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Mit Vollgas an die europäische Spitze

Mit Vollgas an die europäische Spitze
Alexander Hagemann
Lesezeit: 4 Minuten

Cicor aus Bronschhofen (20 Standorte, 3200 Mitarbeiter weltweit) hat sich auf Electronic Manufacturing Services, Leiterplatten und Hybridschaltungen spezialisiert. Ihre Produkte und Dienste bilden die Basis für eine Vielzahl von elektronischen Geräten, sei es in Hörgeräten, High-Performance-Chips oder Kampfjets. Entstanden ist die Gruppe durch Zukäufe, die CEO Alexander Hagemann geformt hat. Alleine in den vergangenen drei Monatenstiessen TT Electronics, Evolution Medtec und STS Defence zum Ostschweizer Anbieter von elektronischen Gesamtlösungen.

Im Gespräch mit dem LEADER legt Cicor-CEO Alexander Hagemann die strategischen Hintergründe der jüngsten Unternehmensakquisitionen dar: «In einer ersten Phase der Unternehmensentwicklung seit 2016 haben wir die Cicor-Gruppe operativ gestärkt und zu einer guten Profitabilität geführt. Seit 2021 läuft die zweite Phase, während der wir die europäische Marktführerschaft in den Zielmärkten Medizintechnik, Industrieelektronik sowie Luft-/Raumfahrt und Verteidigung anstreben.» Die aktuellen Zukäufe seien wichtige Schritte dahin. «So konnten wir im Bereich LRV bereits die Nummer 1 in Europa werden. Gleichzeitig werden wir immer mehr zu einem Entwicklungspartner unserer Kunden – und mit den jüngsten Akquisitionen konnten wir unsere Entwicklungskapazitäten verdoppeln.»

«Wir erwarten weiterhin wachsende Geschäfte im Defence-Bereich.»

Häufiger «Nein» als «Ja»

Und wie will Cicor die neu erworbenen Unternehmen in die bestehende Struktur und Kultur integrieren? «Wir gehen bereits bei der Auswahl von Unternehmen sehr selektiv vor; die meisten vorgeschlagenen Projekte lehnen wir schon früh ab. Dabei legen wir grossen Wert auf eine Unternehmenskultur, die zu Cicor passt. Damit sind wir bislang sehr gut gefahren.» Cicor sei als Gruppe recht dezentral aufgestellt, mit flachen Hierarchien und unternehmerischer Verantwortung in den einzelnen Betrieben.

«In unserer Integrationsarbeit verfolgen wir neben der unumgänglichen Integration der Finanz- und IT-Prozesse auch eine enge Koordination übergreifender Prozesse, wie im Einkauf oder der Betreuung wichtiger Kunden. Die operative Exzellenz steigern wir durch gegenseitigen Austausch von Best Practice, wobei wir auch in den neu akquirierten Betrieben ausgezeichnete Lösungen finden.»

Langfristiges Ziel ist dabei die europäische Marktführerschaft in den Cicor-Zielmärkten, «um ein starker strategischer Partner für unsere Kunden zu sein». Dazu gehörten exzellente Prozesse, eine gewisse Grösse, ein international aufgestelltes Produktionsnetzwerk sowie ein breites Lösungsangebot. Schlussendlich werde das zu fortgesetztem organischem Wachstum mit weiter gesteigerter Profitabilität führen, ist der Cicor-CEO überzeugt.

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Seit Langem in der Rüstung tätig

Die Frage, ob das vermehrte Engagement im Defence-Bereich eine direkte Folge der aktuellen Unruhen sei, verneint Alexander Hagemann: «Seit Beginn der 1990er-Jahre haben viele europäische Nationen die Investitionen in die eigene Sicherheit stark zurückgefahren. Die teilweise Besetzung der Ukraine durch Russland im August 2014 war ein Weckruf, der zu einem Umdenken geführt hat, mit der Folge deutlich gesteigerter Budgets für Verteidigung. Wir haben unser Engagement also bereits vor dem Ukrainekrieg verstärkt – und sind jetzt der führende Elektronikhersteller Europas für Luft-/Raumfahrt und Verteidigung.» Cicor erwarte weiterhin wachsende Geschäfte im Defence-Bereich, weil der Nachholbedarf «nach 30 Jahren der Vernachlässigung» enorm hoch sei.

Sieht Hagemann Cicor im Zug der weltweit gestiegenen Rüstungsausgaben also als Profiteur dieser Entwicklung? «Wir sind ein zuverlässiger Partner für führende Unternehmen aus denjenigen demokratischen Ländern, die den Ausbau ihrer Sicherheitsinfrastruktur ernst nehmen. Also ja – als europäischer Marktführer profitieren wir damit von den deutlichen Steigerungen der Investitionen in Verteidigungsgüter.»

«Die Integration umfasst jeweils auch den Austausch von Best Practices.»

Zurück nach Europa

Hagemann macht noch auf einen weiteren Faktor der aktuellen globalen wirtschaftlichen Bedingungen und deren Einfluss auf Cicor aufmerksam: «Der für uns bedeutendste Trend ist die teilweise Rückverlagerung der Produktion nach Europa sowie die Diversifikation der asiatischen Lieferketten. Cicor ist dafür mit den Standorten in Rumänien, Tunesien, Vietnam und Indonesien bestens aufgestellt.» Das grösste Wachstumspotenzial in naher Zukunft sieht der CEO in der Medizintechnik, bei Wearable Devices, in Smart Building und Luft-/Raumfahrt sowie Verteidigung, wo «Cicor überall nachhaltig wachsen will». Der Fachkräftemangel betrifft Cicor nicht zu stark: «Wir haben tatsächlich nur wenig Probleme mit dem Fachkräftemangel und können die offenen Stellen besetzen. Ich führe das auf unsere offene und dynamische Unternehmenskultur und die positive Entwicklung der Cicor-Gruppe zurück.» Wichtig sei aber auch, dass Cicor ein überschaubares Unternehmen ist, bei dem die Angestellten immer einen direkten Bezug zum Produkt haben, was «zu einer guten Identifikation mit dem Unternehmen» führe.

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Preissteigerungen werden akzeptiert

Gegen Preissteigerungen bei den Produktionskosten ist allerdings auch Cicor nicht gefeit: «Gegen die Steigerung der Materialkosten können wir kaum etwas unternehmen; diese Steigerungen werden umgehend an Kunden weitergegeben. Das wird in aller Regel auch problemlos akzeptiert. Höhere Produktionskosten mildern wir durch konsequente Massnahmen zur operativen Exzellenz ab: Automatisierung der Fertigung und Digitalisierung unserer Abläufe haben eine hohe Priorität bei Cicor.» Kein Wunder, geht Cicor zügig in der Digitalisierung zentraler Unternehmensabläufe voran, teilweise auch mithilfe von AI-basierten Lösungen. «Dadurch lassen sich bislang kaum vorstellbare Potenziale auch in den administrativen Prozessen realisieren», so der CEO.

Abschliessend teilte Alexander Hagemann die Lektionen, die er aus den jüngsten wirtschaftlichen Herausforderungen gelernt hat: «Wir sind ein wichtiger Partner für unsere Kunden, um deren Geschäft auch in komplexen Situationen zu sichern. Durch unser globales Produktionsnetzwerk und die präzisen Kenntnisse der Lieferketten können wir diese Sicherheit schaffen. Die wichtigste Lektion ist daher, dass unser Versprechen funktioniert: Cicor ist auch in Krisensituationen zuverlässig und sichert damit das Geschäftsmodell unserer Kunden ab.»

Text: Stephan Ziegler

Bild: Stéphanie Engeler

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