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Gut vernetzt dank Industriesektoren

Gut vernetzt dank  Industriesektoren
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Die meisten MEM-Unternehmen in der Ostschweiz sind Mitglied bei den Branchenverbänden Swissmechanic oder Swissmem. Bei Swissmem sind die Mitglied-Unternehmen in 27 Industriesektoren unterteilt. Andreas Scherrer, Präsident des Swissmem-Industriesektors Werkzeug- und Formenbau und Inhaber der Werkzeug- und Formenbauspezialistin Büchler Reinli + Spitzli AG in Flawil, weiss, wie Ostschweizer MEM-Unternehmen vom Netzwerk und den Dienstleistungen profitieren können.

Andreas Scherrer, welche Aufgabe haben die Industriesektoren innerhalb von Swissmem?
Die Industriesektoren sind quasi der «Verband im Verband». Konzentriert auf die Bedürfnisse einer klar definierten Interessensgruppe, organisiert er Netzwerkanlässe, bereitet dafür branchenspezifische Statistiken auf, tauscht sich über die aktuelle Marktsituation aus und erstellt Prognosen. Zudem werden Fachseminare und gemeinsame Messeauftritte im Ausland organisiert. Die meisten Industriesektoren sind zudem über einen internationalen Verband organisiert.

Und was bietet «Ihr» Industriesektor ihren Mitgliedern konkret?
Unser Sektor steht allen Firmen offen, die im Bereich Werkzeug- und Formenbau tätig sind. Nebst den erwähnen Dienstleistungen ist es vor allem die Vernetzung mit den anderen Unternehmern, die im Vordergrund steht. Dies kann sehr helfen, wenn man selbst eine Firma führt! Wir treffen uns jährlich mindestens zweimal für einen Austausch zur aktuellen Situation, meist verbunden mit einem Firmenbesuch, bei dem man oft konstruktive Ideen für den eigenen Betrieb mitnehmen kann. Dann bestreiten wir zusammen einige Messen im Ausland, meist über einen Swisspavilion in der Kunststoffindustrie. Zudem organisieren wir jährlich mit der Werkzeugbau-Akademie Aachen ein Fachseminar hier in der Schweiz. International vernetzt sind wir über die Dachorganisation International Special Tooling & Machining Association (ISTMA).

Können Sie etwas zur Bandbreite der Mitglieder sagen?
Diese reicht vom Formenbau im Kunststoffbereich über Werkzeuge zum Stanzen, Feinschneiden und Umformen für Blechteile. Aber auch Schweizer Systemlieferanten für die Branche, Beschichter und Teilehersteller sind bei uns vertreten.

Wie können die Ostschweizer MEM-Mitgliedunternehmen allgemein von Swissmem profitieren?
Swissmem bietet seinen Mitgliedern exklusive Beratungsdienstleistungen im Arbeits-, Wirtschafts- und Exportrecht sowie zu Umwelt- und Energiethemen. Dann unterstützt sie die Firmen bei der Partnersuche in den Fachhochschulen für die Innovationsförderung und bei Innosuisse-Projekten. Zudem hat Swissmem den Leistungsauftrag für die Grundausbildung von acht typischen MEM-Berufe wie zum Beispiel Polymechaniker, Elektroniker, Konstrukteur oder Automatiker. Ein Muss für alle Betriebe, die Lehrlinge in diesen Bereichen ausbilden! Auch für die Weiterbildung hat Swissmem mit der Swissmem Academy eine extra auf die Bedürfnisse der MEM-Branche zugeschnittene Fachschule. Nicht zuletzt profitieren alle MEM-Firmen, auch Nichtmitglieder, vom starken politischen Engagement von Swissmem.

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«Grosses Potenzial sehen wir beim Rekrutieren von weiblichen Lernenden.»

Welche Sorgen plagen die Mitglieder aktuell am meisten?
Auf dem Höhepunkt der Covid-Krise haben die Fachspezia- listen von Swissmem bis zu 600 Beratungen geleistet – pro Woche! Im Zentrum standen Fragen zur Kurzarbeit, zu den Covid-Vorgaben des Bundes sowie sämtliche Fragen rund um das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auch rechtliche Fragen rund um die Vertragserfüllung im Exportgeschäft waren in der Zeit von Lieferunterbrüchen und geschlossenen Grenzen aktuell. Das alles ist in angepasster Form auch heute noch aktuell.

Eine grosse Herausforderung für die MEM-Industrie ist der Fachkräftemangel.
Ja, generell besteht in der MEM-Industrie schon seit einigen Jahren ein Fachkräftemangel. Besonders akut ist es bei Technikern und Ingenieuren. Das hat vor allem demografische Gründe: Zurzeit gehen weit mehr Fachkräfte in Pension, als junge Berufsleute oder Hochschulabsolventen in den Arbeitsmarkt nachrücken. Die Corona-Pandemie hat das Problem nur temporär etwas gedämpft. Die Nachfrage nach Fachkräften wird mit dem Aufschwung wieder zunehmen.

Ein weiteres Problem sind fehlende Lehrlinge: Das Angebot ist hier in der MEM-Industrie aktuell grösser als die Nachfrage nach Lehrstellen.
Wir spüren den Rückgang an Nachfragen, steuern aber mit der Teilnahme an verschiedenen Lehrlingsforen und direktem Kontakt mit Schulen in der Region dagegen. Ein grosses Potenzial sehen wir auch beim Rekrutieren von weiblichen Lernenden, weshalb wir z. B. auch bei den Swiss TecLadies mitmachen und jeweils unsere Türen öffnen, damit die interessierten Mädchen zusammen mit ihren Mentorinnen in unserem Betrieb ein Praxisprojekt durchführen können. Zusammen mit der pädagogischen Hochschule St.Gallen haben wir jährlich zwei Projekte, um den angehenden Oberstufenlehrern die Industrieberufe vorzustellen.

Wieso sind denn MEM-Lehrstellen zurzeit weniger gefragt?
Die MEM-Branche hat Imageprobleme, einerseits wegen negativer Berichterstattung in der Presse, andererseits gelten die MEM-Berufe als verstaubt. Hier muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.

 

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Sie selbst haben eine beachtliche Karriere gemacht – vom Lehrling bei Büchler Reinli + Spitzli AG bis zu deren Geschäftsführer und Inhaber. Was empfehlen Sie jungen Leuten heute, wie sie an ihre Karriereplanung herangehen sollen?
Freude, Leidenschaft und Interesse am Beruf, stete Bereitschaft für neue Herausforderungen und Sonderleistungen sowie Durchhaltewille: Das sind die Zutaten für eine erfolgreiche Karriere.

Können Sie sich noch erinnern, warum Sie sich einst für eine Lehre als Werkzeugmacher bei der damaligen Büchler AG entschieden haben?
Büchler war bei uns in der Familie ein bekannter Name und einer meiner Brüder machte bereits in dieser Firma seine Lehre.

Welches waren, rückblickend, die wichtigsten Entscheide, die Sie in Ihrer Laufbahn gefällt haben?
Mein Entscheid für das MBO im Jahr 2008, der Zukauf der Reinli + Spitzli AG 2014, die Übernahme einer Teilproduktion der Firma System 3R 2015 und die Übernahme der Aemisegger AG Gossau 2018. Vor uns liegt ein weiterer Meilenstein: die Realisierung des Neubaus an der Toggenburgerstrasse.

Und was muss man als Betrieb heute «bieten», um an junge qualifizierte Leute heranzukommen?
Vor allem ein innovatives Umfeld, stetigen Wandel, berufliche Perspektiven, attraktive Arbeitsplätze, einen modernen Maschinenpark und natürlich die Förderung der individuellen beruflichen Fähigkeiten.

Eine grosse Bedeutung hat die Digitalisierung: Die Büchler Reinli + Spitzli AG liess vor rund sieben Jahren von der Fachhochschule St.Gallen eine Software weiterentwickeln, die den Young Leader Award gewann. Damit können die Ressourcen für Aufträge optimal genutzt werden. Ein Wettbewerbsvorteil bis heute?
Einen Wettbewerbsvorteil können wir daraus nicht ableiten. Hingegen wurde dadurch in der Firma bedeutend mehr Transparenz geschaffen. Dem Titel des Projekts – «Den Kosten auf der Spur» – wurde vollumfänglich Rechnung getragen.

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«Zurzeit gehen weit mehr Fachkräfte in Pension, als junge Berufsleute oder Hochschulabsolventen nachrücken.»

Die Büchler Reinli + Spitzli AG hat sich relativ früh «digitalisiert». Ist der Zug für diejenigen Unternehmen schon abgefahren, die sich erst heute darum kümmern?
Nein. Ich glaube, dass man die Digitalisierung zu jedem Zeitpunkt je nach den individuellen Bedürfnissen einführen kann.

Zum Schluss: Wo steht die MEM-Industrie in fünf Jahren?
Grundsätzlich ist die Schweizer MEM-Industrie gut aufgestellt. Sie hat in den letzten 15 Jahren mehrere Krisen bewältigt, trägt nach wie vor über sieben Prozent zum Schweizer BIP bei und beschäftigt in der Schweiz über 313 000 Menschen. Auch wenn derzeit viele Unsicherheiten hinsichtlich der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung bestehen, stimmt mich diese Resilienz zuversichtlich. Die MEM-Branche wird auch in fünf Jahren erfolgreich auf den nationalen und internationalen Märkten präsent sein.

Text: Tanja Millius

Bild: Marlies Thurnheer

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