St.Galler Immobilienmarkt: Wachsender Bedarf, knappe Ressourcen

St.Galler Immobilienmarkt: Wachsender Bedarf, knappe Ressourcen
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Wie entwickeln sich die Preise fürs Eigenheim im Kanton St.Gallen? Wo mietet es sich noch günstig? Was ist vom Restjahr 2024 zu erwarten – und was von 2025? Gemeinsam mit Fachleuten wirft der LEADER einen Blick auf den St.Galler Immobilienmarkt. Einig sind sich alle: Vorschriften und Einsprachen sollten zurückgebunden werden.

Michel Staubli vom SVIT Ostschweiz beobachtet, dass die Nachfrage nach Eigenheimen und Mietwohnungen weiterhin wächst, während die Preise für Renditeobjekte stabil bleiben. «Die Nachfrage nach Immobilien wird weiter zunehmen, was insbesondere für die Baubranche positive Auswirkungen haben wird.» Die Lage auf dem Markt werde sich jedoch durch das begrenzte Angebot weiter verschärfen. «Der Leerstand von Wohnungen wird weiter sinken, das Angebot an Immobilien bleibt knapp.» Problematisch sei die Bodenpreisentwicklung: «Die Bodenpreise steigen aufgrund des geringen Angebots weiter, das treibt auch die Immobilienpreise nach oben», warnt Staubli. Er betont auch die zunehmende Bedeutung von Einspruchsmöglichkeiten, die den Bau neuer Projekte oft verzögern oder sogar verhindern. «Die Verzögerungstaktik von privaten Einsprechern und der Einfluss des Heimatschutzes machen es oft schwierig, Neubauten oder Umbauten zeitnah umzusetzen.» Staubli fordert, dass diese Einspruchsrechte eingeschränkt werden, um die Effizienz der Bauprozesse zu steigern. «Wir sollten das Beispiel des Kantons Thurgau nehmen, wo die Einspruchsmöglichkeiten bereits restriktiver gehandhabt werden.»

Auch Stefan Lemberger von der Hugo Steiner AG sieht die Preisentwicklung im Kanton als stabil, primär aufgrund der geringen Teuerung. «Diese hat sich unter der Zwei-Prozent-Marke eingependelt; wir sehen daher eine allgemeine Preisstabilität auf dem Immobilienmarkt.» Für die zweite Jahreshälfte 2024 erwartet er keine grossen Veränderungen bei den Preisen, sieht jedoch in der Zinspolitik einen entscheidenden Einflussfaktor. «Mit Spannung erwarten wir die nächsten Entscheidungen der SNB in Bezug auf mögliche Zinssenkungen.» Für 2025 rechnet Lemberger mit einem positiven Trend, vorwiegend durch weitere Zinsanpassungen nach unten, die den Immobilienmarkt beleben könnten. Er warnt jedoch vor den Herausforderungen, mit denen Investoren konfrontiert sind. «Die Immobilien-Angebotspreise sind oft nicht an das aktuelle Zinsumfeld angepasst, was es schwierig macht, attraktive Objekte zu realistischen Preisen zu finden.» Viele Verkäufer hätten ihre Preisvorstellungen noch nicht korrigiert, was zu einer gewissen Zurückhaltung bei den Käufern führe. Dennoch sieht Lemberger Chancen für Investoren, da derzeit viele institutionelle Investoren ihre Portfolios bereinigen und interessante Liegenschaften auf den Markt kommen. «Dies bietet Investoren die Chance, spannende Objekte zu mehr oder weniger attraktiven Preisen zu erwerben.»

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Beni Beerli, Remo Bienz, Christian G. Brunner, Daniel Hengartner, Stefan Lemberger, Daniel Mosch, Michel Staubli, Beat Schweizer
Beni Beerli, Remo Bienz, Christian G. Brunner, Daniel Hengartner, Stefan Lemberger, Daniel Mosch, Michel Staubli, Beat Schweizer

Beni Beerli von der Gemag Gebrüder Müller AG beobachtet eine spürbare Nachfrageerhöhung. «Die Zinssenkungen der letzten Monate haben die Nachfrage wieder deutlich angekurbelt; dies hat die Preise stabilisiert», sagt auch Beerli. In bestimmten Segmenten, speziell bei Renditeobjekten, seien die Preise sogar leicht gestiegen. «Wir sehen eine erhöhte Dynamik am Markt für Renditeobjekte, da die sinkenden Finanzierungskosten das Interesse der Investoren geweckt haben.» Diese Entwicklung erwartet Beerli auch für das kommende Jahr. «Mit weiteren Zinssenkungen rechnen wir auch für 2025 mit einer steigenden Nachfrage nach Renditeobjekten und Wohneigentum.» Dabei sieht er hauptsächlich in städtischen Gebieten im Kanton, wo qualifizierte Arbeitskräfte hinzuziehen, eine hohe Nachfrage nach Mietwohnungen. «Diese profitieren von der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte, was die Nachfrage nach Mietwohnungen auf einem konstant hohen Niveau hält.» Als Herausforderungen nennt Beerli die steigenden Baukosten sowie die strengeren regulatorischen Anforderungen, die die Entwicklung neuer Projekte erschweren. «Hohe Kosten und viele Auflagen machen es schwer, Projekte wirtschaftlich sinnvoll zu realisieren.» Dennoch sieht Beerli auch Chancen in den urbanen Zentren der Ostschweiz, wo die Nachfrage nach Wohnraum weiterhin hoch bleibt. «Das verspricht langfristig stabile Renditen.»

Remo Bienz von der Fortimo AG sieht die Entwicklung der Preise in der zweiten Jahreshälfte 2024 als eher stagnierend, mit leichten Preissteigerungen aufgrund der Zinssenkungen. «Wir sehen sowohl im Miet- als auch im Verkaufssegment eher eine Seitwärtsbewegung», erklärt Bienz. Für das kommende Jahr erwartet er keine Entlastung bei den Preisen und prognostiziert moderate Steigerungen. «Die Zinssenkungen werden sich positiv auf den Markt auswirken; es dürften wieder mehr Eigentumswohnungen nachgefragt und verkauft werden.» Besonders die langen Bewilligungszyklen und die zahlreichen Auflagen erschweren jedoch die Bautätigkeit, was die Angebotsknappheit verschärft. «Die langen Wartezeiten bei den Genehmigungsprozessen und die zahlreichen Auflagen schrecken viele Investoren ab.» Dies habe auch dazu geführt, dass viele Investoren ihre Aktivitäten in anderen Regionen oder Anlageklassen verlagerten, da sich das Investieren in Wohnimmobilien nicht mehr rentiere. «Manche ziehen sich gar aus dem Markt zurück, da die langen Bewilligungsprozesse und die steigenden Kosten die Rentabilität schmälern.»

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Auch Daniel Mosch von der RT Immobilien Treuhand AG hebt hervor, dass sich die Preise im Eigenheimmarkt auf hohem Niveau stabilisieren. Besonders verhältnismässig günstige Objekte seien nach wie vor stark nachgefragt. «Diese ziehen viele Kaufinteressenten an, da sie die Eigenmittelvorschriften noch erfüllen können.» Für 2025 erwartet er, dass die Nachfrage nach Wohnraum hoch bleibt, solange keine geopolitischen Verwerfungen auftreten. Die Zinssenkungen hätten zudem einen positiven Einfluss auf die Finanzierungsmöglichkeiten, was die Nachfrage zusätzlich belebe. «Sinkende Zinsen machen die Finanzierung günstiger, was die Nachfrage nach Wohneigentum weiter antreiben wird.» Als Herausforderung sieht auch Mosch die zunehmenden behördlichen Auflagen, die den Bauprozess erschweren. «Die Auflagen nehmen zu, was Bauvorhaben verkompliziert und die Baukosten erhöht.» Gleichzeitig sieht er im sinkenden Leerstand eine Chance für Investoren. «Dieser bietet Investoren gute Renditechancen im Mietsegment.»

«Es gibt verschiedene Immobilienmärkte im Kanton, die sich unterschiedlich entwickeln», sagt Daniel Hengartner von der Reseda Invest AG in Wil. Während sich die Renditeliegenschaften stabilisieren, sieht er bei Eigenheimen eine leichte Preiserholung. «Da sehen wir wieder einen leich-ten Preisanstieg, insbesondere in Toplagen.» Dennoch sei die Preisdynamik im Eigenheimsegment gebremst, da sich aufgrund der hohen Kaufpreise viele Menschen kein Eigentum mehr leisten könnten. «Das hemmt natürlich die Preisentwicklung.» Im Luxussegment bleiben die Preise stabil. «Dieses bleibt weitgehend unbeeinflusst; die Preise in den Toplagen werden sich weiterhin gut entwickeln.» Als Herausforderung sieht er den Mangel an verfügbarem Bauland. «Bauland ist rar, und aufgrund der Preisentwicklung und der zu tiefen Ausnutzung lohnen sich viele Projekte nicht mehr», warnt Hengartner. Für Investoren sieht er dennoch Chancen, vornehmlich in der Entwicklung von Zentren. «Wer das baut, was die Wohnungssuchenden verlangen, wird weiterhin Erfolg haben, vorrangig in städtischen Gebieten.» Hengartner fordert eine drastische Reduktion der Einspruchsmöglichkeiten bei Bauprojekten, um die Bauprozesse zu beschleunigen. «Diese müssen dringend eingeschränkt werden, um die Bautätigkeit zu fördern.»

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«Lange Wartezeiten bei den Genehmigungsprozessen und zahlreiche Auflagen schrecken Investoren ab.»

Christian G. Brunner, St.Galler Dozent für Immobilienbewertung und Bau- und Planungsrecht, sieht in der begrenzten Verfügbarkeit von Bauland eine der grössten Herausforderungen für den St.Galler Immobilienmarkt. Gleichzeitig sieht er jedoch Chancen in der Umnutzung bestehender Flächen, insbesondere von Gewerbeflächen zu Wohnimmobilien. «Die Umnutzung bietet Potenzial für neue Wohnprojekte, besonders in städtischen Gebieten.» Diese Entwicklungen erfordern jedoch politische Unterstützung und eine Anpassung der Zonenpläne, die derzeit in vielen Gemeinden überarbeitet werden. «Das sollte neue Nutzungsmöglichkeiten für bestehende Flächen schaffen.» Denn die steigenden Bodenpreise sind laut Brunner ein wesentlicher Faktor, der die Kosten für Bauprojekte in die Höhe treibt. Dann weist er noch auf die zunehmende Bedeutung von energetischen Sanierungen hin. «Der Bedarf an Modernisierungen bleibt bestehen, aber die Beruhigung der Energiepreise könnte die Investitionen in energetische Sanierungen dämpfen.» Auch Brunner fordert eine Straffung der Einspruchsmöglichkeiten. «Diese verzögern viele Projekte und kosten Bauherren unnötig viel Zeit und Geld.»

Auch Beat Schweizer von der Schweizer Business Haus AG sieht im St.Galler Immobilienmarkt für die zweite Jahreshälfte 2024 eine anhaltend hohe Nachfrage, die durch den Zinsrückgang weiter gestärkt werde. «Die Region St.Gallen ist und bleibt ein beliebter Wohnstandort.» Insbesondere junge Familien hätten es aber zunehmend schwer, ein Einfamilienhaus zu erwerben, weshalb die Nachfrage nach grösseren Eigentumswohnungen gestiegen sei. Für 2025 erwartet Schweizer, dass zwei weitere Zinssenkungen und die weiterhin hohe Zuwanderung das Interesse an Wohneigentum und Immobilien als Renditeliegenschaften weiter positiv beeinflussen werden. Die Bodenpreise sind in den letzten Jahren stark gestiegen; Schweizer erwartet, dass dieser Trend anhält. «Weniger Landreserven führen zu noch höheren Grundstückspreisen, was neue Projekte verteuert.» Schweizer unterstreicht zudem, dass die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes in allen Gemeinden das verdichtete Bauen beschleunigen könnte, während auch er die zunehmenden Einsprachen als grosses Problem ansieht.

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