Weniger Management, mehr Leadership
Roman Büchler, Miriam Herzberg, Sie nennen das Foran-Team auch die «Business-Gefährten». Warum brauchen Unternehmen externe Gefährten?
RB: In der heutigen schnelllebigen Geschäftswelt ist es entscheidend, wirksam zu sein und zu bleiben. Entscheidend, aber oft auch schwierig, da die Unternehmen mit ständigen Veränderungen, dem technologischen Fortschritt, den steigenden Erwartungen von Kunden und Mitarbeitern, der Globalisierung und der Komplexität der Märkte konfrontiert sind. Durch neue Perspektiven, Fachwissen, objektive Analysen und Unterstützung beim Veränderungsmanagement können wir als Business-Gefährten helfen. Wir unterstützen Unternehmen dabei, eine klare Vision und Strategie zu entwickeln, die internen Prozesse zu verbessern, die Führungskräfte zu stärken und wieder erfolgreich in einer sich ständig verändernden Geschäftswelt zu agieren.
MH: Wir helfen also Unternehmen, nicht nur kurzfristige Ziele zu erreichen, sondern auch langfristig erfolgreich zu sein. Wir sehen uns dabei nicht nur als externe Berater, sondern als Teil des Unternehmensteams, und sind überzeugt, dass erfolgreiche Geschäftsbeziehungen auf gegenseitigem Respekt, Vertrauen und Verständnis beruhen. Deshalb setzen wir auf eine ehrliche Kommunikation und den Austausch von Ideen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die zum Unternehmen passen – und wirklich wirksam sind.
Begleiten Sie nur ganze Unternehmen oder auch Geschäftsbereiche, Teams und Einzelpersonen?
MH: Wir sind dort im Einsatz, wo es aufgrund der Fragen des Kunden und unserer Unternehmensanalyse notwendig ist. Wir bewegen uns flexibel in jedem Unternehmen und sind aufgrund unserer vielfältigen Erfahrungen Ansprechpartner für verschiedene Unternehmensbereiche.
Haben Sie ein Beispiel aus der KMU-Praxis, wie Sie eine Organisation weitergebracht haben?
RB: Wir arbeiten aktuell mit einem KMU aus der Region, das sich im Wachstum befindet. Es ist ein junges Team mit viel Spirit und tollen Mitarbeitern. Das Unternehmen ist in einem umkämpften Markt und möchte sich zukunftsfähig aufstellen. Wir dürfen den Strategieprozess begleiten, bei dem wir bereits mehrmals an Weggabelungen angekommen sind, die zu einem Marschhalt führten. Einmal ging es um Teamentwicklung in der Geschäftsleitung zu einem Kernthema, dass wir lösen halfen, damit der Strategieprozess weitergeführt werden konnte. Ein anderes Mal ging es um Organisationsfragen, die im Raum standen. Wir bewegen uns also nicht mehr wie üblich in der Strategiearbeit auf einem Weg zum einen Gipfel – unsere Arbeit gleicht eher einer Reise auf einer Landkarte, die immer wieder neue Gebiete für unsere Kunden bereithält. Das macht unsere Arbeit interessant und behält unsere Kunden stets fokussiert. Das KMU hat in den vergangenen sechs Monaten eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht.
Die heutige Geschäftswelt ist im Umbruch, man spricht von der VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity und ambiguity). Alte Managementansätze scheinen nicht mehr problemlos zu funktionieren. Ist das klassische Management ein Auslaufmodell?
RB: Der Begriff Management beschreibt die gezielte Kontrolle und Organisation betriebswirtschaftlicher Abläufe und Projekte. Das Ziel eines Managers ist der erfolgreiche Abschluss von Projekten und die Optimierung der Abläufe, der in vielen Fällen mit einem finanziellen Gewinn einhergeht. Die Aufgaben im Management sind oftmals das Analysieren, Planen, Kontrollieren und Steuern. Im Vordergrund steht dabei die optimale Zielerreichung. Insbesondere im mittleren Management geht es viel um das Verwalten und Verteilen von Aufgaben.
MH: Als Leader muss man in der Lage sein, das Unternehmen in die richtige Richtung zu führen und – was essenziell ist und oft nicht gelingt – dem Team diese Richtung effektiv weisen. Einem guten Leader folgen andere Menschen gerne, er motiviert und inspiriert und ist bereit, Risiken einzugehen. Im Leadership spielen daher primär Eigenschaften wie Persönlichkeit, Empathie und Authentizität eine Rolle. Leader sollten mit ihrer eigenen Begeisterung für innovative Ideen auch ihre Mitarbeitenden mitreissen. Ausserdem sollten sie deren Stärken gezielt einsetzen und fördern.
Also weniger Management, mehr Leadership?
RB: Ich durfte vor einigen Jahren ein Referat bei einem Kundenanlass auf dem Jungfraujoch halten. Da habe ich die Parole ausgegeben: «Verwalten war gestern, unternehmen ist morgen!». Dazu stehen wir heute mehr denn je. Auf Ihre Frage gibt es aus unserer Sicht nur eine Antwort: Ja!
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Haben damit auch «alte» Strategien in der Führung ausgedient?
RB: Da möchte ich klarstellen, dass «alte» Strategien ohnehin ausgedient haben. Schwieriger ist es, dem Management beizubringen, dass die Art der Strategiearbeit, wie wir es seit Jahrzehnten kennen, ausgedient hat. Strategie mit einem Fünfjahresplan hat ausgedient. Strategiearbeit und operatives Geschäft müssen verschmelzen, nicht getrennt behandelt werden. Ich nenne das «die omnipräsente Strategie». Damit befasse ich mich aktuell intensiv, da ich nächstes Jahr mein neustes Buch «der dynamikrobuste Strategieprozess» dazu veröffentliche.
Gut, aber man könnte auch argumentieren: Die «alten» Strategien haben sich so lange gehalten, weil sie sich bewährt haben?
RB: Unsere Wahrnehmung in der Praxis ist eher, dass sich «alte» Strategien so lange halten, weil sie niemand mehr findet oder diese nur das Management kennt, das sie erarbeitet hat. Wenn wir eine Organisationsdiagnose durchführen, finden wir oft Strategien aus den guten alten Zeiten. Diese sind längst überholt und wurden nie den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Zu wichtig war und ist das operative Geschäft. Da fällt mir eine Aussage eines CEO in einem produzierenden KMU während unserer gemeinsamen Strategiearbeit ein: «Jetzt haben wir genügend Strategiearbeit gemacht. Nun müssen wir wieder einmal arbeiten.» «Entschuldigung – das ist Ihre Arbeit», entglitt es mir. Das sagt viel über «alte» Strategien aus.
Der Schlüssel zum Erfolg in der VUCA-Welt ist also …?
MH: … verschiedene Perspektiven zu integrieren, um wirksam zu bleiben. Für die Analyse von Unternehmen und Problemen nutzen wir unter anderem die Anwendung der integralen Theorie, die ein ganzheitliches Verständnis der Realität betont. Unternehmen sind gefordert, unterschiedliche Sichtweisen einzubeziehen, ganzheitliche Entscheidungen zu treffen, eine Kultur des Lernens zu fördern und flexible, ethische Geschäftspraktiken anzuwenden. Wenn sie ganzheitlich vorgehen, werden sie besser in der Lage sein, sich zu verändern und langfristig erfolgreich zu bleiben.
Punktet man damit auch bei der Generation Z?
MH: Die Generation Z, aber auch andere Generationen, sind auf der Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit mit flexiblen Arbeitsbedingungen in einem technologisch integrierten Umfeld. Dabei legt sie Wert auf Nachhaltigkeit, Diversität sowie Inklusion. Das heisst, dass Unternehmen diese Faktoren und die Ganzheitlichkeit berücksichtigen müssen, um ein attraktives Arbeitsumfeld für die Generation Z zu schaffen.
Und wie lässt sich eine neu implementierte Strategie am besten fokussieren?
RB: Indem Sie das Zielbild klar und unmissverständlich kommunizieren. Mit Abstand die wichtigste Botschaft ist: Nehmen Sie sich nicht zu viel vor! Machen Sie die wesentlichen Massnahmen zur höchsten Priorität und schliessen Sie diese ab, bevor Sie sich neue vornehmen. Und: Lassen Sie sich Zeit, um zu beurteilen, ob die Massnahmen die gewünschte Wirkung haben. Entscheiden Sie dann, was aufgrund der dann aktuellen Situation die nächsten wesentlichen sind.
Zum Schluss: Roman Büchler, Ihr erstes Buch, das Sie in Eigenregie verfasst haben, heisst «Die neue Leadership-DNA: Prinzipien für einen radikalen Umbau der Führung». Sie erläutern darin fünf Prinzipien, anhand derer Leadership neu gedacht, konstruiert und gelebt werden soll. Können Sie sie für uns kurz zusammenfassen?
RB: Ich erläutere in fünf Kapiteln, wie sich die Prinzipien definieren. Von der inneren Einstellung, dem eigenen Mindset, hin zum Prinzip des Loslassens, dem anschliessenden Perspektivwechsel und der folgenden Investition in Beziehungen. Das alles mündet in das letzte Prinzip, der eigentlichen Arbeit am Unternehmen. Zusammengesetzt ergibt sich so die DNA, nach der das neue Leadership sich entwickelt. Die wichtigste Botschaft an Führungskräfte von heute: Das Normale an echten Veränderungen ist die Veränderung des Normalen. Und das beginnt bei Ihnen selbst.
Text: Stephan Ziegler
Bild: zVg