Innovativer Metallbau aus dem Homeoffice
Inmitten von Basel entsteht derzeit ein Neubau für das Naturhistorische Museum und das Staatsarchiv Basel-Stadt. Es soll das modernste Museum der Welt werden, wie es in einem SRF-Beitrag heisst. An diesem Museumsbau ist auch die Aepli Metallbau AG in Gossau beteiligt. Sie ist für die verschiedenen Innen- und Aussenbekleidungen in Metall und Glas, den Sonnenschutz im Aussenbereich sowie den Einbau von Fenstern und Türen verantwortlich. Die Konstruktionen sind besonders und dementsprechend aufwendig in ihrer Herstellung.
Ein grosser Teil davon hat Giulia Giannetta gezeichnet. Die 30-jährige Metallbaukonstrukteurin arbeitet für die Aepli Metallbau AG seit gut zwei Jahren an diesem Bauvorhaben. Es sei äusserst spannend, bei einem solch grossen Projekt von Anfang an mit dabei zu sein, sagt sie. «Aktuell befinden wir uns mit unserer Konstruktion- und Produktionsarbeit in der Schlussphase.» Bis der Neubau schliesslich eröffnet wird, dauert es aber noch etwas.
Der Museumsbau in Basel gehört zu den grösseren Projekten, die Giannetta mitkonstruiert hat. Ein weiteres ist das Polizei- und Justizzentrum des Kantons Zürich, das vor gut zwei Jahren eingeweiht wurde. Daneben war sie an vielen weiteren Aufträgen in der ganzen Schweiz beteiligt. «Das fertige Gebäude zu sehen und zu begreifen, dass ich daran mitgearbeitet habe, ist ein schönes Gefühl», sagt sie und lächelt. Giulia Giannetta arbeitet seit bald zehn Jahren bei der Gossauer Metallbaufirma. Gelernt hat sie den Beruf der Schreinerin. Nach der vierjährigen Ausbildung entschied sie sich für eine zweite Lehre. «Ich wollte mehr im Büro arbeiten, aber als Schreinerin ist das nicht möglich.» Trotzdem war sie sich sicher, dass sie im handwerklichen Bereich bleiben möchte. Sie wählte den Beruf der Metallbaukonstrukteurin und bekam bei der Firma Aepli die Möglichkeit, die Lehre in drei statt vier Jahren zu absolvieren. «Eine Zusatzlehre dauert meistens zwei Jahre. Kommt man aber wie ich aus einem branchenfremden Umfeld, ist es üblich, ein weiteres Jahr anzuhängen», sagt sie.
Nach Abschluss der Ausbildung durfte sie im Unternehmen bleiben, was sie besonders freute, da bereits ihr Vater ein langjähriger Mitarbeiter der Aepli Metallbau AG ist. «Ich bin mit dem Unternehmen aufgewachsen», sagt sie. «Als ich noch ein Kind war, hat mein Vater immer wieder von der Arbeit erzählt. Er nahm mich auch am Vater-Tochter-Tag mit und ich bekam damals einen ersten Einblick ins Unternehmen.» Mittlerweile arbeitet auch ihr Mann im Betrieb. «Ja, wir sind eine richtige Aepli-Familie», sagt sie und lacht.
In einer Männerdomäne
Die Aepli Metallbau AG ist bekannt für ihre innovativen Fassadenlösungen und Metallbauprojekte und hat sich in ihrer über 100-jährigen Geschichte zu einem der grössten Unternehmen der Fassaden- und Metallbaubranche der Schweiz entwickelt. Bekannte Bauten in der Region der letzten Jahre sind: das HSG Learning Center Square in St.Gallen, das Innovation Center der VAT in Haag, der Erweiterungsbau der Metrohm AG in Herisau oder das Haus 25 des Kantonsspitals St.Gallen. Das Unternehmen mit Hauptsitz im Industriegebiet Sommerau in Gossau und einer Niederlassung in Baar im Kanton Zug beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und 18 Lehrlinge. Das Konstruktionsteam mit Giulia Giannetta besteht aus 14 Angestellten und acht Lehrlingen. Der Beruf des Metallbaukonstrukteurs ist nach wie vor eine Männerdomäne: Von den 14 Mitarbeitern sind drei Frauen. Bei den Lehrlingen sind es zwei. Für Giannetta ist das «kein Problem». Sie fühlt sich im Team hundert Prozent akzeptiert und glaubt nicht, dass das Geschlecht im Arbeitsalltag eine Rolle spielt. «Es kommt auf die Leistung und nicht auf das Geschlecht an», ist sie überzeugt.
Die meiste Zeit der Arbeit verbringt die junge Frau am Computer. Bevor sie zu zeichnen beginnt, schaut sie sich zusammen mit der Person, die innerhalb des Unternehmens die Leitung für das entsprechende Projekt innehat, den Auftrag samt Leistungsverzeichnis und Bauplänen genauestens durch. «Wir versuchen immer, die Wünsche der Bauherrschaft zusammen mit den Planern umzusetzen.» Dies sei zwar manchmal eine Herausforderung, aber sie hätten diese bis anhin immer gemeinsam gemeistert. «Diskussionen gehören dazu, und wir haben immer gute Lösungen finden können.»
Ein Plan für jedes Bauteil
Dann macht sich Giulia Giannetta ans Konstruieren: Mit CAD-Programmen in 2D oder 3D zeichnet sie den gesamten Metall- und Stahlbau. Dazu gehören Aussenfassaden, Innenbekleidungen und Tragkonstruktionen ebenso wie Fenster, Türen, Tore, Treppen und Geländer. Sind die Pläne fertig erstellt, gehen sie zurück an den Architekten oder die Architektin zur Genehmigung. Ist deren Okay da, werden die Pläne in die Abteilung Arbeitsvorbereitung, die sogenannte AVOR, weitergeleitet. Die AVOR umfasst alle innerbetrieblichen Massnahmen, die zur Vorbereitung der Fertigung der unterschiedlichen Elemente erforderlich sind. Für Giannetta heisst das: Für jedes einzelne Bauteil muss sie einen separaten Plan erstellen. Auf diesem sind beispielsweise die Löcher oder Abwicklungen genauestens eingezeichnet. Die Pläne dienen als Vorlage für die Produktion der verschiedenen Bauteile. Bevor die Maschinen zu produzieren beginnen, werden Pläne und Bestelllisten mit Angaben zu Materialien und deren genauen Längen, Anzahl und Bearbeitungsart angefertigt.
Die Metallbaukonstrukteurin begleitet den gesamten Prozess: von der Konstruktion bis zur Fertigung. «Ich arbeite zwar viel allein am Computer, bin aber auch oft im Austausch mit meinen Kollegen und externen Fachleuten. Diese Abwechslung gefällt mir», sagt sie. Auch die Konstruktionen seien vielfältig. «Ich kann nicht einfach eine Schublade öffnen und einen Plan herausziehen. Jedes Projekt, jede Konstruktion ist anders, und das macht meine Arbeit interessant.»
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Tagsüber Kinder betreuen, abends konstruieren
Giulia Giannetta wohnt mit ihrer Familie in Herisau. Die Mutter von drei Kindern im Alter von fünf, drei und zwei Jahren arbeitet in einem Teilzeit-Pensum von 50 Prozent. Seit Anfang dieses Jahres kann sie einen grossen Teil ihrer Tätigkeit im Homeoffice erledigen: Einen Tag in der Woche ist sie im Büro, die restliche Zeit zu Hause. Dafür hat ihr der Arbeitgeber alle nötigen Arbeitsgeräte und PC-Programme zur Verfügung gestellt. «Ich weiss es sehr zu schätzen, dass mir die Aepli AG das ermöglicht», sagt sie. So hat sie die Möglichkeit, ihre Kinder zu betreuen und trotzdem in einem für sie idealen Pensum weiterzuarbeiten. «Damit verliere ich auch den Anschluss im Berufsleben nicht.»
Zu Hause arbeitet sie meistens abends, wenn die Kinder im Bett sind, oder am Wochenende. Ist sie dann nicht zu müde? Sie winkt ab. «Mit drei kleinen Kindern ist man sich an wenig Schlaf gewöhnt», sagt sie und lacht. Das mache ihr wenig aus. Ausserdem sei das nicht für immer so. «In ein paar Jahren gehen alle drei in den Kindergarten oder in die Schule. Dann kann ich auch tagsüber wieder mehr arbeiten.»
Text: Marion Loher
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer