die kantonale Behörde während des Führerausweisentzugs eine Bewilligung für Fahrten, die zur Berufsausübung notwendig sind, erteilen. Voraussetzungen sind, dass der Entzug nur wegen einer leichten Widerhandlung erfolgt, der Ausweis nicht auf unbestimmte Zeit oder für immer entzogen wird und in den vorangegangenen fünf Jahren nicht mehr als einmal entzogen worden ist.

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Berufliche Fahrten weiterhin möglich

Das bedeutet, dass ab jetzt ein Berufsfahrer bei einem Führerausweisentzug wegen einer leichten Widerhandlung beantragen kann, dass er berufliche Fahrten weiterhin ausüben darf. Mit dieser Regelung werden Personen privilegiert, die im Durchschnitt einer Woche mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit ein Fahrzeug führen. Zu beachten ist, dass diese Erleichterung nur für die berufliche Fahrt selbst gilt – die Fahrt zum Arbeitsplatz ist nach wie vor nicht erlaubt, wie auch sämtliche Freizeitfahrten.

Der Ansatz dieser Gesetzesänderung ist absolut richtig. Die zaghafte Umsetzung «nur» der Motion «Graf-Litscher» ist leider im Ergebnis nicht wirklich zielführend. Berufsbedrohend sind in der Regel die langen Ausweisentzüge und nicht die «Ein-Monats-Entzüge». Bei leichten Widerhandlungen kommt es in der Praxis selten zu längeren Entzügen als einen Monat. Insbesondere bei der beruflichen Angewiesenheit können die Behörden den vorgesehenen Entzug reduzieren, wobei aber die Mindestentzugsdauer einzuhalten ist. Somit bleibt es bei leichten Widerhandlungen für Berufsfahrer in aller Regel bei einmonatigen Ausweisentzügen. Bei den langen Ausweisentzügen besteht aber nach wie vor keinerlei Möglichkeit, den Ausweis «differenziert», also für private Fahrten, zu entziehen. Dies ist bedauerlich und steht im Widerspruch zur Absicht von Nationalrätin Graf-Litscher, die Arbeitsplatzsicherung von Berufsfahrern bei Ausweisentzügen zu erhöhen. Diese würde nur erreicht, wenn auch bei mittelschweren und schweren Widerhandlungen ein differenzierter Ausweisentzug möglich wäre.

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