IHK Thurgau wird 150 Jahre jung

IHK Thurgau wird 150 Jahre jung
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Heute vor genau 150 Jahren wurde in Weinfelden die „Handels- und Gewerbegesellschaft des Kantons Thurgau“, die Vorgängerorganisation der Industrie- und Handelskammer Thurgau, gegründet. Im Jubiläumsjahr 2020 stehen neben Highlights auch Herausforderungen auf dem Programm.

Was bewegt die Thurgauer Unternehmen 2020 am meisten? – Die IHK Thurgau ist sich sicher: Es sind der Fachkräftemangel, der Frankenkurs, die Bilateralen Beziehungen mit der EU, die schwächelnde Konjunktur in Europa und die «wirtschaftsfeindliche Politik», die sich v. a. in den Initiativen zum neuen Thurgauer Steuergesetz, zur Zuwanderung und zur Konzernverantwortung zeige.

Freude ...

Die Erleichterung darüber, dass das neue Thurgauer Steuergesetz letztes Wochenende angenommen wurde, war IHK-Direktor Jérôme Müggler (links im Bild) und IHK-Präsident Christian Neuweiler (Mitte) anzusehen: «Der Zuzug des finnischen Schiffsmotorenbauers Wärtsilä ist ein erstes Resultat des neuen, wirtschaftsfreundlichen Steuergesetzes», ist sich Müggler an der Jahresmedienkonferenz der IHK Thurgau denn auch sicher.

Auch um dem Fachkräftemangel zu begegnen, hat die IHK Thurgau zusammen mit dem Verein Smarter Thurgau, der Thurgauer Kantonalbank und dem Kanton Thurgau den «Digial Campus Thurgau» ins Leben gerufen. Damit sollen an Volks- und Hochschulen, in der Berufs- und der Weiterbildung ICT-Themen koordiniert und konzentriert vermittelt werden. Ein erstes konkretes Projekt sind 20 NaTech-Digital-Projektwochen an Primarschulen, von denen einige bereits erfolgreich durchgeführt wurden. «Es ist faszinierend zu beobachten, wie schon Primarschüler begeistert an technischen Innovationen tüfteln», so Tiziana Ferigutti, stv. Direktorin der IHK Thurgau (rechts).

... und Sorgen

Sorgen machen Präsident Neuweiler hingegen der starke Franken und die schwache Konjunktur in Europa: «Hustet Europa, gibt’s bei uns Schnupfen». Hier gelte es, wachsam zu sein, den Standort Thurgau zu pflegen und auch in Zukunft wirtschaftsfreundlich zu agieren. «Sollte unser Kantonsrat nach den Wahlen am 15. März nach links driften, hoffen wir auf konstruktive Kräfte auch auf rot-grüner Seite.»

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Das Jubiläumsjahr 2020

Am 8. Mai wird Bundesrätin Karin Keller-Sutter die Jubiläums-GV der IHK Thurgau beehren, am 20. August steht der grosse Jubiläumsanlass auf der «Sonnenkönigin» – «mit Thurgauer Catering», wie Präsident Neuweiler hinzufügte – auf dem Programm, und am 2. September wird an der «EcoOst Arena» das Thema Staat und Wettbewerb beleuchtet, werden doch inzwischen über 40 Prozent der gesamten Wertschöpfung über Steuern, Zwangsabgaben und Gebühren staatlich umverteilt und über 50 Prozent aller Preise durch staatliche Einflüsse verzerrt.

Ein kurzer geschichtlicher Rückblick auf die IHK Thurgau

Die Gründung in Weinfelden
Am 20. Februar 1870 wird in Weinfelden die „Handels- und Gewerbegesellschaft des Kantons Thurgau“, die Vorgängerorganisation der Industrie- und Handelskammer (IHK) Thurgau, gegründet. An der Gründungsversammlung nehmen „46 Repräsentanten und Freunde des grösseren und kleineren Gewerbestandes“ teil. Die Leitung der Versammlung obliegt Regierungsrat Johann Ludwig Sulzberger (1815-1882). Sulzberger hat die Gründung zuvor angestossen. Die neue Organisation bezweckt die „Förderung und Hebung der Interessen der Industrie sowie des Handels- und Gewerbewesens im Kanton Thurgau“ sowie den Anschluss an den noch zu gründenden schweizerischen Handels- und Industrieverein. Zur Finanzierung wird ein Mitgliederbeitrag von 1 bis 2 Franken erhoben. Für die Führung des Vereins wird eine „Direktionskommission“ mit fünf Mitgliedern und drei Suppleanten gebildet. Als erster Präsident wird Heinrich Häberlin, Kommandant, Weinfelden, gewählt.

Eine Initiative aus dem Kanton Glarus 
Der Austausch zwischen den wirtschaftlichen Organisationen der Schweiz war in der Gründungszeit gering. Einzelne Vereinigungen wie das Kaufmännische Directorium in St.Gallen pflegten bereits weltweit Beziehungen. Im Jahre 1869 ergriff die Handelskommission des Kantons Glarus die Initiative. In einem Rundschreiben vom 30. März 1869 regte sie an, dass sich die Industriellen der Schweiz zur Förderung der kommerziellen und gewerblichen Interessen vereinigen sollten. Der Zentralverein müsste sich dabei auf die in den Kantonen bestehenden Vereinigungen stützen. Wo solche fehlen, wären Gründungen an die Hand zu nehmen. Mangels eines Ansprechpartners im Kanton Thurgau ging die Aufforderung zur Beteiligung an einem Schweizerischen Handels- und Industrie-Verein an die Kantonsregierung. Der Regierungsrat beauftragte in der Folge den Vorstand des Departements für Handel und Gewerbe, Regierungsrat Sulzberger, sich „mit den Repräsentanten des herwärtigen Han-dels- und Gewerbestandes ins Vernehmen zu setzen“. Sulzberger packte die Aufgabe sehr zielorientiert an. Der Departementschef erliess eine öffentliche Einladung zu einer Versammlung am 19. Dezember 1869 in Weinfelden. Diese bestellte eine Kommission, erneut geleitet von Regierungsrat Sulz-berger. Die Kommission stellte bereits am 31. Januar 1870 eine „vielseitigliche Stimmung bezüglich des neuen Gesellschaftsprojektes fest“. Am 20. Februar 1870 erfolgte die Gründung. Die Bezeichnung „Handels- und Gewerbegesellschaft des Kantons Thurgau“ hatte nicht lange Bestand. Der Verein nannte sich in der Folge „Thurgauischer Handels- und Industrie-Verein“ sowie „Thurgauischer Han-dels- und Gewerbeverein“. Der Schweizerische Handels- und Industrieverein, die Vorgängerorganisation von economiesuisse, wurde am 12. März 1870 in Bern gegründet. Der Kanton Thurgau war mit Regierungsrat Sulzberger und J.J. Jacot, Fabrikant in Hauptwil und Mitglied der Direktionskommission, vertreten.

Vorläuferorganisationen im Kanton Thurgau 
Im Gründungsjahr bestand bereits ein „Thurgauischer Handwerks- und Gewerbeverein“. Dieser Verein war aber nicht bereit, die Initiative zu übernehmen, weil er befürchtete, den Interessen des Handwerkes und des kleinen Gewerbestandes würde vom neuen schweizerischen Zentralverein zu wenig Beachtung geschenkt. Dieser kantonale Verein löste sich im Jahr 1871 auf und schloss sich der neu gegründeten kantonalen Organisation an. Ebenfalls bestand die Handels- und Gewerbegesellschaft Bischofszell-Hauptwil, die als aktive lokale Organisation in Erscheinung trat und die Gründung unterstützte.

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Meilensteine

20. Februar 1870 
Die Handels- und Gewerbegesellschaft des Kantons Thurgau wird in Weinfelden gegründet.

25. Februar 1919 
An einer ausserordentlichen Generalversammlung wird eine Reorganisation beschlossen. Auf Anregung der Industrie-Vereinigung Arbon und Umgebung wird ein ständiges Sekretariat eingerichtet. Gleichzeitig wird Weinfelden als Sitz bestimmt. In der Abstimmung votieren 61 Mitglieder für Weinfelden und 50 für Frauenfeld. Für Weinfelden wird geltend gemacht, dass der industrielle Schwerpunkt am See liege. Der Vereinsvorstand heisst neu „Handelskammer“ an Stelle der Bezeichnung „Direktionskommission“.

25. April 1974 
Odette Ueltschi-Gegauf (BERNINA Nähmaschinenfabrik, Steckborn) wird in den Vorstand gewählt – es handelt sich mutmasslich um die erste Frau als Mitglied einer schweizerischen Handelskammer.

15. Mai 1987 
An der ordentlichen Generalversammlung erfolgt eine Totalrevision der Statuten. Der Name lautet neu „Thurgauer Industrie und Handelskammer (TIHK)“. Es werden neun regionale Arbeitgebervereinigungen (Amriswil, Arbon, Bischofszell, Diessenhofen, Frauenfeld, Hinterthurgau, Kreuzlingen, Mittelthurgau und Romanshorn) anerkannt. Sie erhalten einen Sitz im Vorstand.

8. Mai 1998 
Die Ordentliche Generalversammlung in Weinfelden stimmt einer weiteren Statutenänderung zu, die eine Namensänderung beinhaltet. Neu tritt man als Industrie- und Handelskammer Thurgau auf. Gleichzeitig wird das Erscheinungsbild neu gestaltet. Für die Namensänderung werden zwei Gründe geltend gemacht: Der neue Name lehne sich erstens an den deutschen Sprachgebrauch an und gebe zweitens die Bezeichnung «Thurgau» unverändert wieder.