Der Seilbähnler, der auch Gästebetreuer ist

Der Seilbähnler, der auch Gästebetreuer ist
Dominik Husistein
Lesezeit: 5 Minuten

Er überwacht die Fahrten auf den Kronberg, repariert kaputte Backöfen und beantwortet die Fragen der Gäste: Dominik Husistein ist mehr als ein Seilbähnler – und genau das ist es, was ihm an seiner Arbeit gefällt.

Dominik Husistein sitzt an seinem Arbeitsplatz im Kommandoraum der Bergstation Kronberg und schaut prüfend aus dem Fenster in Richtung Himmel. In der letzten halben Stunde sind dunkle Wolken aufgezogen, es regnet und der Wind weht kräftig. Zudem ist ein Gewitter im Anmarsch, erste Blitze sind am Horizont bereits sichtbar. Husistein prüft den Wetterradar, kontrolliert die Daten der betriebsinternen Messung und gibt seiner Kollegin, die die Passagiere in der Luftseilbahn nach oben und nach unten begleitet, per Funk die Anweisung, mit der nächsten Bahnfahrt noch etwas zu warten.

«Der Wind ist momentan zu stark für eine sichere Bahnfahrt», begründet er seinen Entscheid. Das Gewitter hingegen sei weniger entscheidend. «Für die Menschen in der Kabine ist es nicht gefährlich, da diese wie ein Faradayscher Käfig wirkt und der Blitz abgeleitet wird.» Zehn Minuten später hat sich der Wind gelegt und das Gewitter verzogen. Husistein gibt der Kollegin sein Okay. Die Seilbahn kann ihre Fahrt wieder aufnehmen.

Arbeitsplatz auf 1662 Metern über Meer

Seit sechs Jahren arbeitet Dominik Husistein als Technischer Mitarbeiter bei der Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg AG, die seit Mai dieses Jahres Kronberg AG heisst. Husistein ist mittlerweile zum Stellvertreter des Technischen Leiters aufgestiegen und vertritt diesen, wenn er berufsbedingt oder ferienhalber abwesend ist.

Der Arbeitsplatz des 42-Jährigen, der mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern im ausserrhodischen Stein lebt, befindet sich hoch oben, auf 1662 Metern über Meer. Hier hat er durch die grosse Fensterfront nicht nur die fahrenden Kabinen im Blick, sondern auch weite Teile des Appenzellerlands bis zum Bodensee. Der gelernte Elektriker ist als Maschinist im Technik-Team zuständig für die Instandhaltung der Infrastruktur. Er betreut die elektrischen sowie die Sanitär- und Heizungsanlagen im Kontext der Luftseilbahn und allen anderen Gebäuden wie das Restaurant auf dem Berg und verschiedene Attraktionen wie die Rodelbahn im Tal. Zudem steuert er regelmässig auch die Kabine der Luftseilbahn vor Ort nach oben und wieder hinunter.

«Die erste Bergfahrt am Morgen macht jeweils einer unserer Bähnler mit dem Personal des Restaurants», erzählt er. «Bei der zweiten Fahrt, die gleichzeitig die erste mit Gästen ist, bin ich meistens dabei.» Ob er danach weitere Fahrten begleitet, hängt von der Arbeit ab, die er sonst noch während des Tages zu erledigen hat. Nur die Ablöse um die Mittagszeit herum, die übernimmt er jeweils, damit der Kollege oder die Kollegin die Essenspause geniessen kann.

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«Die erste Bergfahrt am Morgen macht einer unserer Bähnler mit dem Personal des Restaurants.»

Bevor er jedoch am Morgen mit der Bahn auf den Berg fährt, beginnt er, seine tägliche Kontroll-Checkliste abzuarbeiten. Das ist eine seiner wichtigsten Arbeiten, da sie eine der zentralen Sicherheitsmassnahmen ist. Auf der Checkliste sind 65 Punkte festgehalten, die es zu überprüfen gibt. Einer davon ist das Zugseil. Dieses wird an der Talstation abgespannt und über einen Flaschenzug, der mit einem 16-Tonnen-Gewicht versehen ist, gespannt. «Das Gewicht hat die Zusatzfunktion, dass es das Schwanken des Zugseils ausgleicht», sagt er. «Ich schaue jeden Morgen, ob es auf der richtigen Höhe ist. So sehe ich bereits vor der ersten Dienstfahrt, ob etwas mit dem Zugseil nicht in Ordnung ist, und ich kann sofort reagieren.»

Weiter kontrolliert der Maschinist, ob die Bahn richtig anfährt und auf die verschiedenen Bremsarten reagiert sowie ob die Signalübertragung der gesamten Luftseilbahn funktioniert. Danach fährt er auf den Berg und macht oben mit dem Kontrollgang weiter. Dabei werden etwa die Wetter-Daten, die die betriebseigene Station misst, mit den Daten anderer Wetterdienste verglichen und im Maschinenraum werden die Seilscheiben auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft. Diese Scheiben befinden sich in den beiden Stationen der Seilbahn und sorgen dafür, dass das Seil die nötige Umlenkung erhält, damit die Kabinen entlang der Strecke bewegt werden können. Hat Husistein seine Tages-Checkliste abgearbeitet, beginnt die Überwachung der Bahnfahrten.

Mehr als ein Seilbähnler

Die Luftseilbahn auf den Kronberg gibt es seit 60 Jahren. Das Unternehmen, das damals gleichzeitig gegründet wurde, ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und besteht mittlerweile nicht mehr bloss aus der Luftseilbahn, sondern aus zwei weiteren Geschäftsbereichen, den Attraktionen und den Gastronomiebetrieben. Letztere befinden sich sowohl auf dem Berg als auch im Tal. Ebenfalls bei der Talstation gibt es eine Sommerrodelbahn, einen Zipline-Park und einen Abenteuerspielplatz mit einer Trampolin-Anlage, einer Slackline und einem «Sturmholz»- Balancierparcours.

Trotz bewölktem Himmel und kühleren Temperaturen nehmen an diesem Morgen im August zahlreiche Menschen die Seilbahn auf den Berg: Familien mit Kleinkindern, Pensionierte, Grosseltern mit Enkelkindern. Innerhalb von zehn Minuten gelangen sie so vom Tal in die 3250 Metern entfernte Bergstation und überwinden dabei rund 770 Höhenmeter.

Einige Gäste wollen auf dem Berg lediglich im Restaurant etwas essen und die Aussicht, die an diesem Tag zwar etwas getrübt ist, geniessen. Die anderen halten trotz leichtem Regen an ihrem Vorhaben fest und wandern zurück ins Tal. «Wir sind gut ausgerüstet», sagt ein Vater, der mit seinem Sohn gerade aus der Kabine gestiegen ist. «Zudem soll das Wetter heute gemäss Vorhersagen wieder besser werden.» Die ersten Anzeichen dafür sind am Himmel bereits erkennbar. Vater und Sohn ziehen sich ihre Fliessjacke über und machen sich auf in Richtung Berggasthaus Scheidegg.

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«Ich liebe diese Abwechslung»

Bevor es für Dominik Husistein wieder ins Tal geht, muss er noch verschiedene Tests, die im Rahmen der monatlichen Seilbahnkontrolle obligatorisch sind, durchführen. Dazu gehört unter anderem die Überprüfung der Kabinen-Einfahrt. «Bei diesem Test kontrollieren wir, ob die Kabine auch richtig abbremst, bevor sie in die Station einfährt», erklärt er. Hierfür gebe es vier Fixpunkte, die bei der Überprüfungsfahrt antizipiert werden müssten. «Werden diese Punkte eingehalten, heisst das für uns, die Kabine bremst an den richtigen Orten – und es ist alles in Ordnung.»

Regelmässig muss der Maschinist jedoch seine Kontrollgänge unterbrechen. Dann zum Beispiel, wenn im Restaurant oder in der Küche des Berggasthauses ein elektrisches Problem auftritt und das Wissen des Experten gefragt ist. Oder wenn ein Gast nun doch nicht den Berg hinunterwandern möchte und ein Rückfahrt-Ticket mit der Seilbahn lösen will. «Ich kümmere mich um kaputte Backöfen ebenso wie um unser kleines Kassen-Häuschen oder gebe Auskunft zum Rätselweg», sagt Husistein und lacht.

Doch genau das ist es, was er an seiner Arbeit besonders mag. «Ich liebe diese Abwechslung. Jeder Tag ist anders», sagt er und fügt mit einem Augenzwinkern an: «Bei schlechtem Wetter bin ich meistens handwerklich tätig; bei gutem Wetter betreue ich oft auch die Gäste.»

Am schönsten ist für ihn jeweils die erste Fahrt am Morgen auf den Berg. Dann geniesst er die Ruhe (vor dem Sturm) und hält Ausschau nach Wildtieren. Dabei habe er schon Rehe und Birkhühner gesehen, und einmal sogar den Luchs. «Das war ein unvergessliches Erlebnis.»

Text: Marion Loher

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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