Gast-Kommentar

Ökonomische Gesetze sind stärker als Donald Trump

Ökonomische Gesetze sind stärker als Donald Trump
Thomas Stucki
Lesezeit: 3 Minuten

Die jüngsten US-Wahlen und die damit verbundenen wirtschaftspolitischen Entscheidungen von Donald Trump werfen Fragen zur zukünftigen Entwicklung der Finanzmärkte auf. Trotz der Turbulenzen bleibt die St.Galler Kantonalbank optimistisch, dass die grundlegenden ökonomischen Gesetzmässigkeiten langfristig stabilisierend wirken werden. CIO Thomas Stucki gibt eine Einschätzung, wie Trumps Politik sich auf Inflation, Zinssätze und den Dollar auswirken könnte und welche Faktoren entscheidend für die Aktienmärkte sein werden.

Text: Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank

Nach den Wahlen in den USA stellen sich die Anlegerinnen und Anleger die Frage, wie sich die zu erwartende Wirtschaftspolitik von Donald Trump auf die verschiedenen Anlagesegmente auswirken wird. Viel Neues hat er im Vergleich zu seiner ersten Amtszeit nicht zu bieten. Sein Wirtschaftsprogramm besteht im Wesentlichen aus Steuersenkungen für die Firmen und die Reichen, aus der Rückabwicklung der von den Demokraten erlassenen Regulierungen und aus Strafzöllen auf Importe in die USA.

Der US-Aktienmarkt reagierte positiv, während die Aktienkurse in Europa unter der Angst vor einem Handelskrieg litten. Die Renditen der Obligationen stiegen, weil durch die Strafzölle ein Anstieg der Inflation befürchtet wird und weil durch die Steuersenkungen die US-Schulden steigen. Da die Fed auf die höhere Inflationsgefahr mit einer weniger expansiven bis hin zu einer restriktiven Geldpolitik reagieren könnte, erhielt der US-Dollar Rückenwind.

Erfahrungsgemäss laufen die ersten Reaktionen an den Finanzmärkten rasch aus, und die Marktteilnehmer warten auf die effektiven Veränderungen. Nur der Bitcoin hat die Honeymoon-Phase noch nicht verlassen. Zu gross ist die Freude, das grosse US-Treasury könnte im kleinen Bitcoin-Markt seine Gelder platzieren.

Der Blick zurück

Um abzuschätzen, was die Auswirkungen der Trumpschen Versprechen sein könnten, lohnt sich der Blick in die Jahre 2017 bis 2019. Die Fed hat den bereits zuvor begonnenen Zyklus von Zinserhöhungen bis Anfang 2019 fortgesetzt und den Leitzins von 0,625 % auf 2,375 % angehoben. Sie hat damit auf eine gut laufende Wirtschaft und eine sinkende Arbeitslosenrate reagiert. Nachdem im Zuge des starken Rückgangs des Ölpreises die Konkurse im Energiesektor zugenommen hatten und die Kreditrisikoprämien der Unternehmensanleihen in die Höhe schossen, hat die Fed die Zinsen in der zweiten Hälfte 2019 wieder auf 1,625 % gesenkt.

Die Kapitalmarktzinsen haben in dieser Phase die klassischen Bewegungen hingelegt. Die Renditen langfristiger Obligationen sind gestiegen. Als die Fed den Erhöhungszyklus beendet hatte, haben sie den erwarteten Wechsel in der Geldpolitik vorweggenommen und sind wieder gefallen. Die Fed wird auch in der zweiten Amtszeit von Trump ihre Zinspolitik eigenständig betreiben, zumindest bis 2026, wenn die Amtszeit von Jerome Powell ausläuft.

Die Inflationsrate hatte auf die von Trump erlassenen Strafzölle kaum reagiert. Sie schwankte zwischen 2 % und 3 % hin und her, wobei der Ölpreis der wichtigste Treiber war. Die Angst vor einer steigenden Inflationsrate durch die Strafzölle ist übertrieben. Sollte die US-Wirtschaft durch die Handelshemmnisse leiden, ist eher mit sinkenden Inflationsraten zu rechnen, da die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen abnimmt.

In diesem Szenario ist auch mit einem sinkenden Ölpreis zu rechnen. Die Schulden der USA werden weiter steigen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der Schuldenstand auf die Zinsen nur bedingt einen Einfluss hat, solange der US-Dollar die dominierende Währung bleibt. Der Dollar wird seinen Status auch durch eine konfrontative Handels- und Machtpolitik nicht verlieren, allerdings könnte er an Vertrauen und damit an Wert einbüssen.

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Verlauf der Wirtschaft für Aktienmärkte entscheidend

Im nächsten Jahr wird die Konjunktur von einer expansiven Steuerpolitik profitieren. Die bremsenden Effekte der Handelszölle werden sich erst mit einer Verzögerung bemerkbar machen. Die Erfahrungen aus der ersten Amtszeit Trumps mit den Farmern lassen auch dieses Mal erwarten, dass er mit Steuergeld negative Effekte auf seine Wählerschaft kompensieren will.

Ich gehe davon aus, dass die neue Regierung ihre wirtschaftspolitischen Entscheide in Steuer- und Zollfragen medial gross in Szene setzen wird. Dasselbe gilt für die Deportation von Migranten. Die US-Wirtschaft ist aber ein träger Supertanker, und die Auswirkungen von politischen Massnahmen erfolgen mit einer langen Verzögerung.

Zudem werden sie von Gegenmassnahmen der Unternehmen und Konsumenten entschärft. Die ökonomischen Gesetzmässigkeiten werden auch von Trump nicht ausgehebelt werden. Deshalb lohnt es sich für die Anlegerinnen und Anleger nicht, schon jetzt darüber zu spekulieren, was in den nächsten vier Jahren alles passieren wird.

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