St.Gallen

Normalität für SGKB noch in weiter Ferne

Normalität für SGKB noch in weiter Ferne
Thomas Stucki gibt «investment views».
Lesezeit: 2 Minuten

Die Nationalbank wird am 22. Juni ihren Leitzins weiter anheben, CIO Dr. Thomas Stucki erwartet eine Erhöhung auf 2.0 Prozent. Die Anzeichen für einen Nachlass des Preisdrucks häufen sich, und so hofft die SGKB auf Senkungen des Werts. Aber: Unternehmen passen sich an und die Wirtschaft wird ausgebremst.

Text: Thomas Stucki

Von einer geldpolitischen Normalität ist die Nationalbank aber noch weit entfernt. Das geldpolitische Konzept der SNB basiert darauf, dass sie über die Steuerung der Geldmarktzinsen der Wirtschaft stimulierende oder bremsende Impulse geben kann. Um die Zinsen zu erhöhen oder zu senken, muss das Geld im Bankensystem zu knapp oder zu üppig sein.

Für die Feinsteuerung braucht die SNB ein strukturelles Defizit an Liquidität, welches sie mit ihren täglichen Geldmarktoperationen je nach Zinsziel mehr oder weniger auffüllen kann. So zumindest funktionierte das System bis zur Finanzkrise 2008.

«Überschüssige» Liquidität

Die Banken müssen bei der SNB im täglichen Durchschnitt knapp 23 Milliarden Franken halten, um ihre Anforderungen an die Mindestreserven zu erfüllen. Anrechenbare Aktiven hatten sie im März aber 526 Milliarden Franken, praktisch alles in Form von Giroguthaben bei der SNB. Das sind rund 500 Milliarden Franken zu viel.

Diese «überschüssige» Liquidität sucht die bestmögliche Anlage im Geldmarkt zu den höchsten Zinsen. Deshalb muss die SNB den Banken einen Freibetrag an Girogeldern zugestehen, der zum Leitzins von aktuell 1.5 Prozent verzinst wird. Ansonsten wäre das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Geld gewaltig und der Zins würde gegen Null tendieren.

Die Verzinsung von Guthaben der Banken ist in anderen Ländern wie den USA ein normaler Teil des geldpolitischen Instrumentariums, für die SNB aber eine ausserordentliche Massnahme. Die Alternative zum Freibetrag ist, dass die SNB die überschüssige Liquidität abschöpft.

Seit der Rückkehr zu positiven Zinsen hat die SNB mit Repo-Geschäften und mit der Ausgabe eigener Schuldverschreibungen, den sogenannten SNBBills, dem System bereits über 200 Milliarden Franken entzogen.

Repo und SNB-Bills sind für die kurz- und mittelfristige Steuerung der Liquidität ideale Instrumente. Über Jahre mehrere Hundert Milliarden Franken damit abzuschöpfen, ist jedoch keine optimale Lösung. Die SNB wird deshalb nicht darum herumkommen, ihre Bilanz zu reduzieren.

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Langsame Schrumpfung der SNB-Bilanz

Dazu muss sie den Berg an Devisenreserven über den Verkauf von Fremdwährungen gegen Franken abtragen. Die SNB hat damit bereits begonnen. Im vierten Quartal 2022 hat die SNB netto Devisen für 27 Milliarden Franken verkauft. In diesem Jahr dürfte sie diese Aktionen fortgesetzt haben, wie der Rückgang der Devisenreserven impliziert. Genaue Zahlen hat die SNB noch nicht veröffentlicht.

Die SNB kann mehr Franken zurückkaufen, als ich dem Markt zugetraut habe. Geholfen hat ihr das positive Marktumfeld, welches die Suche nach Franken als sicherer Hafen nicht anregt. Dennoch wird es mit dem aktuellen Tempo Jahre dauern, bis die Bilanz so weit geschrumpft ist, dass die SNB wieder täglich überlegen und entscheiden kann, wie viel Liquidität sie dem Bankensystem zuführen will, um das strukturelle Liquiditätsdefizit zu füllen.

Dann wird es auch keine Verzinsung der Giroguthaben mehr geben und die «Normalität» in der Geldpolitik ist wieder hergestellt.

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