St.Gallen

KI-Sprachassistent teilt Glücksmomente mit älteren Menschen

KI-Sprachassistent teilt Glücksmomente mit älteren Menschen
Die Reaktionen der Testpersonen auf den Sprachassistenten «Alfred» überraschten die Entwickler positiv.
Lesezeit: 4 Minuten

Ältere Menschen haben ein besonders hohes Risiko, von Einsamkeit und Isolation betroffen zu sein. Dies kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken, weshalb soziale Interaktionen im Alter besonders wichtig sind. Dennis Eitner und Sandro Pezzutto wollten diesem Bedürfnis mit ihrer Masterarbeit im MAS Human Computer Interaction Design nachkommen. Sie beschäftigten sich mit der Entwicklung eines intelligenten Sprachassistenten zur Unterstützung und Unterhaltung älterer Menschen.

Text: Nora Lüthi

«Hallo, ich bin Alfred, dein persönlicher intelligenter Assistent, entwickelt, um deinen Alltag zu erleichtern. Frag mich nach dem heutigen Menu oder den geplanten Aktivitäten in unserem Haus.» Mit tiefer, angenehm heiterer Stimme stellt sich der intelligente Sprachassistent Alfred vor.

Dennis Eitner und Sandro Pezzutto haben Alfred im Rahmen ihrer Masterarbeit im MAS Human Computer Interaction Design an der OST – Ostschweizer Fachhochschule entwickelt. «Mit unserer Masterarbeit wollten wir ein reales Problem angehen, mit dem Menschen in ihrem Alltag konfrontiert sind», erklärt Dennis Eitner.

Einsamkeit und Langeweile bekämpfen

Ein solches Problem trafen sie im Alltag älterer Menschen an. Denn obwohl in Altersheimen meist vielfältige Aktivitäten angeboten werden, leiden viele Senioren unter Einsamkeit oder Langeweile. Der Sprachassistent Alfred soll ihr alltägliches Leben bereichern und ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität fördern.

«Indem Alfred positive Erinnerungen weckt, trägt er aktiv zur Förderung des Gedächtnisses und einer positiven Stimmung der älteren Menschen bei», erklärt Sandro Pezzutto. Alfred kann mit der Stimme gesteuert werden und funktioniert ohne weitere grosse Eingaben. So können auch ältere Menschen ohne technische Vorkenntnisse mit dem Sprachassistenten interagieren.

Seniorin spricht 16 Minuten mit Alfred

Alfred lädt die Nutzer zum Beispiel dazu ein, mit ihm in Erinnerungen zu schwelgen: «Ob es ein unvergesslicher Urlaub oder einfach ein Moment des Glücks aus deinem Leben ist.» Alfred nimmt die Senioren mit auf Gedankenreisen und stellt ihnen gezielt Fragen zu ihren Erlebnissen, von denen sie erzählen. Das Ziel dieser Reisen ist, ihre geistigen, sozialen und emotionalen Fähigkeiten zu unterstützen und zu fördern.

Derzeit gibt es kein vergleichbares System für die Zielgruppe der älteren Menschen auf dem Markt. Dass ein Bedürfnis danach vorhanden ist, zeigte sich in den Testversuchen, die die beiden MAS-Absolventen in einem Altersheim in Bubikon durchgeführt haben.

Die Reaktionen der Testpersonen waren überwältigend positiv. «Damit haben wir in diesem Ausmass nicht gerechnet. Eine Seniorin führte ein 16-minütiges Gespräch mit Alfred – sogar auf Schweizerdeutsch», erklärt Dennis Eitner. Eine Person meinte, sie könnte Alfred im Alltag gut gebrauchen.

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Künstliche Intelligenz liefert Antworten

Alfred basiert auf dialogorientierter Künstlicher Intelligenz – einer Technologie, die Software in die Lage versetzt, menschliche Konversationen zu verstehen und darauf zu reagieren. Wenn jemand mit Alfred spricht, wird das Gesagte als Text an ein Large Language Model (LLM) wie zum Beispiel ChatGPT geschickt. Die verwendete Sprache muss dabei nicht an das System angepasst werden, womit eine natürliche Konversation möglich ist.

Das LLM generiert dann einen Antworttext. «Dieser basiert auf dem Kontext des Gesprächs und auf Vorgaben, die wir im Laufe unserer Masterarbeit definiert haben», sagt Sandro Pezzutto. Der Antworttext wird wiederum in eine künstlich generierte Stimme umgewandelt und als Sprache in Form von Alfred ausgegeben. Dieser Prozess kann kontinuierlich stattfinden, sodass ein Gespräch zwischen Alfred und dem Nutzer entsteht.

Den Gesprächsverlauf kann Alfred steuern. Dabei kann er sich an die früheren Dialoge «erinnern». Im Gespräch verwendet der intelligente Assistent die letzten zehn Dialoge zwischen ihm und der Nutzerin oder dem Nutzer sowie zwei Dialoge aus der Vergangenheit, die für das aktuelle Thema relevant sind. «Wenn eine Seniorin zum Beispiel von ihren Enkeln erzählt, sucht Alfred nach zwei Dialogen, in denen sie auch schon von den Enkeln gesprochen hat, um das Gespräch interessanter zu gestalten», ergänzt Dennis Eitner.

«Wir haben Pionierarbeit geleistet»

Bei der Entwicklung von Alfred sind Dennis Eitner und Sandro Pezzutto auf verschiedene Herausforderungen gestossen. «Es gab keine praktische Literatur in Bezug auf das methodische Vorgehen bei der Erstellung eines solchen Sprachassistenten», erklärt Sandro Pezzutto. «Wir mussten daher unsere eigenen Methoden entwickeln. Wir haben Pionierarbeit geleistet.»

Durch die kontinuierliche Dokumentation ihrer Fortschritte haben die beiden MAS-Absolventen ein eigenes Vorgehensmodell entwickelt, das «Eizzutto-Modell zur Erstellung von Conversational Interfaces».

Zurzeit ist Alfred ein Prototyp mit technischen Limitationen. Er funktioniert nur im Webbrowser und für die Registrierung ist ein Google-Konto notwendig. Wie es mit dem intelligenten Sprachassistenten weitergeht, ist noch offen. Dennis Eitner und Sandro Pezzutto sind sich aber sicher, dass das Projekt noch nicht abgeschlossen ist: «Wir möchten Alfred weiterentwickeln, um ihn noch mehr Menschen zugänglich zu machen.»

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