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Immobilien oder doch Aktien?

Immobilien oder doch Aktien?
Alessandro Sgro
Lesezeit: 5 Minuten

Wer investieren will, hat die Qual der Wahl. Alessandro Sgro, Chief Investment Officer der St.Galler Finanzdienstleisterin Cronberg AG, ordnet ein, für wen sich Immobilien als Anlageobjekte eignen – und für wen eher nicht.

Alessandro Sgro, was spricht für eine Investition in Immobilien?
Immobilien gehören neben Aktien, Obligationen und Gold zu den traditionellen und im Vermögensaufbau sowie im Vermögenserhalt bewährtesten Anlageklassen. Immobilien haben historisch eine relativ stabile Wertentwicklung – speziell in Zeiten tiefer Zinsen und einer stabilen Nachfrage nach Wohneigentum. Zudem bieten Immobilien als Realwerte einen gewissen Inflationsschutz.

Welche potenziellen Risiken sollten Anleger bei Immobilieninvestitionen aber in Betracht ziehen?
Das hängt primär davon ab, wie investiert wird, ob direkt oder indirekt in Form von Anlagefonds im Wertschriftenportfolio. Ausserdem spielt es eine Rolle, welches Ziel mit einer Immobilienanlage verfolgt wird. Viele sind in der glücklichen Lage, eine Immobilie als Eigenheim – also direkt – zu erwerben und sehen darin eine Art Altersvorsorge. Das ist etwas anderes, als Immobilien indirekt im Wertschriftenportfolio zu halten.

Inwiefern?
Eine selbst bewohnte Liegenschaft stellt vielfach ein Klumpenrisiko dar, weil sie meist einen hohen Anteil am Gesamtvermögen ausmacht. Auch der Besitz von Mehrfamilienhäusern als Renditeobjekt ist häufig ein Klumpenrisiko. Bei der Investition in einen Immobilien-Anlagefonds ist man viel breiter diversifiziert und relativ liquide investiert.

«Eine selbst bewohnte Liegenschaft stellt vielfach ein Klumpenrisiko dar.»

Können Sie eine Faustregel empfehlen, nach der ein privater Investor abschätzen kann, ob sich eine Investition in eine bestimmte Immobilie lohnen könnte?
Nein, die Frage, in welcher Form und in welcher Höhe in Immobilien investiert werden soll, lässt sich nicht pauschal beantworten und ist sehr individuell. Jede Anlageklasse hat ihre eigenen Rendite- und Risikoeigenschaften und ihre spezifische Funktion im Gesamtkontext der finanziellen Zielerreichung. Die jeweiligen Investitionsquoten in die verschiedenen Anlageklassen ergeben sich aus einem fundierten Prozess, in dem das Risikoprofil des Kunden erarbeitet wird. Daraus resultiert die Anlagestrategie, die aufzeigt, wie das Portfolio optimal auf die Kundensituation ausgerichtet werden sollte.

Das tönt nach einem aufwendigen und langweiligen Prozess …
… auf den ersten Blick vielleicht. Wird dieser Prozess seriös durchgeführt, verfügt man nicht nur über eine hervorragende Grundlage und Informationen über die gesamten finanziellen Verhältnisse, sondern macht sich auch Gedanken über Lebensziele, Bedürfnisse und Wünsche. Das kann durchaus motivieren und Spass machen, wenn man den richtigen Partner an der Seite hat. Für die einen geht es um das langweilige Abfüllen eines Fragebogens, für die anderen geht es tiefgründiger um die Zukunftsplanung. Klar ist: Die richtige Anlagestrategie ist massgeblich verantwortlich für den finanziellen Anlageerfolg und damit entscheidend, ob man seine Ziele erreicht.

Muss ich als Privatinvestor überhaupt etwas von Immobilien verstehen, um in solche zu investieren?
Auch das hängt wieder von der Form der Investition ab. Bei einer Direktanlage ist es von grossem Vorteil, wenn man ein gewisses Grundverständnis mitbringt oder sich zumindest kompetent beraten lässt. Denn eine Direktinvestition birgt höhere Risiken. Risiken, die man bei der indirekten Investition über einen Anlagefonds durch Diversifikation reduzieren kann. Hier ist es wichtig, auf ein Produkt zu setzen, das in Bezug auf die Anzahl der Objekte, die abgedeckten Regionen und die Segmente wie Wohnen oder Gewerbe breit investiert.

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«Je risikoreicher die Investition, desto höher die potenzielle Rendite.»

Bei einer direkten Immobilienanlage ist der Aufwand nicht zu unterschätzen: Man muss sich um Mieter, Sanierungen und Reparaturen kümmern. Lässt sich das ohne eine professionelle Verwaltung bewältigen?
Auch das ist sehr individuell und kommt auf die Art und die Anzahl der Liegenschaften an. Je nachdem ist professionelle Hilfe sinnvoll.

Welche Alternativen zu Immobilieninvestitionen empfehlen Sie demzufolge?
Immobilien vereinen sowohl den Charakter von Aktien als langfristige Kapitalanlage als auch denjenigen von Obligationen in Bezug auf die regelmässigen Ausschüttungen. Eine Alternative könnte daher eine Mischung aus den beiden Anlageklassen sein. Häufig wird auch noch Gold beigemischt. Wie dieser Mix genau aussieht, hängt vom individuellen Risikoprofil und der daraus abgeleiteten Anlagestrategie ab. 

Wie schneiden denn die jeweiligen Anlageklassen im Vergleich ab?
Die Anlageklassen unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Performance und Stabilität: Aktien gelten als Performancetreiber und bieten als Realwert einen Schutz vor Inflation. Historisch erziel-ten globale Aktien eine jährliche Performance von etwa acht Prozent. Sie sind renditestark, aber anfällig für Schwankungen, weshalb ein langfristiger Anlagehorizont eine wichtige Voraussetzung ist. Obligationen hingegen sind deutlich stabiler und gehören zu den schwankungsärmsten Anlageklassen. Historisch brachten sie eine durchschnittliche Performance von drei Prozent. Gold ist in seiner Entwicklung etwas schwieriger einzuschätzen, da es stark von externen Faktoren beeinflusst wird. Das Edelmetall sollte daher weniger als Performancetreiber, sondern mehr als Absicherung in Krisenphasen betrachtet werden. Allerdings kann Gold zeitweise ähnlich stark schwanken wie Aktien.

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Welche Renditen sind realistisch bei Investitionen in Immobilien?
Schweizer Immobilien brachten historisch durchschnittlich rund fünf Prozent pro Jahr und unterliegen deutlich weniger Schwankungen als Aktien. Wohnimmobilien bieten in der Regel niedrigere Renditen, gelten jedoch als stabilere und risikoärmere Investition, da die Nachfrage nach Wohnraum konstant ist. Gewerbeimmobilien bieten potenziell höhere Renditen, sind jedoch mit höheren Risiken verbunden, da sie empfindlicher auf wirtschaftliche Zyklen reagieren. Hinzu kommt, dass Gewerbeimmobilien aktuell aufgrund struktureller Veränderungen wie dem vermehrten Homeoffice und dem sinkenden Bedarf an Büroräumlichkeiten sowie dem E-Commerce-Geschäft und dem Wegfallen des stationären Handels unter Druck stehen. Grundsätzlich gilt: Je risikoreicher die Investition, desto höher die potenzielle Rendite.

Sollte man also eher in private Wohnimmobilien oder in Gewerbeimmobilien investieren?
Es kommt auf die Mischung an. Wir empfehlen, in beide Segmente zu investieren – mit einem Schwerpunkt auf dem Wohnen.

Und was halten Sie von Crowdfunding als Methode zur Investition in Immobilien?
Crowdfunding gewann in den vergangenen Jahren zunehmende Beliebtheit und bietet neue Möglichkeiten. Im Kontext von Immobilien heisst dies, dass sich Anleger über eine Online-Plattform zu einer grossen Gruppe zusammenschliessen und in Immobilienprojekte investieren. Das investierte Kapital wird von den Projektentwicklern verzinst, zum Teil nicht unattraktiv. Allerdings gilt auch hier: There is no free lunch! Anleger tragen das Risiko eines Totalverlusts. Und es hat einen Grund, weshalb Banken gewisse Finanzierungen ablehnen und die Projekte via Crowdfunding finanziert werden. Das mahnt zur Vorsicht.

Zum Schluss: Ist es sinnvoll, sich bei Immobilieninvestitionen auf den Schweizer Markt zu konzentrieren oder sollten Anleger auch internationale Immobilien in Betracht ziehen?
Unsere Erfahrung zeigt, dass eine Investition in internationale Immobilien mit einem sehr hohen Aufwand verbunden ist. Es ist kaum möglich, die Entwicklungen rund um den Globus seriös zu verfolgen. Wir fokussieren uns auf den Heim-markt, der sehr viel zu bieten hat. Insbesondere bei den Wohnimmobilien. Hier rechnen wir auch in Zukunft mit einer stabilen Entwicklung.

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