Gerät die USA in eine Stagflation?

Text: Christian Brenner, Geschäftsführer Philoro Schweiz AG
Das solide Wachstum des BIP in der Schweiz im 4. Quartal 2024 wurde nach Mitteilung vom 18. März des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO massgeblich vom Dienstleistungssektor und der chemisch-pharmazeutischen Industrie getragen. Das übrige verarbeitende Gewerbe stagnierte demnach. Nach wie vor befänden sich Teile der Schweizer Industrie in einer «herausfordernden Lage», hiess es.
Das SECO rechnete damit, dass ein globaler Handelskrieg vermieden werden kann. Im Hinblick auf die Entwicklungen, die anfangs April ihren Lauf nahmen, werden die kommenden Wirtschaftsprognosen wohl ziemlich getrübt ausfallen. Dies, obwohl eigentlich mit einer Erholung der Wirtschaft im nächsten Jahr gerechnet wurde. Die Lage war bereits angespannt, jetzt könnte die Situation prekär werden, falls der Handelskonflikt nicht eingedämmt werden kann.
Kommentatoren warnten im März vor der Folge möglicher Zölle auf Schweizer Pharmaprodukte in den USA. Die Verkaufserfolge und die hohen erzielbaren Preise in den USA hätten möglicherweise zu einer Vernachlässigung anderer Exportmärkte geführt, meint die NZZ in einem Kommentar.
Mehrere EU-Staaten mit schwachem Wirtschaftswachstum
Eurostat, das Statistikamt der Europäischen Union, gab Mitte März unter Einbeziehung des vierten Quartals 2024 ein Wirtschaftswachstum in der EU für 2024 von 1,4 Prozent und für den Euroraum von 1,2 Prozent bekannt.
Allein das vierte Quartal 2024 betrachtet, zeigt, dass es unter den EU-Staaten nach wie vor einige Sorgenkinder gibt. Österreich liegt im vierten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal mit einem negativen Wachstum von minus 1,2 Prozent am Schluss der Tabelle, Lettland mit 0,4 Prozent und Deutschland und Norwegen mit 0,2 Prozent markieren ebenso ein Schrumpfen der Wirtschaft. An der Spitze des Wachstums im vierten Quartal 2024 liegt Irland mit 9,2 Prozent, gefolgt von Dänemark mit 4,1 Prozent und Polen bei 3,7 Prozent.
In der Bewertung der Inflationsdaten von Februar 2025 sieht Eurostat einen Rückgang der Inflationsrate auf Jahresbasis von 2,5 Prozent im Januar auf nunmehr 2,3 Prozent für den Euroraum. Gegenüber 2024 ist das ein Rückgang um 0,3 Punkte. In der gesamten EU lag der Wert um 0,1 Punkte niedriger als im Januar, als er 2,7 Prozent betrug. Die Europäische Zentralbank EZB hatte am 6. März ihre Leitzinsen wieder um 0,25 Punkte auf 2,5 Prozent gesenkt.
Zickzack-Kurs bei US-Zollankündigungen
Die US-Regierung und Präsident Trump verkündeten im März bevorstehende Zollerhöhungen für Importe – zunächst aus Kanada und Mexiko, dann aus China und schliesslich auch aus der EU. Termine und Umfang änderten sich laufend. Die amerikanische Regierung hat mittlerweile alle Posten neu besetzt. Elon Musk als Sonderbeauftragter für Reformen schloss Dienststellen und entliess das Personal wichtiger Regierungsstellen. Präsident Trump versuchte einen «Deal» mit Russlands Präsident Putin einzufädeln, um seine Wahlversprechen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs einzulösen.
Bereits im März kündigte US-Präsident Trump an, dass die Zölle auch auf die EU ausgeweitet werden.
Die US-Notenbank Fed hat zuletzt ihre Leitzinsen erstmals im Zyklus nicht weiter gesenkt. In ihren Überlegungen scheint sie von einem langsameren Wachstum der Wirtschaft auszugehen. Die Inflationsrate hat sich in den letzten Monaten wieder leicht verbessert. Der Preisanstieg lag im Februar bei 2,8 Prozent nach 3 Prozent im Januar. Rückläufig waren die Energiepreise – mit Ausnahme von Erdgas, das um 6 Prozent teurer wurde.
Experten beurteilten die möglichen Folgen der Zollerhöhungen, die auf Anfang April angekündigt wurden, sehr vorsichtig. Durch höhere Zölle ausgelöste Preiserhöhungen und eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums könnten eine Stagflation auslösen, hiess es.
Goldpreis knackt 3’000-Dollar-Marke
Der Goldpreis hatte am 18. März erstmals die 3’000-Dollar-Marke pro Feinunze nach oben überschritten. Und ein Ende der Rallye zeichnet sich zurzeit nicht ab, während Aktienbörsen infolge der durch die US-Administration ausgelösten Zolldiskussionen seit Mitte März Rückschläge hinnehmen mussten.
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Experten schätzen, dass der Goldpreis bis 2030 auf über 4'000 US-Dollar steigen könnte.
Experten rechnen mit weiteren Anstiegen. Bis zum Jahr 2030 könne der Goldpreis auf 4’000 bis 5’000 US-Dollar pro Feinunze steigen, vermutet ein Goldfachmann aus Vaduz und geht von einer Wahrscheinlichkeit von 18,6 Prozent aus, dass diese Preisentwicklung anhalten werde.
Anlässlich eines Meetings «Zukunftsforum Edelmetalle» in Frankfurt war es die überwiegende Meinung der Teilnehmenden, dass die jetzige Goldpreisentwicklung im Wesentlichen durch die hohen Zukäufe der Zentralbanken zurückzuführen sei. So seien in den vergangenen drei Jahren jeweils 1’000 Tonnen (oder mehr) von den Notenbanken angekauft worden. Dies sei auch auf die Politik der Schwellenländer zurückzuführen, die ihre Währungsreserven diversifizieren und sich unabhängiger vom Dollar machen wollen.
Die Gold-ETFs haben laut der Branchenorganisation World Gold Council auch im Februar und März zugelegt. Im Februar betrug der Zufluss 4,1 Prozent. Das ist der stärkste Zufluss bei physisch besicherten Gold-ETFs seit März 2022 (+9,4 Mrd. US-Dollar). Nach grösseren Abflüssen in den Vormonaten haben Gold-ETFs in Nordamerika wieder zugenommen, während die Zuflüsse aus Europa zurückgingen. Der Trend setzt sich in Asien fort, denn auch hier war die Nachfrage zuletzt stark.
Apropos Trends. Im Onlinehandel kursiert aktuell ein kurioser Trend, dieser heisst: Mystery Boxen. Dabei handelt es sich um Retouren grosser Onlineplattformen, die – ohne vorherigen Check – als Überraschungspakete weiterverkauft werden. Der Inhalt der Box bleibt bis zum Öffnen geheim. Der Preis liegt bei rund 25 Franken pro Kilo. Für die Händler ist dieses Modell oft günstiger, als jede Rücksendung einzeln zu prüfen und wieder ins Sortiment aufzunehmen. Für die Käufer bedeutet das: Spannung pur – mit ungewissem Ausgang.
Ich staune, wofür man heutzutage alles das Internet braucht. Wer früher auf der Suche nach unnützem Kram war, ging einfach zur Betriebsweihnachtsfeier. Das nannte man damals Schrottwichteln.
Ich wünsche Ihnen einen Tag, an dem Sie nur das bekommen, was Sie sich gewünscht haben.
Mit goldenen Grüssen
Christian Brenner
Zum Autor: Christian Brenner, Geschäftsführer Philoro Schweiz AG,
Christian Brenner hat Publizistik und Kommunikationswissenschaften studiert und ist seit 2017 Geschäftsführer des inhabergeführten Familienunternehmens Philoro sowie Verwaltungsrat der Philoro Global Trading, der Philoro North America und der Philoro International Holding. Zuvor hatte er von 2011 bis 2019 als Geschäftsführer der Philoro Edelmetalle GmbH in Deutschland agiert. Er ist zudem als Gastdozent an der Universität St.Gallen (HSG) tätig und Mitglied mehrerer Handelsausschüsse der IHK.