«Wir finden einen Weg – und sonst bauen wir einen»

Text: Gerd Huber, Bilder: Ulrike Huber
Ein Moderator, ein Vortragender und fünf Interviewpartner, die alle zum Thema «Die Entscheidung – Risiko als Chancen nutzen» Erhellendes zu sagen hatten, das waren die Zutaten zu diesem «Gwerblertag» an der Rhema. Und vor den lehrreichen Vorträgen und Gesprächen natürlich ein erstes geselliges Beisammensein unter der hellstrahlend vom blauen Himmel lachenden Sonne.
Erste Kontakte geknüpft
Bei Wein, Wasser und Bier wurden von den rund 850 Teilnehmer beim gemeinsamen Mittagsessen die ersten Kontakte geknüpft, Bekanntschaften aufgefrischt und Freundschaften erneuert. Was bei den vorzüglichen Schmankerln der Caterer auch leicht fiel. Denn ein derart mundender Siedbratensalat, einfache Käsknöpfle oder ein Teller thailändisches Curry zauberten doch schnell ein Lächeln auf jedermanns Gesicht.
In der Rheintalhalle wurde dann von Tagungsleiter Ralph Dietsche der «bedeutsamste Networking-Event des Rheintals» eröffnet. Das Thema «Die Entscheidung – Risiko als Chancen nutzen» sollte von den verschiedenen auf der Bühne zu Wort kommenden Gästen aus vielen Blickwinkeln beleuchtet werden, wie Moderator Tobias Müller erläuterte: «Wir treffen jeden Tag 20´000 Entscheidungen».
Vertreter der Hauptsponsoren
Doch vor Eingang in das eigentliche Thema wurden mit Vize-Direktor Adrian Knechtle und Generalagent Christoph Schwarber noch die Vertreter der beiden Hauptsponsoren des Events, nämlich der Clientis Biene Bank im Rheintal und der Helvetia Versicherungen auf der Bühne begrüsst. Die beiden gaben kurze Einblicke in den «Entscheidungsalltag» in ihren Instituten.
Dann begrüsste Moderator Tobias Müller einen Ehrengast, «den ich vor etwa zwanzig Jahren letztmals interviewt habe. Damals war er noch Gemeindepräsident von Wartau». Gemeint war Regierungsrat Beat Tinner. Der sich als Experte in Sachen «Entscheidungsfindung» entpuppte. «Die Kunst der politischen Entscheidung besteht darin, rechtzeitig Mehrheiten für die verschiedenen Geschäfte zu finden.»
Experiment hat funktioniert
Doch er sei auch dem Risiko nicht abgeneigt. «Wie bei der Förderung des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs. Da wusste man überhaupt nicht, auf welche Seite das Pendel ausschlagen würde.» Dieses Experiment hat funktioniert. Aber wenn es einmal nicht gut ausgeht?«…dann stand i dötta. Das gehört auch dazu!»
Brigitte Trauffer wurde interviewt, weil sie ein grosses Risiko eingegangen ist. Mitten in der Coronazeit hat sie ein Hotel geplant und gebaut und mittlerweile auch eröffnet. Das «Bretterhotel» in Hofstetten bei Brienz ist ein voller Erfolg. «Wir sind volles Risiko gegangen. Und vor der grundsätzlichen Entscheidung, ob Ja oder Nein, haben wir eigentlich immer noch gehofft, dass uns Banken oder andere von uns integrierte Berater mit einem negativen Entscheid die Entscheidung abnehmen. Aber als uns dann die Schweizer Gesellschaft für Hotelkredit attestierte, was für ein innovatives und zukunftsträchtiges Projekt wir entwickelt hätten und den notwendigen Kredit gewährte, haben wir losgelegt. Und heute wissen wir: das Risiko hat sich gelohnt.»
Entscheidungsfindung beim Eishockey
Ein interessanter Beitrag zum Thema war auch das Referat von Profischiedsrichter Daniel Stricker über die Entscheidungsfindung beim Eishockey. Mittels eines Videos führte er auch jene in seiner Eishockeywelt ein, die vorher nicht viel darüber wussten. Und machte gleich klar: «Der Schiedsrichter ist mehr als ein Regelpolizist. Er ist Entscheider und Kommunikator.»
Stricker brach eine Lanze für den «schnellsten Teamsport der Welt». Bei dem der Schiedsrichter nicht nur stationär ist, sondern selber als Sportler auftritt. Wobei ihm – anders als etwa den Torhütern und Feldspielern – keine Fehlertoleranz zugestanden wird. Weshalb er empfiehlt, vor jeder Entscheidung die sechs goldenen Regeln, die er dem Publikum präsentierte, zu beachten. Die wichtigste davon ist vermutlich jene, die eigenen Entscheidungen zu analysieren und aus Fehlern zu lernen.
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Inzwischen kein Thema
Sowohl Tina Gautschi von Gautschi-Bau als auch Christoph Zweifel von Zweifel-Pomy-Chips wurden 2020 CEOs in ihren Familienbetrieben. Tina Gautsch führte aus, dass die Tatsache, dass sie als Frau ein grosses Bauunternehmen leite, inzwischen kein Thema mehr sei. «Niemand hat erwartet, dass ich einsteigen werde, ich hatte deshalb keinen Druck.»
Bei Christoph Zweifel wollte sein Vater immer, dass er die Leitung beim bekannten Chipshersteller übernimmt. «Ich wollte aber dazu befähigt sein und nicht nur «als Sohn» einsteigen. Deshalb habe ich nach dem Studium meine Kenntnisse bei Unilever und Ariza erweitert. Ich stehe vor meinen Entscheidungen in regelmässigem Dialog mit meiner Geschäftsführung. Wir haben uns angewöhnt 75 Prozent der Zeit, in der wir miteinander reden, für morgen und übermorgen zu verwenden. Und am Ende einer jeden Besprechung steht ein Entscheidungsprotokoll, damit diese auch umgesetzt werden.»
Zu Entscheidungen gezwungen
Tina Gautschi meinte, dass sie, die sie mit ihrem Unternehmen im Projektgeschäft tätig ist, oft zu Entscheidungen gezwungen sei, weshalb es bei Gautschi-Bau heisse: «Wir finden einen Weg und sonst bauen wir einen!»
Als letzter Gast stand Rudolf Szabo als ehemaliger Bauunternehmer, Bank- und Posträuber und aktueller Sozialarbeiter auf der Bühne. Und erzählte aus einem bewegten Leben. Wie er damals als konkursreifer Unternehmer mit Bankraub begonnen habe. «Wenn Banken mir kein Geld geben wollen, dann hole ich es mir.» Er erzählte von seinen Knasterfahrungen und der grossen Hilfe, die er von einigen Leuten erfahren habe und die ihm geholfen haben, nach dem Gefängnis wieder in ein anständiges Leben zurückzufinden. «Ich habe nie vorausgeplante Entscheidungen getroffen – der Mensch denkt und Gott lenkt.»
Junger Schlipsträger
Grosses Gelächter im Publikum erzeugte die Erzählung von Szabo, wie er nach seiner Knastentlassung einmal bei einer Bank einen Kredit für Ausbildungskosten wollte und von dem jungen «Schlipsträger» die lakonische Antwort erhielt: «Ein Bankräuber ist nicht kreditwürdig.»
Mit dem Ende der Vorträge war aber der Gwerblertag an der rhema noch lange nicht zu Ende. Messrundgang und das abendliche gemeinsame Feiern und Beisammensein rundeten den Tag ab.