Gast-Kommentar

Is this time different?

Is this time different?
Alessandro Sgro
Lesezeit: 3 Minuten

Die Korrektur an den Aktienmärkten war schnell und heftig. Donald Trump crashte mit viel ideologischem Kalkül die Börsenparty vehement wie ein Elefant im Porzellanladen. Seine unberechenbare Machtpolitik schürt Ängste und Sorgen über die wirtschaftliche Entwicklung. Sie ähnelt einer Zäsur im globalen Handel mit ernsthaften Auswirkungen. Doch kommt es diesmal wirklich anders oder erholen sich die Märkte wieder? Ein Blick in die Anatomie der Finanzmärkte zeigt Beruhigendes: Gewisse Muster wiederholen sich immer wieder, bilanziert Alessandro Sgro in der LEADER-Finanzkolumne «Inside financial markets».

Text: Alessandro Sgro, Chief Investment Officer Cronberg AG

Ob Black Monday, Asienkrise, Dotcom-Blase, Subprime-Krise, Euro-Schuldenkrise, Covid-Pandemie oder der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine: Gross war die Verunsicherung und später die Angst als jeweils erstmals öffentlich über ernsthafte Probleme oder mögliche Auswirkungen einer Krise an den Finanzmärkten gesprochen wurde.

Die Liste dieser Krisen könnte beliebig verlängert werden. Und jedes Mal stellt sich dieselbe Frage: Kommt es diesmal anders? Doch die Muster im Verlauf einer Krise ähneln sich immer wieder. Auf Verunsicherung folgt Angst, die auf dem Höhepunkt vielfach in Panik endet. Danach – quasi zum Zeitpunkt, als der Markt den Boden findet – beginnt die allmähliche Erholung.

Aktienmärkte bewegen sich nicht linear, sondern in Zick-Zack-Wellen. Phasen des stetigen Wachstums werden durch plötzliche Rückschläge unterbrochen. Die Preisdynamik der Finanzmärkte ähnelt dem Aufbau und Verlust von Vertrauen – einem fragilen Spiel zwischen Angst und Zuversicht. Vertrauen und Optimismus wächst meist langsam über Jahre.

Plötzliche Schocks kommen rasch und unverhofft. Dabei spielt der Faktor Mensch und dessen Psychologie eine zentrale Rolle. Letztlich agieren an den Märkten Menschen, deren Entscheidungen oft emotional geprägt sind – was immer wieder zu Übertreibungen und irrationalen Reaktionen führt. Langfristig aber sind es die wirtschaftlichen Fundamentaldaten, insbesondere die Ertragskraft robuster und innovativer Geschäftsmodelle, die den nachhaltigen Erfolg bestimmen.

Der Fokus beim Investieren sollte auf Unternehmen mit besonders robusten Geschäftsmodellen liegen. Denn sie sind widerstandsfähig. Sie schaffen es, auch inmitten des Trubels stabile Erträge zu erwirtschaften – oftmals sogar entgegen dem allgemeinen Markttrend. Das gilt aktuell auch für amerikanische Aktien.

Obwohl der Gesamtmarkt im Jahresverlauf eine negative Performance ausweist, brillierten einige US-Unternehmen wie Brown & Brown, Arthur J. Gallagher, W.R. Berkley, Autozone oder Republic Services mit einer überdurchschnittlichen Performance. Gerade in Phasen erhöhter Volatilität ist neben einer breiten Diversifikation die Selektion von entscheidender Bedeutung. Bei all der vorherrschenden Unsicherheit ist es folglich nicht die Frage, ob man investieren soll, sondern wie – zumal der langfristige Aufwärtstrend intakt ist.

Gewiss, der Start ins Börsenjahr 2025 war heftig und schwankungsreich. Die ständige Androhung und Auferlegung von neuen Zöllen in verschiedenste Richtungen sowie das teilweise Zurückkrebsen belasten nicht nur internationale Handelsbeziehungen, sondern schüren auch die Nervosität und Unsicherheit an den Märkten.

Die Korrekturen an den globalen Finanzmärkten waren in der Geschwindigkeit beeindruckend. Die Vehemenz und Entschlossenheit der neuen US-Regierung ebenfalls. Was wiederum wie in der Vergangenheit die verständliche Frage aufwirft: Kommt es diesmal anders? Wohl eher nicht. Denn am Schluss sind es starke strukturelle Trends und Marktmechanismen, denen sich auch eine US-Regierung nicht über eine lange Zeit stellen kann.

Die langjährige Lehre und Praxis zur Anatomie der Finanzmärkte lehrt Anlegerinnen und Anleger vieles. Sie – und damit die Finanzmärkte als Ganzes – mögen zwar keine Unsicherheit, aber sie sind auf die lange Dauer widerstandsfähig. Kurzfristige Schocks können Panik auslösen. Das ist verständlich und menschlich.

Gerade in unruhigen Phasen ist Disziplin und Weitsicht gefordert. Marktkorrekturen gehören zum Investieren dazu. Das Positive: Unruhige Phasen sind oft nur von begrenzter Dauer. Wer langfristig investiert und sich nicht von kurzfristiger Volatilität verunsichern lässt, hat historisch betrachtet die besten Chancen auf nachhaltigen Erfolg. Der langfristige Verlauf des S&P 500 veranschaulicht dies eindrücklich: Selbst nach Phasen deutlicher Korrekturen – wie nach der grossen Finanzkrise im Jahr 2008 – gelingt es den Aktienmärkten immer wieder, neue Höchststände zu erreichen.

Wer sich in solchen Momenten nicht von kurzfristiger Unsicherheit leiten lässt, sondern den Fokus auf das grosse Ganze behält, gut diversifiziert ist und die Anlagestrategie auf die persönliche Situation abgestimmt hat, wird langfristig mit einer positiven Performance belohnt.

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