US-Wahlen 2024: Warum der Kongress entscheidend ist
Text: Roger Wohlwend, Chefökonom der LLB-Gruppe
In einem Jahr, in dem bereits in vielen Ländern Wahlen stattfanden, steht die wichtigste noch bevor: Am 5. November entscheidet sich, wer die USA in den kommenden vier Jahren führen wird. Und das betrifft nicht nur den Präsidenten, sondern auch ein Grossteil des Parlaments wird ebenfalls neu gewählt.
Auch wenn der mediale Fokus klar auf der Präsidentschaftswahl liegt, ist es wichtig, was für einem Parlament der neu gewählte Präsident gegenübersteht. Denn nur wenn die beiden Kammern des Parlaments von der Partei des neuen Präsidenten kontrolliert werden, lassen sich die Wahlkampfversprechen vollständig umsetzen. Diese sind bei der Demokratin Kamala Harris Steuererhöhungen für Grossverdiener und Unternehmen, während es beim Republikaner Donald Trump vor allem Steuersenkungen und die Einführung von Handelszöllen sind.
Laut aktuellen Umfragen ist der wahrscheinlichste Wahlausgang, dass Kamala Harris Präsidentin wird, aber mit einem geteilten Kongress: Die Demokraten kontrollieren eine Kammer, die Republikaner die andere. Eine solche Konstellation, in der die Partei des Präsidenten keine Mehrheit in beiden Kammern hat, kam in den letzten Jahrzehnten häufig vor. Das bedeutet, dass der Handlungsspielraum des Präsidenten begrenzt ist; extreme Beschlüsse werden unwahrscheinlich. An den Finanzmärkten dürfte darum keine signifikante Reaktion zu beobachten sein.
Politische Pläne im Vergleich
Der zweitwahrscheinlichste Wahlausgang ist zugleich der gefürchtetste: ein Präsident Trump mit einem von den Republikanern kontrollierten Kongress. Auf dem Programm stünden dann in erster Linie Steuersenkungen, die den US-Aktien einen Schub verleihen würden. Wenn aber, wie von Trump angekündigt, Zölle auf alle Importe eingeführt würden, wäre diese eine Belastung für die US-Wirtschaft, die zu tieferem Wirtschaftswachstum und höherer Inflation führen würde.
Für den Aktienmarkt wäre dies ungünstig, weil so die positiven Effekte der Steuersenkungen zunichtegemacht würde. Der US-Dollar würde hingegen profitieren. Ohne Mehrheit im Parlament hätte ein Präsident Trump zwar nicht die Möglichkeit, seine Pläne vollumfänglich umzusetzen, aber er wäre dennoch eine Quelle der Unsicherheit.
Auch interessant
Finanzmärkte im Fokus: Was zählt wirklich?
Obwohl die US-Wahl einen Einfluss auf die Finanzmärkte haben kann, gibt es andere Faktoren, die vermutlich wichtiger sind. In erster Linie ist es die Geldpolitik und die damit verbundene Frage, wie rasch und wie weit die Zentralbank die Zinsen senkt. Für US-Aktien kommt die Entwicklung im Bereich Künstlicher Intelligenz hinzu.