17 Festspiele begleitet
Nach der Ausbildung zum Kaufmann mit anschliessender Weiterbildung und dem Diplomabschluss der höheren Fachprüfung erfolgte Werner Signers musikalische Ausbildung an der Musikakademie in Zürich in den Fächern Dirigieren, Klavier und Horn mit Diplomabschluss. Seit 1993 ist Signer Geschäftsführender Direktor der Genossenschaft Konzert und Theater St.Gallen als Trägerin des Theaters, des Sinfonieorchesters St.Gallen und der St.Galler Festspiele. Der St.Galler machte sich auch einen Namen als Musicalproduzent und -uraufführer mit Werken wie «Der Graf von Monte Christo», «Moses – Die 10 Gebote», «Artus – Excalibur», «Don Camillo & Peppone», «Matterhorn» oder «Wüstenblume».
Werner Signer, können Sie sich noch an die ersten Festspiele 2006 erinnern?
Aber sicher! Eine Premiere ist und bleibt ein prägendes Ereignis – die Premiere eines neuen Festivals erst recht.
Wie lange dauerte die Vorbereitung – und was waren die grössten Widerstände?
Die Vorbereitungen für die ersten St.Galler Festspiele dauerten zwei Jahre. Von Widerständen konnte glücklicherweise nicht die Rede sein, sowohl die damalige Kantonsregierung wie die Würdenträger der katholischen Kirche waren unserem Projekt gegenüber sehr offen. Eine grosse Herausforderung war natürlich die Finanzierung. Aber als die erste Sponsoren-Zusage von der Helvetia auf dem Tisch lag, war so etwas wie ein Bann gebrochen: Da war der Durchbruch auch materiell geschafft.
Skurrilerweise hatten bei «Carmina Burana» die Zuschauer die Türme der Kathedrale noch im Rücken. Wieso das?
Das war bei der ersten Auflage ein bewusster Entscheid in Rücksicht auf die Kirche. Bei den weiteren Produktionen wurden dann die Kathedraltürme in würdigem Rahmen in die Gestaltungskonzepte der Bühnen einbezogen.
Leitmotiv der Festspiele war immer, eher unbekannte Opern aufzuführen, so wurde Donizettis «Il diluvio universale» von 1830 nur viermal überhaupt aufgeführt, bevor sie nach St.Gallen kam. Wären die Festspiele nicht noch erfolgreicher gewesen, wenn man auf «Hits» gesetzt hätte?
Diese Überlegung war für uns nie ein Thema. Es war von Anfang an die Absicht, nach der zum Auftakt bewusst gewählten zugkräftigen «Carmina Burana» ein Festival mit Raritäten zu sein. Wir wollten einen Kontrapunkt setzen zur Ausrichtung auf populäre Titel wie an den Bregenzer Festspielen, ausserdem gebot der geschichtsträchtige Aufführungsort eine gewisse Zurückhaltung bei der Programmierung. Ich bin überzeugt, dass die St.Galler Festspiele ihren Erfolg gerade dem Alleinstellungsmerkmal mit selten gespielten Opern-Perlen verdanken.
Im Mittelpunkt der 18. St.Galler Festspiele im Sommer 2023 steht die Oper «Andrea Chénier» von Umberto Giordano. Wie werden die Stücke jeweils ausgesucht?
Die Stückwahl ergibt sich zum einen aus dem Inhalt, denn die Werke müssen einen Bezug zum Ort haben. Ein zweites wichtiges Kriterium ist die Eignung als Openair-Produktion. «Andrea Chénier» spielt in der Zeit der Französischen Revolution, mit diesem Werk wollen wir dem Volk eine Stimme geben – auf dem Klosterhof, diesem Muster eines öffentlichen Ortes. Das ergibt eine wunderbare Verbindung zwischen Werk und Aufführungsort.
Ab 2024 werden die Festspiele im Wechsel in der Naturarena Tannenboden auf dem Flumserberg und auf dem St.Galler Klosterhof durchgeführt. Hat Sie die politische Entscheidung, St.Gallen nur noch alle zwei Jahre zuzulassen, getroffen?
Sicher, und eine gewisse Verwunderung über diesen «Halbentscheid» – im einen Jahr gibt es eine Bewilligung, im anderen nicht – ist bis heute geblieben. Aber jedes Nein ist auch eine Chance für Neues. Jan Henric Bogen hat diese Chance gepackt und setzt mit dem zweiten Standort Flumserberg mehr als nur einen neuen Akzent. Festspiele in einer Naturarena auf 1400 Metern: Das wird ein neues Opernerlebnis sein, für alle, und mit Sicherheit wird es auch weitere Publikumsschichten ansprechen.
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Wenn Sie auf die 17 vergangenen Festspiele blicken: Was waren Ihre persönlichen Höhepunkte?
Jeder Festspielsommer hatte seine Höhepunkte, es fiele mir schwer, einzelne herauszugreifen.
Und was waren die wichtigsten Entwicklungsschritte für Konzert und Theater in Ihrer Zeit?
Bleiben wir beim Thema: In programmlicher Hinsicht war sicher die Lancierung der St.Galler Festspiele ein Meilenstein. Zu erwähnen sind weiter die zahlreichen Musical-Weltpremieren, die wir in St.Gallen realisieren konnten. Damit hat sich das Theater St.Gallen international profiliert, und die Erfolge im populären Musical-Genre spielten gleichzeitig auch Mittel zur Stärkung der anderen Sparten ein. Punkto Infrastruktur ist die kurz vor dem Abschluss stehende Sanierung und Erweiterung des Paillard-Baus ein wichtiger Schritt. Neben diesem Grossprojekt darf ich aber auch an bereits früher getätigte bauliche Optimierungen wie die Erweiterung der Werkstätten oder die Vergrösserung des Orchestergrabens erinnern. Wichtige Eckpunkte im organisatorischen Bereich waren die neue Finanzierungsordnung, die das verstärkte Engagement des Kantons und eine gleichzeitige Entlastung der Stadt von zentralörtlichen Leistungen auf eine gesetzliche Basis stellte. Ein historisches Ereignis im St.Galler Kulturleben war das Zusammenführen des damaligen Stadttheaters und des Sinfonieorchesters zur Genossenschaft Konzert und Theater St.Gallen auf die Spielzeit 2000/2001 hin.
Mit Ihnen geht auch der UM!BAU in Rente, wenn man so sagen will. Freuen Sie sich auf das «neue» Haupthaus?
Unbedingt! Und vor allem freue ich mich für die Mitglieder von Konzert und Theater St.Gallen, dass sie dort zeitgemässe und ihrer Tätigkeit angemessene Arbeitsbedingungen vorfinden werden.
Was werden Sie mit der neu gewonnen Freizeit machen?
Noch kann ich nicht abschätzen, ob ich tatsächlich so viel Freizeit dazugewinnen werde …
Zum Schluss: Werden Sie im Sommer 2024 Henry Purcells «The Fairy Queen» am Flumserberg ebenfalls geniessen?
Auf jeden Fall! Ich werde mit grosser Freude Gast auf dem Flumserberg sein.