Mit Bierdeckeln aktivieren
«Es ist uns ein Anliegen, dass wir älteren Arbeitskräften eine Chance bieten können, um nach dem Verlust einer Stelle rasch wieder im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen.» Joachim Brunnschweiler, Mitglied der Geschäftsleitung von Kompass Arbeitsintegration, begründete damit das Thema des zweiten Kompass Forums für Wirtschaft und Arbeitsintegration vom Mittwochabend, 9. März 2022 in Bischofszell.
Bei Kompass mache man die Erfahrung, dass gerade nicht so gut qualifizierte Personen nur mit grossem Aufwand wieder integriert werden können. Es gehe auch darum, Lösungen zu finden, wenn ältere Arbeitskräfte generell als zu teuer eingestuft werden.
Erfolge hochhalten, Netzwerk pflegen
Laufbahnberater Georg Weidmann kennt die Problematik rund um ältere Arbeitskräfte aufgrund seiner langjährigen beruflichen Erfahrung und seines Engagements bei der Terzstiftung.
Mit einem Bierdeckel forderte er die rund 100 Teilnehmer gleich zu Beginn heraus: Man könne durchaus auch «mal in der Beiz» auf einem Bierdeckel zeichnen, welche persönliche Entwicklung man sich vorstellen könne. Damit verdeutlichte er den Führungs- und Integrationsfachkräften, dass auch sie die komplexe Problematik zwischendurch erfrischend einfach angehen können, um für betroffene Arbeitslose neue Lösungen zu finden.
Wichtig sei die lebenslange Weiterentwicklung. Es gehe darum, Erfolge zu würdigen, die Widerstandsfähigkeit zu stärken, aus Fehlern zu lernen, achtsam und reflektiert zu sein, mit Unsicherheiten umgehen zu lernen und das Netzwerk zu pflegen. Deshalb erachte er das Kompass Forum für Wirtschaft und Arbeitsintegration als besonders hilfreich.
Auch Unternehmen sind gefragt
In einem Podiumsgespräch wurde das Tagungsthema unter der Leitung von Kompass-Präsident Roman Salzmann vertieft: Monika Laib, Amriswiler Floristikunternehmerin und Kompass-Vorstandsmitglied sagte, dass es auch vonseiten der Unternehmen Mut brauche. Sie habe positive Erfahrungen mit Mitarbeitern gemacht, die zu Beginn nicht alle Qualifikationen mitbrachten.
«Wenn man sich Zeit nimmt, Leute anzulernen, können sie im wahrsten Sinn des Wortes aufblühen.» Der Thurgauer Regierungsrat Walter Schönholzer appellierte auch an grosse Unternehmen, sich ehrlich für die Mitarbeiter zu interessieren. Er gab offen zu, dass er vor seinem Wechsel in die Politik selbst einmal das Gefühl hatte, nicht mehr gefragt zu sein. Letztlich habe ihn seine Frau ermutigt, etwas ganz Neues anzupacken, worüber er heute sehr dankbar sei.
Jérôme Müggler, Direktor der Industrie- und Handelskammer Thurgau, machte älteren Arbeitnehmern Mut: «Die Ostschweizer Unternehmen suchen derzeit viele neue Arbeitskräfte.» In diesem Umfeld sehe er gute Chancen, dass sich auch für ältere Arbeitnehmer neue Türen öffnen.
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Arbeitskraftpotenzial besser nutzen
Die Herausforderungen und Veränderungen in der Wirtschaft und der Arbeitsintegration beleuchtete abschliessend Daniel Wessner, Leiter des Thurgauer Amts für Wirtschaft und Arbeit (AWA): Er stimmte zu, dass das bestehende Arbeitskraftpotenzial angesichts des Fachkräftemangels künftig besser genutzt werden müsse. Eine Schweizer Studie habe jüngst gezeigt, dass Unternehmen die fachliche Kompetenz und Arbeitsleistung von älteren Arbeitnehmern ausdrücklich loben.
Potenzial machen sie hingegen in Bezug auf Informatikkenntnisse, Lernbereitschaft und Flexibilität aus. Diesbezüglich sei das AWA in Zusammenarbeit mit den Arbeitsintegrationsinstitutionen wie dem Kompass als Coach und Vermittler weiterhin gefordert.