Wie ein detailliertes Arztzeugnis die Gesundheitskosten senken kann
Text: RA Dr. iur. Patrick Stach; M.A. HSG Marko Babic
Arztzeugnisse sind das Instrument schlechthin, um die berufliche Leistung und Qualifikation eines Arbeitnehmenden bei Krankheit zu dokumentieren. Sie sind in der Praxis von hoher Bedeutung, da sie Einfluss auf wichtige rechtliche Fragen haben, wie die Nichtigkeit der Kündigung oder die Leistungspflicht der Arbeitslosenversicherung bzw. Krankentaggeldversicherung.
Auf einem gewöhnlichen Arztzeugnis findet sich in der Regel ohne weitergehende Erläuterung lediglich der eingeschätzte Grad der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmenden. Eine Erläuterung, wie dieses Ergebnis zustande kommt oder welche Beschwerden dieser Arbeitsunfähigkeitsgrad zugrunde liegen, finden wir nicht.
Dabei bleibt auch gänzlich unberücksichtigt, welchen Beruf die Person ausübt und welche konkreten Tätigkeiten dies beinhaltet. Diesem Umstand soll und muss das detaillierte Arztzeugnis (auch «differenziertes Arztzeugnis») Abhilfe verschaffen.
Inhalt des differenzierten Arztzeugnisses
Das detaillierte Arztzeugnis geht in der Anamnese des Arbeitnehmenden weiter als das gewöhnliche Arztzeugnis. Im Kern enthält es eine genauere Auflistung an Tätigkeiten, die während der reduzierten Arbeitsfähigkeit noch ausgeführt werden können, sowie jene Tätigkeiten, die nun nicht mehr ausgeführt werden können.
Zusätzlich soll oft angegeben werden, worin der Grund der Arbeitsunfähigkeit liegt bzw. wann eine genauere Einschätzung zu erwarten ist.
Ablauf bei der Erstellung
Bevor Ärztinnen und Ärzte ein solches detailliertes Arztzeugnis ausstellen können, müssten sie zwingend über den Arbeitsplatz und den Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmenden aufgeklärt werden. Hierfür gibt es vorgefertigte Formulare, wie z. B. die Arbeitsplatzbeschreibung des Patienten. Mit dieser soll der Arbeitgeber die notwendigen Informationen liefern, damit eine differenzierte Einschätzung über die Arbeitsfähigkeit abgegeben werden kann.
Sodann ist es üblich, dass der Arbeitnehmer dem Arzt oder der Ärztin ein zusätzliches Entgelt entrichtet, was in der Regel CHF 50.- bis 100.- beträgt. Wie unschwer zu erkennen ist, erspart dies dem Arbeitgeber erhebliche Kosten und Umtriebe bzw. generell Gesundheitskosten, als wenn ein Arbeitnehmender gar nicht zur Arbeit erscheint.
Die Erstellung eines detaillierten Arztzeugnisses hat Ähnlichkeit mit der vertrauensärztlichen Untersuchung, geht jedoch bezüglich dessen Inhalt wesentlich weniger tief.
Das detaillierte Arztzeugnis ist demnach ein Mittelweg zwischen dem gewöhnlichen Arztzeugnis, welches sehr oberflächlich ist und keine genaueren Informationen aufweist, und der vertrauensärztlichen Untersuchung, die sehr weitgehende Feststellungen enthält.
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Vorteile des detaillierten Arztzeugnisses
Unmittelbar sticht hervor, dass das Einholen von detaillierten Arztzeugnissen den Arbeitsausfall insgesamt massiv zu reduzieren hilft. Der Arbeitnehmende kann adäquat eingesetzt werden, womit für den Arbeitgeber im Einzelfall die Personalkosten massiv reduziert werden.
Gerade im heutigen Umfeld steigender Gesundheitskosten und einem Mangel an Fachkräften, kann der vermehrte Einsatz detaillierter Arztzeugnisse nicht nur KMU entlasten, sondern auch Gesundheitskosten einsparen.
Nebst ökonomischen Anreizen beabsichtigt diese Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmenden sowie Ärztinnen und Ärzten auch eine optimale Rekonvaleszenz und eine rasche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess, wobei der Fokus stets auf der Gesundheit und Genesung der Arbeitnehmenden liegt.
Wenn also beispielsweise eine Sekretärin die linke Hand verstaucht hat, gibt es keinen Anlass sie zu 100 % arbeitsunfähig zu erklären, denn es gibt zahlreiche Tätigkeiten, die sie trotz verstauchter linker Hand ausführen kann: Empfang von Kunden, telefonische Korrespondenz, organisatorische Planung, sonstige leichte Büroaufgaben, etc.
Rechtliche Zulässigkeit der Einholung detaillierter Arztzeugnisse
In aller Regel wird ein detailliertes Arztzeugnis unter (allenfalls erneuter) Mitwirkung des Arbeitnehmenden erstellt. Er muss dafür seine Zustimmung geben. Sofern dies der Fall ist, ist die rechtliche Zulässigkeit nicht bestritten.
Denkbar wäre auch, die Einholung eines detaillierten Arztzeugnisses im Arbeitsvertrag zu vereinbaren.