Wirtschaft

Wie aus Gummibärchen Diamanten werden

Wie aus Gummibärchen Diamanten werden
Fritz Walz
Lesezeit: 5 Minuten

Fritz Walz aus Goldach presst Erinnerungen in Diamanten. Seine «Emotionsdiamanten» vereinen kostbare Erinnerungen zu einem Schmuckstück, zertifiziert nach strengen Standards. Der LEADER konnte hinter die Kulissen blicken – und erfahren, wie man aus Alpakahaar einen Edelstein macht. Aus Menschenasche allerdings können keine Diamanten hergestellt werden – weder in Goldach noch sonst wo.

Diamanten waren schon immer ein Zeichen von Wohlstand und Luxus. Während der Abbau von Diamanten aus der Erde stark in der Kritik steht, können sie in Goldach in einem Labor selbst hergestellt werden – aus kostbaren Erinnerungen und Emotionen.

Die Swiss Diamond Vision GmbH von Fritz Walz bedient Kunden aus den unterschiedlichsten Bereichen. Jeder Auftrag ist speziell und für sich einzigartig. Zu den Kunden zählen vornehmlich Private, aber auch Goldschmiede und Firmenkunden kommen auf die Hersteller der sogenannten «Emotionsdiamanten» zu, um sich Diamanten wortwörtlich massschneidern zu lassen.

Von der Erinnerung zum «Emotionsdiamanten»

Doch wie wird aus einer Erinnerung ein Diamant? Der Weg dorthin ist so schwierig, wie man es sich vorstellt. Am Anfang steht dabei das Ausgangsmaterial, die Erinnerung, die der Kunde vorbeibringt. «Organische Verbindungen (auch als organische Stoffe, organisches Material bezeichnet) sind Verbindungen, die Kohlenstoffatome enthalten. Wir stellen aus solchen Stoffen (z.B. Blumen, Kleider, Haare, Papier, Leder etc.) durch Erhitzen bei ca. 1600 Grad C unter Schutzgas Kohlenstoff her.»

Damit ist der erste Schritt geschafft. Anschliessend wird sogenanntes «hexagonales Graphit» erzeugt – das Ausgangsmaterial für Diamanten. «Konkret sind es HPHT (high pressure, high temperature) Diamanten – unsere Emotionsdiamanten», erklärt Fritz Walz.

Unter Druck entstehen Diamanten

Der Herstellungsprozess simuliert dabei die Bedingungen innerhalb der Erde, die auch für die Entstehung von natürlichen Diamanten notwendig sind. «Hoher Druck und hohe Temperatur.» So wie es auch im Erdmantel bei rund 200 Kilometern Tiefe der Fall ist. Für das Erreichen dieser Wachstumsbedingungen (ca. 60’000 bar Druck, Temperaturen von ca. 1500 Grad C) werden bei Walz hydraulische Cubic-Pressen eingesetzt.

«Die Wachstumszelle besteht dabei aus einer Pyrophyllit-Keramik, die Temperatur wird durch Widerstandsheizung erzeugt. Der hexagonale Graphit löst sich so im oberen Teil der Wachstumszelle (höhere Temperatur)», so Fritz Walz. Da der Graphit in Kontakt mit einer Metallschmelze ist, lagern sich die Kohlenstoffatome im unteren Bereich der Zelle auf der Oberfläche eines Impfdiamanten an und wachsen bis zu 16 Karat als Rohdiamant (1 Karat = 0,2 g). Die Diamant-Wachstumsrate beträgt im Durchschnitt 15 mg/Stunde. So werden aus Erinnerungen Diamanten.

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«Unsere Emotionsdiamanten werden gleich wie Naturdiamanten zertifiziert.»

Zertifizierte Emotionsdiamanten

Anschliessend werden die Diamanten geschliffen. Das passiert jedoch nicht in Goldach, sondern in Antwerpen in Belgien. «Unsere Diamantschleifer dort haben die Erfahrung und die nötige Kompetenz in der Bearbeitung von HPHT-Diamanten. Abgesicherte Transporte und moderate Preise sind ebenfalls ein Vorteil», so der Diamantenspezialist.

Doch auch hier gibt es entscheidende Unterschiede. «Kleine Steine bis drei Millimeter werden in Indien geschliffen, ab 0,25 Ct in Antwerpen. Unsere Emotionsdiamanten werden gleich wie Naturdiamanten von anerkannten gemmologischen Laboratorien (z.B. GGTL Balzers oder SSEF Basel) nach den vier C (Farbe, Schliff, Reinheit, Grösse) zertifiziert. Die Zertifikatsnummer wird auf Wunsch mittels Laser eingraviert», erläutert Walz.

Die im Labor gewachsenen Diamanten erfüllen damit also strenge Anforderungen und Auflagen. Doch nicht nur in Bezug auf die konservierte Erinnerung unterscheiden sich die Labor-Diamanten von denen aus der Erde. Auch bezüglich Umwelt und Menschenrechten ist Walz ein Vorbild.

Konfliktfrei und umweltverträglich

«Unsere im Labor gewachsenen Diamanten sind ökologisch nachhaltig, konfliktfrei und voll mit Emotionen.» Sie sind preislich auch bedeutend günstiger als Naturdiamanten, sind aber im Aufbau und von der Chemie her absolut identisch mit Diamanten aus der Erde. «Diese nennt man auch Naturdiamanten», sagt Fritz Walz.

Mit einer generellen Falschannahme will Walz direkt aufräumen: Nämlich, dass man die Asche eines geliebten Menschen in einen Diamanten pressen und beispielsweise am Finger tragen kann. Walz: «Wir wollen festhalten, dass gemäss unseren Kenntnissen und den Untersuchungen in Deutschland durch anerkannte Labors in der Krematoriumsasche von Menschen oder Tieren keine oder nur sehr minimale Mengen an Kohlenstoff vorhanden sind – eine Menge, die niemals zur Herstellung von Diamanten genügen würde.»

Auch die Aussagen von Prof. Dr. Henry A. Hänni – ehemals SSEF, Basel – sind klar: «Beim Verbrennen (Kremieren) reagiert der Kohlenstoff bei den verwendeten Temperaturen mit dem Sauerstoff der Luft und bildet CO₂-Gas, das entweicht. In der Asche ist kein Kohlenstoff vorhanden.»

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«Jeder an Swiss Diamond Vision erteilte Auftrag ist einmalig.»

Ein Stück Alpaka in einem Diamanten

Daher werden andere Arten von Erinnerungen konserviert. Darunter unter anderem Haare von einem Haustier, Pflanzen – oder auch mal ein Gummibärchen. Kein Witz: «Jeder an Swiss Diamond Vision erteilte Auftrag zur Herstellung eines Emotionsdiamanten ist einmalig und bleibt uns so auch in Erinnerung.» Eine kurze Anekdote hierzu: «Ein Kunde hat als Pate eines Alpaka-Tieres Fellteile zu einem Diamanten verarbeiten lassen und diesen Diamanten dann zusammen mit seinem Alpaka bei uns im Labor persönlich abgeholt.»

Für sich selber stellt Walz übrigens keine Diamanten her. Jedoch für seine Enkelin. «Effektiv haben wir bis heute noch keinen Emotionsdiamanten für uns selber gemacht. Wir haben jedoch unter anderem für eine unserer Enkelinnen aus Haribo-Bärchen (Zucker) in den jeweiligen Farbtönen je einen Diamanten hergestellt – auch wenn ihr eines Tages die geliebten Bärchen nicht mehr schmecken sollten, so bleiben ihr Gummibärchen-Diamanten.»

«Effektiv haben wir bis heute noch keinen Emotionsdiamanten für uns selber angefertigt.»

Die Farbe macht den Unterschied

Farbe ist ein gutes Stichwort: Wie auch die Süssigkeiten in ihren Farben variieren, so können auch die Färbungen der Diamanten unterschiedlich sein. Fritz Walz kann dies durch die Zugabe von Stickstoff und anderen Stoffen beeinflussen. Er ist überzeugt, dass die richtige Farbe die Emotionen noch verstärkt. Vor allem, wenn sie dem Farbton des Ausgangsmaterials angepasst werden.

«Weisse Diamanten haben keinen Stickstoff, gelbe und braune Diamanten enthalten Stickstoff, der Zusatz von Bor ergibt blaue Diamanten. Grüne Diamanten erhalten ihre Farbe durch künstliche Bestrahlung (Elektronen), pinkfarbene, rote und schwarze Diamanten hingegen durch Erwärmung (Mikrowelle).»

Walz führt aus: «Wir versuchen auch, bei unseren Schmuckideen spezielle Materialien wie Oxid-Keramiken oder mechanische Komponenten einzubringen (z.B. bei unseren drehbaren Ringen), um so zusammen mit den Emotionsdiamanten eine eigene, persönliche Schmucklinie zu kreieren.»

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Vom Parfum zum Diamant

Zudem arbeitet man derzeit an der Entwicklung von verschiedenen Parfum-Duftnoten. Die dazu verwendeten Pflanzen stammen aus der Region und werden mit synthetischen Duftstoffen vermischt. Daraus entsteht am Schluss ein Parfum. «Die dafür verwendeten Stoffe sind die gleichen organischen Substanzen, welche auch für die Herstellung von Emotionsdiamanten verwendet werden», erläutert Fritz Walz.

Im Flacon-Kopf des Parfums wird, selbstverständlich, ein zertifizierter Diamant aus Goldach eingesetzt. Ist das Parfum aufgebraucht, wird der Kopf mit dem Diamanten an Walz retourniert und gemeinsam das gewünschte Schmuckstück erarbeitet. Rohstoffe – Parfum – Emotionsdiamant – Schmuckkreation in einem Kreislauf. Dies ist erst der Anfang des «Circle of Competence».

Text: Fabian Alexander Meyer

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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