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Hohe Preise, lange Wartefristen

Hohe Preise,  lange Wartefristen
Jérôme Müggler und Markus Bänziger: Fachkräftemangel akzentuiert sich.
Lesezeit: 3 Minuten

Die Unternehmen der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) in der Ostschweiz schätzen die Geschäftslage weiterhin als gut ein. Dies zeigt die neuste Analyse der IHK St.Gallen-Appenzell und der IHK Thurgau. Deren Direktoren Markus Bänziger und Jérôme Müggler interpretieren die Ergebnisse.

«Die gute Geschäftslage der MEM-Unternehmen zeigt sich in einem hohen Auftragsbestand und Bestellungseingang, die beide zuletzt nochmals leicht erhöht werden konnten», freut sich Markus Bänziger, Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell. So hat auch die Anzahl Unternehmen, die von einer ungenügenden Nachfrage betroffen ist, im letzten Quartal erneut abgenommen. «Dies ist insbesondere auf eine erhöhte Auslandnachfrage zurückzuführen. Vor allem die Elektronik- und Elektroindustrie und der Maschinen- und Fahrzeugbau profitierten davon», weiss Jérôme Müggler, Direktor der IHK Thurgau.
Dämpfend wirken hingegen der Krieg in der Ukraine, weiterhin bestehende Lieferengpässe und die hohe Inflation in den USA sowie der EU. Dies zeigt sich gemäss der Analyse auch im Rückgang der Ertragslage. Diese war zum ersten Mal seit über einem Jahr leicht rückläufig. «Ein Grossteil der Unternehmen in der Elektro- und Elektronikindustrie und im Maschinen- und Fahrzeugbau erwartet zwar, dass das wirtschaftliche Wachstum in den kommenden sechs Monaten anhalten dürfte. Es verliert aber etwas an Tempo», hält Bänziger fest.

Lieferengpässe verschärfen sich
Zuletzt verschärften sich die globalen Lieferkettenprobleme. Dies hat zur Folge, dass der Anteil der Unternehmen, die von einem Mangel an Vorprodukten und Materialien betroffen sind, wieder leicht zugenommen hat. Gemäss der aktuellen Umfrage der Konjunkturforschungsstelle KOF sind in der Gesamtschweiz 56 Prozent und in der Region St.Gallen-Appenzell 68 Prozent aller Industriebetriebe betroffen. «Die Lieferengpässe machen allen Unternehmen in der MEM-Industrie zu schaffen», hält Bänziger fest. Schweizweit sind rund 70 Prozent der Unternehmen in der MEM-Industrie von einem Mangel an Vorprodukten und Materialien betroffen. «In der Region St.Gallen-Appenzell ist dieser Anteil mit knapp 75 Prozent gar noch etwas höher», stellt Bänziger fest.
Dies ist einerseits auf die nach wie vor hohe Nachfrage als auch die harte Vorgehensweise der chinesischen Regierung mit gross angelegten Lockdowns zurückzuführen. Letzteres zeigt sich auch in der Anzahl der Containerschiffe, die vor chinesischen Häfen auf den Umschlag warten. Zudem verschärft der Arbeitskräftemangel in der Logistikbranche die Situation weiter. «Dies sind Anzeichen dafür, dass eine Entspannung bei den Lieferfristen noch länger auf sich warten lässt», hält Jérôme Müggler auch im Hinblick auf die Thurgauer MEM-Industrie fest.

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«Der Arbeitskräftemangel ist deutlich ausgeprägter als noch vor der Krise.»

Steigende Preise dämpfen
Gemäss der Analyse werden die anhaltend hohe Nachfrage und die Erschwernisse bei den Lieferketten sowie die Knappheit an Vorprodukten auch im aktuellen Quartal zu weiter steigenden Einkaufpreisen führen. «Gleichzeitig ist zu beobachten, dass zunehmend mehr Unternehmen die gestiegenen Einkaufspreise in Form höherer Verkaufspreise weitergeben», sagt Bänziger.
So stiegen die Verkaufspreise das vierte Quartal in Folge. Dabei ist der Anteil der Unternehmen, die ihre Preise erhöhen werden, nochmals angestiegen und befindet sich mit rund 60 Prozent auf einem Rekordhoch.

Arbeitskräftemangel akzentuiert sich
Gemäss der neusten KOF-Umfrage schätzen die MEM-Unternehmen die Zahl der Beschäftigten in der Gesamtschweiz als auch in der Ostschweiz weiterhin als «angemessen» ein. «Im aktuellen Quartal wird ein Ausbau der Belegschaft erwartet. Er dürfte aber geringer ausfallen als im Vorquartal», hält Bänziger fest. Dies lasse sich einerseits durch die wirtschaftliche Verlangsamung als auch den stark ausgeprägten Arbeitskräftemangel erklären.
«Der Arbeitskräftemangel ist dabei deutlich ausgeprägter als noch vor der Pandemie. Besorgniserregend ist zudem, dass sowohl in der Kernregion Ostschweiz als auch in der Gesamtschweiz der Anteil der Unternehmen in der MEM-Industrie, die von einem Arbeitskräftemangel betroffen sind, sehr nahe am Rekordhoch ist», sagt Müggler. Dies werde sich auf längere Zeit auch nicht verändern. In der Kernregion Ostschweiz sind über 36 Prozent der Unternehmen in der MEM-Industrie von Arbeitskräftemangel betroffen.

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