Gold behält magische Anziehung im Hinblick auf die Zinssenkung
Text: Christian Brenner, Geschäftsführer Philoro Schweiz AG
Der Beginn des Monats August war geprägt von heftigen Turbulenzen an den weltweiten Aktienmärkten. Auch die Schweizer Börse war betroffen. Der SMI verzeichnete am 2. August einen Rückgang von 3,8 Prozent, was den grössten Verlust seit Januar 2022 darstellte. Die Talfahrt setzte sich bis zum 5. August fort. Der Börsen-Crash, der unter anderem aufgrund eines unerwartet schwachen Stellenwachstums in den USA ausgelöst wurde, ist inzwischen jedoch wieder Geschichte. Die Aktienkurse haben sich im Verlauf des Monats wieder stabilisiert.
Nach eher negativen Aussichten für die Schweizer Wirtschaft lässt jetzt die erstmals veröffentlichte «Flash-BIP» Schnellschätzung des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO ein leicht überdurchschnittliches Wachstum im zweiten Quartal erkennen. Die Wirtschaftsleistung dürfte demnach um 0,5 Prozent gestiegen sein, nach 0,3 Prozent im ersten Quartal. Wesentliche Impulse kamen dazu von der Industrie, auch der Dienstleistungssektor wuchs in der Summe.
Schweizer Wirtschaft auf «zögerlichem» Erholungskurs
Auch die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich meldet eine leichte Steigerung der Geschäftslage der befragten Unternehmen im Juli. Erstmals habe das verarbeitende Gewerbe wieder bessere Zahlen ausgewiesen. Die Forschungsstelle berichtete Ende August, dass sich die Konjunkturaussichten für die Schweiz im August leicht erholt hätten. Das KOF-Barometer verzeichnete einen Anstieg um 1,0 auf 101,6 Punkte. Das Barometer hält sich damit leicht im überdurchschnittlichen Bereich. Die Schweizer Wirtschaft befinde sich auf einem «zögerlichen» Erholungskurs, schreibt die KOF.
Eurostat, das statistische Büro der Europäischen Union, hat Mitte August aufgrund neu vorliegender Berechnungsgrundlagen seine Wachstumsprognose für 2024 revidiert. Demnach ist das saisonberichtigte Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal 2024 gegenüber dem Vorquartal sowohl im Euroraum als auch in der Gesamt-EU um 0,3 Prozent gestiegen. Gegenüber dem Vergleichsquartal 2023 stieg das BIP im Euroraum um 0,6 Prozent, in der Gesamt-EU um 0,8 Prozent.
Die jährliche Inflation im Euroraum ist im Juli mit 2,6 Prozent wieder etwas stärker gestiegen als im Juni (+2,5%). In der gesamten EU betrug die Teuerung 2,8 Prozent, nach 2,6 Prozent im Juni. Inflations-Spitzenreiter sind Rumänien (5,8%), Belgien (5,4%) und Ungarn (4,1%). Kaum gestiegen sind die Preise in Finnland (0,5%), Lettland (0,8%) und Dänemark (1,0%). Für Europas grösste Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich errechnete Eurostat eine Rate von 2,6 und 2,7 Prozent.
USA meldet leichten Rückgang bei der Inflationsrate
Die Vereinigten Staaten melden im Juli 2,89 Prozent Inflation und bleiben damit doch hinter den Erwartungen zurück. Die von der Fed geforderten 2 Prozent sind nicht wirklich in Reichweite. Aber gegenüber Juni (2,97 Prozent) ist das eine geringfügiger Rückgang. US-Notenbankchef Jerome Powell machte im August eine bedeutende Ansage: «Die Zeit für eine Anpassung» der Zinsen sei gekommen, verkündete er. Am 17. September wird die US-Notenbank Fed wohl eine Herabsetzung der Leitzinsen um mindesten 0,25 Punkte, vielleicht sogar 0,5 Punkte beschliessen.
Der Internationale Währungsfonds stellt für die USA für dieses Jahr ein Wachstum von 2,6 Prozent in Aussicht (nach 2,5% 2023), 2025 werden dann 1,9% erwartet. Eine erste Schnellschätzung des U.S. Bureau of Economic Analysis ergibt ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal von 3,1 Prozent gegenüber 2,9 Prozent im Vorquartal (auf Jahresbasis gerechnet). Für die zweite Jahreshälfte geht man von einer milden Abkühlung aus. Trotz stabil sinkender Preiszuwächse rechnet man mit einer Abschwächung der Konsumausgaben gegen Jahresende. Die Arbeitslosigkeit in den USA stieg im Juli auf 4,3 Prozent und lag damit um +0,2 Punkte über dem Juni-Wert. Das Department of Labour weist daraufhin, dass das der höchste Wert seit fast drei Jahren ist.
Auch interessant
Goldpreis bewegt sich auf hohem Niveau nach oben
Der Goldpreis bewegt sich nach einer Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau weiter nach oben. Im Fokus der Schweizer Medien lagen im August die Rekorde des Goldpreises in US-Dollar. Für Schweizer Anleger viel wichtiger ist allerdings der Wert von Gold in Schweizer Franken. Auch hier ist ein neues Allzeithoch nicht mehr allzu weit entfernt. Nicht nur der Handelspreis von Gold ist im August kräftig gestiegen, auch die Gold Shares meldeten kräftige Zuflüsse auf 845,7 Tonnen. Die zu erwartende Zinssenkung der US-Notenbank Fed für Mitte September lassen die Zinsen für amerikanische Staatsanleihen sinken. In einer Bewegung nach unten ist auch der Kurs des US-Dollars.
Die allgemeine Goldnachfrage ist nach einer Auswertung des World Gold Councils (WGC) im zweiten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahr um 4 Prozent auf 1'258 Tonnen gestiegen. Dies jedenfalls gerechnet inklusive des Freihandelsmarktes (Over-The-Counter). Die Zentralbanken haben im zweiten Quartal 184 Tonnen (+6%) zugekauft. Der Schmuckverbrauch sank allerdings um 19 Prozent auf ein Vierjahrestief von 391 Tonnen. Gestiegen ist die Goldnachfrage in der Technologie um 11 Prozent auf 81 Tonnen. Hingegen ist der Barren- und Münzeneinzelhandel um 5 Prozent auf 261 Tonnen zurückgegangen.
Hoher Bedarf nach Gold nicht vollständig in der Statistik
Bezüglich dem Bedarf nach Münzen und Barren ist allerdings zu vermerken, dass das World Gold Council nur den Bedarf nach frischer Ware aus Neuproduktion zählt. Weil die Anleger angesichts des hohen Goldpreises in letzter Zeit insbesondere in Europa auch viel physisches Gold (Schmuck, Münzen und Barren) verkauften, mussten die Edelmetallhändler weniger Neuware bestellen. Der tatsächlich hohe Bedarf an Münzen und Barren spiegelt sich in den Zahlen des WGC demnach nicht vollständig wider.
Im zweiten Quartal 2024 halten die Vereinigten Staaten mit 8'133,46 Tonnen Gold unverändert die Spitze der Vergleichswerte der Gold-Reserven, gefolgt von Deutschland (3'351,6 t), Italien (2'451,8 t), Frankreich (2'437 t), Russland (2'335,9 t) und China (2'264,3 t). Die Schweiz meldete im März 1'040 Tonnen.
Die Volksrepublik China hat allerdings ihre Zukäufe im grossen Stil (seit November 2022 +316 Tonnen) vorerst beendet, und hat im Mai und Juni und jetzt auch im Juli keine Käufe mehr getätigt. Man scheint nach offiziellen Angaben auf sinkende Goldpreise zu warten, bevor die Zukäufe wieder aufgenommen werden. Allerdings mehren sich Anzeichen, dass China seine Bestände an amerikanischen Schuldverschreibungen im grossen Stil abbaut.
Beobachter erwarten, dass ein grösserer Teil der Erlöse im weiteren Jahresverlauf dazu dienen soll, wieder Gold zu kaufen. Bei den Währungsreserven liegen die meisten Zentralbank im Schnitt bei 16 Prozent in Gold, China aber erst bei 5 Prozent. Neuerliche Zukäufe Chinas könnten durchaus zum Halten des Goldpreises auf hohem Niveau beitragen.
Im grossen Abnehmerland Indien beginnt im Oktober die Festperiode, zu der viel Schmuck gekauft wird, ebenso folgt die Weihnachtszeit in Europa. Gold für die Schmuckherstellung wird also weiter nachgefragt werden.
Apropos Nachfrage: Bekanntlich steigt die Nachfrage und die Beliebtheit nach autonomen, sprich selbstfahrenden Autos. Etwas unbeliebt haben sich selbstfahrende Taxis in San Francisco gemacht. Laut Hersteller Waymo sollten die Autos auf einem bestimmten Parkplatz parken, solange sie nicht von einer Kundschaft gebucht werden. Doch wie das manchmal so ist, wenn sich Arbeitskollegen treffen, die gerade nichts zu tun haben – begannen auch die selbstfahrenden Autos miteinander ein Pläuschchen zu halten. So zumindest schien es nichtsahnenden Zuschauern von aussen. Denn die Autos begannen mitten in der Nacht, sich gegenseitig anzuhupen.
Alphabet, dem die Taxifirma gehört, erklärte, es handle sich um ein Update, bei dem die Autos hupen, wenn ein anderes Auto vor ihnen rückwärtsfährt. Ich glaube ja eher, dass es den selbstfahrenden Taxis langweilig wurde und sie sich über ihren Arbeitstag austauschen wollten. Es würde mich nicht wundern, wenn sie als Nächstes zusammen Zigaretten rauchen und dabei einen Betriebsrat gründen.
Ich wünsche Ihnen eine Woche, in der Sie nicht von einer autonomen Maschine gestört werden.
Mit goldenen Grüssen
Christian Brenner