Gast-Kommentar

Zoom in – Zoom out

Zoom in – Zoom out
Alessandro Sgro
Lesezeit: 3 Minuten

Investieren erfordert einen klaren Blick, Disziplin und vielfach gute Nerven. Kurzfristig können die Kurse ziemlich stark schwanken. Wie in vielen Lebensbereichen ist auch beim Investieren die Perspektive entscheidend. Oft täuschen kurzfristige Tiefpunkte und stürmische Marktphasen, während der wahre Erfolg erst im Langzeitvergleich sichtbar wird, analysiert Alessandro Sgro in der LEADER-Finanzkolumne «Inside financial markets».

Text: Alessandro Sgro, Chief Investment Officer Cronberg AG

Kurse bewegen sich bekanntlich nicht immer in die erwartete oder erhoffte Richtung. Die emotionale Reaktion lässt oft nicht lange auf sich warten. Anleger sind frustriert, wenn sich die noch so gut gelaufene Investition kurzfristig anders entwickelt. Das ist alles sehr verständlich, denn an den Finanzmärkten agieren letztlich Menschen und damit unterschiedliche Meinungen und Emotionen.

Auch die Medien spielen dabei eine Rolle. Die Berichterstattung über einschneidende und bedeutende Ereignisse gehört zu ihren Kernaufgaben. Negative Nachrichten erregen mehr Aufmerksamkeit auf sich als positive. Clickbait-Überschriften und reisserische Analysen verstärken emotionale Reaktionen und verzerren die Wahrnehmung der tatsächlichen Situation. Je nach Umfeld werden diese Themen auch im persönlichen Umfeld aufgegriffen und eine kurzfristige negative Entwicklung erscheint schnell schlimmer, als sie tatsächlich ist.

Kurzum: Die Psychologie spielt beim Investieren eine ebenso wichtige Rolle wie die Grundkonzepte einer optimalen Portfoliokonstruktion oder die systematische Analyse eines Finanzinstruments.

Dabei spielen vor allem die Verlustaversion und der «Recency Bias» eine wesentliche Rolle. Erstere besagt, dass Verluste in der menschlichen Wahrnehmung überbewertet werden und der «Recency Bias» beschreibt die Tatsache, dass Anleger häufig aktuelle Ereignisse stärker gewichten als langfristige Entwicklungen. Diese emotionalen Reaktionen können zu impulsiven Handlungen führen, die sich im Anlagekontext oft negativ auswirken. Denn beim Investieren gilt «Zoom Out»: Ein kühler, rationaler Blick und das Festhalten an einer langfristigen Strategie sind entscheidend für den Anlageerfolg.

Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Finanzkrise 2008. Die Darstellung des Swiss Performance Index zeigt in diesem Zeitraum ein einschneidendes kurzfristiges Ereignis. Betrachtet man dieses Ereignis jedoch über einen längeren Anlagehorizont, so wird deutlich, dass auch hier nach einiger Zeit wieder eine positive Dynamik an den Aktienmärkten einsetzte. Der Faktor Zeit spielt bei der Geldanlage eine entscheidende Rolle. Während sich Erfolge mal schneller, mal langsamer einstellen, entfaltet der Zinseszinseffekt erst über längere Zeiträume seine volle Wirkung – und wird damit zum Schlüssel für einen nachhaltigen Vermögensaufbau.

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Die Illusion des Market Timings

Niemand verliert gerne Geld und grundsätzlich wird investiert, um langfristig Vermögen aufzubauen und finanzielle Ziele zu erreichen. Doch fehlendes Wissen und Emotionen stehen vielen Anlegern im Weg. Häufig wird versucht, den perfekten Ein- und Ausstiegszeitpunkt zu erwischen – ein Vorhaben, das in der Praxis selten aufgeht. Märkte sind effizient, und unvorhersehbare Ereignisse werden blitzschnell eingepreist. Kurzfristige Kursbewegungen sind daher kaum vorhersehbar.

Wer sich von Ängsten leiten lässt, riskiert, ausgerechnet in Phasen grosser Chancen nicht investiert zu sein. Hinzu kommen unnötige Transaktionskosten, die durch häufiges Handeln entstehen. Daher gilt auch hier: Statt auf kurzfristige Marktschwankungen zu reagieren, lohnt sich ein disziplinierter, langfristiger Ansatz. Ein solider Plan, der auf fundierten Analysen und einer klaren Strategie beruht, reduziert nicht nur emotionale Fehlentscheidungen, sondern bietet auch die besten Chancen auf nachhaltigen Erfolg.

Wer langfristig investiert bleibt und geduldig auf den Zinseszinseffekt setzt, vermeidet die Risiken impulsiven Handelns. Gleichzeitig schafft man damit die Basis für einen stabilen und nachhaltigen Vermögensaufbau. Denn wie heisst es so schön: «Hin und her macht Taschen leer».

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