Medienlandschaft Ostschweiz

Wachstum über strategische Akquisitionen

Wachstum über strategische Akquisitionen
Daniel Ettlinger, Martin Oswald
Lesezeit: 7 Minuten

Aus mehreren lokalen Druckereien und Zeitungsverlagen entstand innert wenigen Jahren das Unternehmen Galledia mit über 400 Mitarbeitern. In der Ostschweizer Medienlandschaft ist Galledia längst ein Player mit Gewicht geworden.

«Wir sind in allen unseren Geschäftsfeldern in rückläufigen Märkten zu Hause», gibt CEO Daniel Ettlinger zu bedenken. Doch im Fall seines Unternehmens gilt offensichtlich: Gegenwind erzeugt Auftrieb. Galledia wächst stark und bezeichnet sich heute selbst als «grösstes unabhängiges Medienhaus der Ostschweiz».

Als Daniel Ettlinger, der zuvor der erweiterten Unternehmensleitung der NZZ-Mediengruppe angehörte und Verlagsservices, Druck und Reichweitenmedien führte, im Februar 2018 zu Galledia stiess, machte das Unternehmen mit rund 250 Angestellten gut 40 Millionen Franken Umsatz. Heute sind 430 Mitarbeiter an zwölf Standorten tätig; der Umsatz 2023 erreichte zwar bisher nicht die angepeilten 100 Millionen, doch über 90 Millionen wurden bereits registriert.

Lokale Zusammenschlüsse

Der Name Galledia tauchte erstmals 2012 auf, als Ostschweizer Joint Venture aus der damaligen Rheintaler Druck und Verlags AG RDV und aus der DF Media (Druckerei Flawil), vorerst als gemeinsame Tochterfirma für den Bogenoffsetdruck. Die RDV in Berneck hatte bereits im Jahr zuvor ihre Tageszeitung «Der Rheintaler» in eine gemeinsame Firma mit der RVA Medien in Altstätten und deren «Rheintalische Volkszeitung» eingebracht. Der Rheintaler erschien weiterhin als eine Regionalausgabe im Tagblatt-Verbund; die Volkszeitung entsprach seither dem mehr oder weniger identischen Regionalteil ohne den überregionalen Mantel. Die Wiler Zeitung der DF Media hingegen wurde 2012 ans Tagblatt, somit an die NZZ-Mediengruppe, verkauft.

2014 schlossen sich RDV und RVA auch im Druckbereich zusammen und bildeten die Rheintal Medien AG. 2015 verkaufte die DF Media ihre Anteile an der Galledia an die Rheintal Medien AG, die nun 100 Prozent von Galledia hielt. 2018 wurde die Rheintal Medien AG konsequenterweise in Galledia Group umfirmiert. Heute gliedert sich Galledia in vier Sparten: Druck, Regionalmedien, Fachmedien und Event.

Trotz der mehrfachen Metamorphosen ist Galledia ein insbesondere im Rheintal lokal verwurzeltes Unternehmen geblieben: Rund 800 Aktionäre zählt die Firma, etwa 300 davon nehmen jeweils auch an der GV teil, die ein bisschen Volksfest-Charakter hat. Der Verwaltungsrat rund um Ankeraktionär Christoph Rohner hält gut 40 Prozent des Aktienkapitals, auch alle Mitglieder der Unternehmensleitung sind Aktionäre. Wer das Unternehmen in der Leitung vertritt, ist auch Miteigentümer.

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«Wenn wir nicht kleiner werden wollen, müssen wir auch weiterhin über Akquisitionen wachsen.»

Beachtliches Wachstum

In den vergangenen Jahren fiel das Unternehmen, das seinen Firmensitz weiterhin in Berneck hat, durch einige bemerkenswerte Akquisitionen auf: 2020 übernimmt sie die Multicolor Print AG in Baar, die zuvor über die NZZ-Mediengruppe zu CH Media kam. Ein Jahr später erwirbt Galledia von CH Media die Mehrheit der Buchs Medien AG mit der Tageszeitung «Werdenberger & Obertoggenburger». 2022 erfolgte der Einstieg beim Portal «Die Ostschweiz»; 2023 übernimmt Galledia die Innerschweizer Kalenderdruckerei Calendaria und die Zürichsee Werbe AG.

Die Sparte Produktion mit zwei grösseren Produktionszentren in Flawil und in Baar ist heute die mit Abstand die grösste Bogenoffset-Druckerei der Schweiz. Knapp 200 Mitarbeiter wickeln im Drei-Schicht-Betrieb etwa 9000 Aufträge ab, darunter 250 Periodika, von vier- bis 52-mal jährlich. Die Produktion mache die Hälfte des Galledia-Umsatzes aus, sagt CEO Daniel Ettlinger: «Wir verstehen uns heute als Medienhaus mit integrierter Produktion.»

Ein wesentlicher Bereich von Galledia sind die Fachmedien mit 20 Verlagsobjekten, bei denen Galledia selbst die Herausgeberin ist. Daneben produziert sie 80 weitere Magazine für Kunden, die À-la-carte-Verlagsservices, Inserateverkauf, Abobewirtschaftung und weitere Dienstleistungen bekommen.

«Es gibt natürlich Synergien mit dem W&O, der nun Teil von unseren Regionalmedien ist.»

Strategische Vorgaben

Das sportliche Wachstum kam in erster Linie durch kluge Zukäufe zustande. «Wir werden über organisches Wachstum etwas Stabilität hinbekommen», sagt Daniel Ettlinger, «aber wenn wir in rückläufigen Märkten als Unternehmen nicht schrumpfen wollen, müssen wir weiterhin über Akquisitionen wachsen.»

Bei jeder Akquisition hat sich Galledia an Stossrichtungen orientiert, die 2018 in einem Strategiefindungsprozess definiert wurden. Dabei wurde für jedes Geschäftsfeld überlegt, wie es vorwärts entwickelt werden kann. Galledia hat den Markt systematisch nach Möglichkeiten abgesucht – aber immer wieder auch mögliche Akquisitionen nicht getätigt, weil sie strategisch nicht passten.

«Wir haben uns auch nicht beirren lassen, als während Corona alles schlechter lief», sagt Daniel Ettlinger. Mitten in der Pandemie, 2021, konnte Galledia im Eventbereich die angestrebte Professionalisierung erreichen, als Reini Frei eine Nachfolge für seine Agentur Freicom suchte. «Das passte strategisch so gut, da konnten wir nicht wegen der Pandemie diese Chance verstreichen lassen.» Galledia ist nun unter anderem Veranstalter des Rheintaler Wirtschaftsforums.

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Magazine als Themen-Cluster

Das eigene Medienportfolio ist in Themencluster geordnet; die übergeordneten Themen werden stets mit mehreren Print-Magazinen, einer Online-Plattform, Social Media und Events abgedeckt. «Wir bauen Ökosysteme um die einzelnen  Themen», erklärt Daniel Ettlnger. Darum will Galledia keine alleinstehenden Titel im Portfolio, die in kein Ökosystem passen. «Es sind uns einige interessante Verlagsobjekte angeboten worden, die wir aber nicht übernommen haben, weil sie thematisch in keinen unserer Cluster passten», sagt Ettlinger.

Das stärkste Cluster hat Galledia im Immobilien- und Baubereich, «da können wir thematisch komplett alles abdecken, von der Entwicklung einer Immobilie bis zu deren Erstellung». Die verschiedenen Magazine haben nicht die gleichen Abonnenten und können passende Artikel untereinander austauschen. Ziel ist auch, den jeweiligen Abonnenten zusätzliche Angebote offerieren zu können, ihnen etwa die Möglichkeit zur Vernetzung anzubieten. Im Bereich Immobilien sind das verschiedene Fachveranstaltungen, etwa der Immo-Dialog. Im Bereich Management und Kommunikation ist der Personaltag ein wichtiger Event, und der Community rund um die Motorrad-Magazine wird unter anderem ein grosser Töff-Test-Tag angeboten.

Wie viele andere Verlage hatte Galledia seine Titel sukzessive auf die Abo-Verwaltungssoftware Asmiq migriert, weil SAP entsprechende Dienste nicht mehr anbot. Doch dann verkündete die Besitzerin von Asmiq, die Post, das System einstellen zu wollen. «Die Post ärgert uns über Jahre, weil sie in einen Bereich eindringt, der nicht zu ihrem Geschäft gehört und in dem sie uns konkurrenziert. Und als sie feststellt, dass sie mit der Aufgabe nicht zurechtkommt, will sie das Unternehmen kurzfristig wieder stilllegen», sagt Daniel Ettlinger. Galledia konnte Asmiq inzwischen übernehmen und vor der Einstellung bewahren. «Die Abo-Verwaltung von Asmiq ist für unser Unternehmen und unsere Medien zentral. Zudem bieten wir diesen Service auch Dritten an. Damit lassen sich die Kosten teilen.»

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«Die Nummer 1 im Valley»

Mit dem Kauf der Aktienmehrheit der Buchs-Medien mit der Tageszeitung Werdenberger & Obertoggenburger von CH Media konnte Galledia die bestehenden Titel Rheintaler und Rheintalische Volkszeitung optimal ergänzen. «Wir sind jetzt die Nummer 1 im Valley», freut sich Martin Oswald, der Verantwortliche für die Regionalmedien in der Galledia-Geschäftsleitung.

Der Deal zog sich allerdings lange hin: CH Media hatte die Fernsehsender der 3-plus-Gruppe von Dominik Kaiser für eine kolportierte dreistellige Millionensumme gekauft. Deshalb hat sich CH-Media-Verleger Peter Wanner von einem Teil des nicht-strategischen Kerngeschäfts trennen wollen. «Wir als potenzielle Käufer haben von Anfang Möglichkeiten im Bereich Druck gesehen, weil wir da skalieren wollten», sagt Ettlinger. Auch bei den Fachmedien und insbesondere den Verbandsmedien entdeckte Galledia Opportunitäten. «Und wir suchten mit dem W&O auch die Erweiterung bei den lokalen Zeitungen.»

Diese Lokalzeitung der Buchs-Medien ist durch Rheintaler und Volkszeitung vom CH-Media-Gebiet abgeschnitten; der Titel wurde auch nie richtig in den Tagblatt-Verbund integriert. Dennoch tat sich Peter Wanner schwer, den W&O abzugeben. Nach der Pandemie nahmen die Unternehmen den Faden wieder auf, und CH Media übergab schliesslich den W&O. «Für uns war das wichtig», sagt Daniel Ettlinger. Als Erstes haben die neuen Besitzer die Grossauflage wieder eingeführt, die es beim W&O nicht mehr gab. «Das wurde von den Inserenten positiv aufgenommen.»

Publizistisch ist der W&O mit Chefredaktor Armando Bianco und seinem Team in Buchs eigenständig, er untersteht wie der Chefredaktor des Rheintalers, Gert Bruderer, dem gemeinsamen Leiter Publizistik, Andreas Rüdisüli. «Es gibt natürlich Synergien mit dem W&O, der nun Teil von unseren Regionalmedien ist», sagt Martin Oswald. «Der Titel ist voll eingebunden in unsere Strategie und Produkte-Entwicklung.» Zusammen kommen die drei Titel auf über 13´000 gedruckte Zeitungen täglich (Rheintaler rund 6000, Rheintalische Volkszeitung 3000, W&O 4000 Exemplare).

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Digitalen Journalismus verkaufen

Die lokalen Titel gibt es aber nicht nur als gedruckte Zeitung, auch Galledia versucht, ihre Inhalte digital zu vermarkten. «Im Bereich der Digital-Abos ist es für uns schwierig, so zu wachsen, wie es grössere Häuser vielleicht können», räumt Oswald ein. «Da fehlt uns auch eine gewisse Professionalisierung. Bei Themen wie Paywall, Customer Journey oder Digital Marketing müssen wir als kleines Verlagshaus das Know-how erst aufbauen.» 

Die Frage lautet bei Galledia letztlich gleich wie in anderen Medienhäusern: Welche Art von Journalismus wird von den Lesern erwartet? Was führt zu einer hohen Lesedauer? Und welche Art von Inhalten führt zu Digital-Abo-Käufen? «Diese Daten haben wir heute», sagt Oswald, der sich auch auf Erkenntnisse einer Digitalisierungsallianz von 40 deutschsprachigen Verlagen stützt. «Entscheidend ist, dass wir die Erkenntnisse in den Alltag tragen und leben.»

Für Martin Oswald ist aber klar: «Wir werden nie die kritische Grösse haben, um all das notwendige Know-how für die Digitalisierung, das ein Medienhaus benötigt, selbst abzubilden.» Deshalb würden in Zukunft Kooperationen mit anderen Medienhäusern noch wichtiger.

Trend zum E-Paper

Eine interessante Entwicklung verzeichnet Galledia bei den Verkäufen von E-Paper-Abos der Lokalzeitungen. «Ich dachte lange, ein E-Paper sei eine Übergangstechnologie, heute glaube ich, es ist mehr als das», sagt Oswald. «Es ist ein wichtiger Technologiesprung für alle, die gerne eine gelayoutete Zeitung haben, und für uns ist es ein Wachstumsmarkt mit einigem Potenzial.»

Die hohen Direktkosten bei Druck und Vertrieb fallen beim E-Paper weg, die redaktionelle Leistung kommt trotzdem zur Geltung. «Und wir behalten die Reichweite im Werbemarkt», betont Daniel Ettlinger. Auch im Lesermarkt sieht Martin Oswald Vorteile: «Beim reinen Digitalabo, das sehr günstig ist, verliert man in drei Monaten 50 Prozent der Neuabschlüsse wieder. Wenn hingegen jemand ein E-Paper für 360 Franken im Jahr kauft, ist das für uns ökonomisch betrachtet ein sehr interessanter Case.»

Die Summe von gedruckten Zeitungen und E-Papers entwickelt sich gleichwohl negativ. «Im Print-Bereich verlieren wir demografisch bedingt Leser wie andere auch, aber wir können mit dem E-Paper einen Teil kompensieren», sagt Oswald. «Und jede nicht gedruckte und ausgelieferte Zeitung ist auch eine Kostenersparnis, sofern der Leser im E-Paper erhalten bleibt.»

Für Galledia soll die Publizistik für sich betrachtet ein Business Case sein, «letztlich wollen wir mit unserem regionalen Journalismus eine klare Marktposition haben und unverzichtbar sein», betont Martin Oswald.

Weil die Medien für Galledia strategisch relevant sind, will CEO Ettlinger weiterhin in diesem Bereich investieren, «wir wollen hier mit der Galledia-Gruppe weiterhin das Wachstum suchen». Im Printbereich verfolgt das Unternehmen eine Konsolidierungsstrategie – es wurde ein Strategieprojekt gestartet, um das schwierige Druckgeschäft auf die Zukunft ausrichten.

Text: Philipp Landmark

Bild: Reto Martin

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