Portal 24 vernetzt lokale Newsplattformen
Wer am Obersee, insbesondere in Rapperswil-Jona, politisiert oder einer Behörde angehört, ist nicht unbedingt ein Freund von Bruno Hug: Als Verleger und als Journalist schiesst Hug seit Jahrzehnten scharf, wenn er Behördenwillkür vermutet.
1981 gründete er die wöchentlich erscheinende Gratiszeitung Obersee Nachrichten, die er lange leitete, erst als Verleger, dann ab 1999, als er den Titel der heutigen Somedia verkaufte, als Chefredaktor. In den ON thematisierten Hug und sein Stellvertreter Mario Aldrovandi unter anderem in unzähligen Artikeln die aus ihrer Sicht willkürliche Arbeit der KESB Linth. Als sie dafür wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts verurteilt wurden, entliess Somedia 2017 ihre beiden Mitarbeiter. Hug allerdings legte Berufung ein und wurde vom St.Galler Kantonsgericht in zweiter Instanz freigesprochen.
Prinzip Pizza-Kurier
Seit 2018 ist Bruno Hug mit einem neuen Medium publizistisch aktiv. Dafür hat er kurzerhand ein Prinzip aus einer anderen Branche für die Medienwelt adaptiert: Hug hatte seit 1993 zusammen mit Rocco Delli Colli den Pizza-Kurier «Dieci» aufgebaut, ein Unternehmen, das heute an rund 40 Standorten tätig ist. «Wir wollten den lokalen Kurierbetreibern alle Alltagssorgen abnehmen, sodass sie sich auf die Arbeit der Pizza-Delivery konzentrieren können», beschreibt Hug die damalige Geschäftsidee. «Diese habe ich auf den Online-Markt übertragen.»
Lokale Verleger können in einer Art Franchising-System die Portal24-Technik für ihr Online-Portal nutzen und nach eigenem Gusto lokale und regionale Inhalte publizieren. Verleger, die sich in ihrer Region mit einem Online-Portal anschliessen, sollen sich ganz ihrem lokalen Geschäft widmen können. «Alles, was möglich ist, erledigen wir zentral. Seit vier Jahren entwickeln wir unser System täglich weiter und schaffen für die Partner immer neue Möglichkeiten.»
Eigenverantwortliche Portale
Inzwischen gibt es 22 Newsplattformen im Portal24-Verbund, darunter Linth24 und Goldküste24, die Bruno Hug mit seiner eigenen Firma betreibt, oder StGallen24 und Rheintal24, die von der Leader-Herausgeberin MetroComm geführt werden. «Alle sind vom System und ihrer Arbeit begeistert. Wir sind eigentlich ein richtig grosses Start-up, in das schon Millionen investiert wurden.»
Jedes Portal ist für seinen Inhalt selbst verantwortlich und arbeitet auf eigene Rechnung. Die jeweilige lokale Redaktion, der lokale Werbeverkauf und die Administration sind Sache der einzelnen Partner. «Darüber hinaus werden die Portale aber in vielen Bereichen zentral unterstützt», erklärt Bruno Hug. «Die Portal-Betreiber müssen sich weder um die Technik ihres Portals noch um dessen Weiterentwicklung kümmern.»
Für die lokalen Verleger biete das Portal24-System gegenüber einem Alleingang etliche Vorteile: Im Verbundsystem kann mit Jobs24 beispielsweise auch ein gemeinsames Job-Portal betreiben werden. Rubriken wie Stellen, Trauer oder Agenda betreuen die lokalen Portale auf der gemeinsamen Plattform, womit die lokalen Einträge eine überregionale Verbreitung erhalten. Die Plattformen können auch gegenseitig redaktionelle Berichte tauschen. Da die verschiedenen Portale in der Regel klar umrissene lokale Räume abdecken, sind die Inhalte aber eher selten für andere Portale interessant.
Ruhestand ist kein Thema
Den Einwand, dass die lokalen Portale mit jeweils kleinen Redaktionen keine aufwendigen Recherchen stemmen könnten, weist Bruno Hug zurück. «Das ist falsch. Portale wie Uzwil24, StGallen24, Aarau24 oder Rheintal24 leisten redaktionell grosse Arbeit.» Als Beleg für die starke Redaktion seines Portals Linth24 führt er an, dass sich Rapperswil-Jonas Stadtpräsident durch die intensive publizistische Begleitung derart unwohl fühle, dass er das Portal öffentlich schlecht mache.
Tatsächlich ist Bruno Hug nach wie vor der publizistische Behördenschreck am Obersee, der Mann, der sich lustvoll mit der lokalen Obrigkeit anlegt. Hug ist inzwischen 70 Jahre alt, an so etwas wie Ruhestand denkt er aber nicht: «Ich geniesse die publizistische Arbeit in vollen Zügen. Wenn ich gesund bleibe, mache ich noch mindestens 30 Jahre weiter.»
Bruno Hug verpflichtet die Portal24-Partner und damit auch sich selbst in den gemeinsamen Vereinbarungen, «sich journalistisch und unternehmerisch ethisch zu verhalten». Eine Formulierung, die er gerne präzisiert: «Man darf nicht wie einige Politiker journalistische Ethik mit Regierungstreue verwechseln.»
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Ein Goodwill-Projekt
Die jeweiligen Verleger zahlen für die zentralen Services eine fixe Jahresgebühr an die Mutterfirma; Kosten «im Bereich weniger Tausend Franken», wie Hug sagt, manchmal sogar weniger. «Portal24 ist bis jetzt ein reines Goodwill-Projekt. Wir investieren in das System jedes Jahr mehrere Hunderttausend Franken.»
Wie erfolgreich die Partner mit ihren jeweiligen Portalen sind, kann Bruno Hug nicht genau beurteilen. «Online ist schwierig, bei allen Verlegern», sagt er. Ein digitales Produkt nur mit Werbung zu finanzieren, sei möglich, benötige aber Zeit. «Und die Erträge sind schmal. Online konkurrieren alle gegen Google, Facebook und Co. Auch preislich.»
Andererseits werde es künftig für den Lokalmarkt keine andere Möglichkeit geben als Online-Medien. Den Zeitungen würden die Abonnenten wegsterben, womit das Ende von Print absehbar sei. «In der Schweiz sind in den vergangenen 20 Jahren über 50 Prozent der Zeitungen eingegangen oder haben fusioniert.» Gemeinden und Kantone sollten den lokalen Medien höchste Aufmerksamkeit schenken, ist Hug überzeugt: «Wenn es auch lokale Online-Portale nicht schaffen, zu überleben, bekommt die Schweizer Basisdemokratie ein Problem.»
Mit seinem eigenen Portal Linth24 lanciert Bruno Hug neuerdings themenbezogene gedruckte Magazine, die sporadisch erscheinen sollen. «Wir werden nicht auf die Printlinie schwenken. Aber die gedruckte Ergänzung tut dem Online-Kanal gut und macht für diesen Werbung», erläutert er diesen Schritt. Ein Schritt, den andere Regionen ebenfalls nachvollziehen können: «Selbstverständlich stellen wir unser Know-how inklusive des Layouts der Printausgabe allen anderen Portalen gratis zur Verfügung. Wir Onliner sind alles Brüder und Schwestern, im Guten wie im Schwierigen.»
Text: Philipp Landmark
Bild: zVg