Wirtschaft, Wissenschaft und Schlossromantik

Bereits während seines BWL-Studiums gründete Markus Matuschka von Greiffenclau seine erste Firma für den Import von irischem Lachs. Ein weiterer früher Erfolg war die Entwicklung eines Verfahrens, um aus Ölpalmen-Abfällen Papier-Pulp herzustellen: Bislang wurden viele Millionen Tonnen der leeren Fruchthüllen nach der Ernte weggeworfen.
Dank Matuschka von Greiffenclau wird nun daraus Papier-Pulp hergestellt. Kunden, etwa Papierhersteller, vermischen die Rohmasse wiederum mit Wasser und anderen Fasern und können so die verschiedensten Papiere herstellen. Das ist nachhaltiger und billiger als Pulp aus Holzfasern. Und da von der Ölpalme das ganze Jahr über geerntet wird, ist auch stets genug Rohstoff vorhanden.
Heute ist der Wahl-Thurgauer unter anderem Vorsitzender der Lysando AG aus Liechtenstein, einem Unternehmen, das Designerproteine gegen multiresistente Bakterien entwickelt. Unter seiner Leitung wurden 450 Prototypen von Artilysinen entwickelt und mehrere Lizenzverträge abgeschlossen.
Bakterien sind nicht primär «böse»
Besonders am Herzen liegt dem Grafen seine MyMicrobiome AG in Hauptwil: Das Unternehmen hat sich auf die Zertifizierung Mikrobiom-freundlicher Körperhygieneprodukte, Kosmetika und Textilien spezialisiert – ein Thema, das in der Kosmetik- und Hygieneindustrie zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Denn Produkte wie Duschgels, Shampoos, Deodorants, Zahnpasten, Mundspülungen und Kosmetika müssen heute immer häufiger den Nachweis erbringen, dass sie das empfindliche Gleichgewicht des menschlichen Mikrobioms, also der Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den Menschen «besiedeln» – primär Bakterien –, respektieren.
Das steigende Bewusstsein in der Bevölkerung für die lebenswichtige Rolle von Bakterien hat diesen Trend verstärkt. Lange Zeit galten Bakterien – jeder Mensch trägt davon zwischen zwei und drei Kilo an und in sich herum – primär als «böse» Krankheitserreger, die es zu bekämpfen galt. Doch diese Sichtweise hat sich gewandelt: Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass antibakterielle Wirkstoffe oft mehr Schaden an-richten, als sie nützen, indem sie auch nützliche Mikroorganismen zerstören.
Mit der MyMicrobiome AG setzen sich Markus Matuschka von Greiffenclau und sein Team dafür ein, dass Körperpflegeprodukte die natürliche Balance des Mikrobioms respektieren. Doch die Zertifizierung von Mikrobiom-freundlichen Produkten ist nur der erste Schritt: Ab Ende dieses Jahres will der Graf mit MyMicrobiome Services der Industrie helfen, ihre Produkte kostengünstig Mikrobiom-freundlich zu formulieren.
«Die relevanten Daten, mittlerweile für mehr als 2500 Inhaltsstoffe, haben wir inzwischen in unserer Datenbank – und diese wird mit AI dahingehend ausgewertet, Mikrobiom-freundliche Formulierungen vorherzusagen.» Ein Geschäft mit Zukunft: Denn die Körperhygieneindustrie ist je länger, je mehr darauf angewiesen, nur solche Produkte anzubieten, die das natürliche Bakteriengleichgewicht auf der Haut nicht zerstören.
Matuschka von Greiffenclau sieht sich als praktischen Unternehmer, der auf wissenschaftliche Evidenz und Technologie setzt, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Seine Investitionen in Biotech, alternative Rohstoffe und Lifestyle-Produkte sind Ausdruck dieser Philosophie. Und: Für den Grafen ist die Umsetzung von Innovation, neben einem guten Team, ein zentraler Treiber des Erfolgs. «Innovation bedeutet, kreativ, diszipliniert zu sein und Neues zu wagen.»
«Die Zertifizierung von Mikrobiom-freundlichen Produkten ist nur der erste Schritt.»
Neuer Glanz fürs Schloss Hauptwil
Apropos Innovation: 2020 kaufte Markus Matuschka von Greiffenclau gemeinsam mit seiner Frau Eva-Maria das Schloss Hauptwil im Thurgau. Sechs Jahre lang hatte das Anwesen leer gestanden, bevor das Paar es mit viel Engagement und Liebe zum Detail wiederbelebte. Die dreiteilige Gartenanlage mit Innenhof, Obstgarten und Parterre wurde unter der Leitung der englischen Gartenarchitektin Katharina Labovitch restauriert. Heute erstrahlt der Park in barocker Pracht, mit Ornamenten, Rabatten und einem romantischen Teehäuschen.
Das Schloss Hauptwil wurde zwischen 1664 und 1666 von Hans Jakob Gonzenbach erbaut. Er und sein Bruder Bartholome waren im Leinwandhandel tätig; die Gonzenbachs gehörten damals zu den reichsten Schweizer Kaufmannsfamilien. Sie setzten mit dem Schloss den erreichten sozialen Status für alle sichtbar auch in der Architektur um. Das Gebäude erfüllte mehrere Funktionen – in erster Linie war es Wohn-, Gerichts- und Geschäftssitz, darüber hinaus beherbergte es im unteren Geschoss auch eine Kapelle.
Im Inneren des Schlosses schufen Markus und Eva Markus Matuschka von Greiffenclau mit Möbeln aus Auktionen in Italien, der Schweiz und Japan elegante Räume. Besonders hervorzuheben sind das «Meereszimmer» mit Blick auf die Berge und die japanische Suite, inspiriert von des Grafen ge-schäftlichem Engagement in Asien. Auch historische Elemente wie bleiverglaste Fenster mit Wappen von verwandten Schweizer Familien und Persönlichkeiten wurden liebevoll restauriert.
Das Schlossprojekt war ein ambitioniertes Unterfangen. «Am Anfang war es eigentlich nur Arbeit, ein neues Projekt, das wir rational wie jede Unternehmensgründung angegangen sind», erklärt Matuschka von Greiffenclau. Mit einem klaren Plan, viel Einsatz der Familie und sehr guten hiesigen Handwerkern gelang es, das Schloss und den dazugehörigen Park in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.
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Wie ein Schloss sich selbst tragen kann
Ein besonderes Anliegen ist dem Grafen immer die langfristige finanzielle Absicherung von Projekten. So wurde auch Hauptwil so gestaltet, dass es als Veranstaltungsort und durch Vermietungen Einnahmen generiert.
«Das Schloss muss sich selbst tragen», sagt Matuschka von Greiffenclau. Dazu wurden in den Wirtschaftsgebäuden fünf Wohnungen und fünf Büros saniert. Mit modernster Technik ausgestattet, tragen sie zum Unterhalt des Schlosses bei. Die Wohnungen und Büros sind aber nicht nur Quelle für zusätzliche Einnahmen, sondern auch ein Zeichen dafür, wie historische Gebäude sinnvoll in die moderne Welt integriert werden können.
Für Matuschka von Greiffenclau ist Hauptwil jedoch mehr als ein Investitionsprojekt: Es ist ein Familienprojekt. Seine Eltern zogen ins Schloss, um gemeinsam unter einem Dach zu leben. Die Kinder von Eva-Maria und Markus Matuschka von Greiffenclau sind ebenfalls ein integraler Bestandteil des Projekts: Philipp-Otto, der die strategische Entwicklung von Hauptwil unterstützt, bringt frische Ideen ein, während Florentina das kulturelle Erbe der Familie mit modernen Konzepten verbindet.
«Innovation bedeutet, kreativ, diszipliniert zu sein und Neues zu wagen.»
Das Schloss dient jedoch nicht nur der Familie, sondern auch der Öffentlichkeit: Veranstaltungen wie Hochzeiten, Geburtstage oder Firmenevents können hier stattfinden und machen das Schloss zu einem lebendigen Ort. Ein Beispiel sind auch die «lukullischen Weinproben», die das Grafenpaar zweimonatlich anbietet: Zwölf Gäste geniessen ein Gourmetmenü von Spitzenköchin Bernadette Lisibach aus Lömmenschwil («Neue Blumenau», 17 Gault-Millau-Punkte, ein Michelin-Stern), serviert im prunkvollen Empire-Speisesaal.
Markus Matuschka, Spross der ältesten Weinbaufamilie Europas, hat für jedes Gericht einen seltenen Wein ausgewählt. «Ich möchte Menschen inspirieren, ihren Horizont zu erweitern. Es geht mir um Exploration und darum, einzigartige Erlebnisse und Begegnungen zu schaffen.» Das Paar will durch diese Veranstaltungen den Kontakt zur Nachbarschaft fördern und das Schloss als besonderen Ort zugänglich machen. «Wir sind dankbar in der Schweiz, im Thurgau wohnen zu dürfen.»
Tradition, Innovation und die Fähigkeit, das Beste aus beiden Welten zu vereinen, sind der rote Faden in Markus Matuschka von Greiffenclaus Leben – ob in der Wissenschaft, der Wirtschaft oder in der Romantik eines Schlosses der Spätrenaissance.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer