Meyer Burger: Sonnige Zukunft im Toggenburg?

Der Schweizer Solarpionier Meyer Burger befindet sich in einer kritischen Phase seiner Unternehmensgeschichte. Gegründet 1953 in Gwatt bei Thun, hat sich das Unternehmen von einem Maschinenbauer zu einem führenden Anbieter in der Photovoltaikbranche entwickelt. Doch der global dominierte Solarmarkt, insbesondere die staatlich subventionierte Konkurrenz aus China, setzt europäischen Herstellern massiv zu. In den vergangenen Jahren geriet Meyer Burger in wirtschaftliche Turbulenzen, die zu tiefgreifenden strategischen Neuausrichtungen führten.
Ein zentrales Problem: Die Herstellungskosten in Europa machen es schwer, mit günstigeren Produkten aus Asien zu konkurrieren. Erst kürzlich musste das Unternehmen eine Brückenfinanzierung von rund 39,5 Millionen US-Dollar sichern, um seine Liquidität zu stabilisieren. Parallel dazu sorgte die Kündigung eines wichtigen Vertrags durch einen US-amerikanischen Abnehmer für Unruhe. Trotz dieser Herausforderungen bleibt Meyer Burger ein Symbol für Schweizer Innovationskraft – und für das Potenzial, die Solarindustrie in Europa neu zu beleben.
Ein Visionär bringt Hoffnung
Inmitten dieser schwierigen Lage gibt es einen Lichtblick: Urs Anderegg, Meyer-Burger-Aktionär und Fotograf aus St.Gallen, treibt eine bemerkenswerte Initiative voran. Sein Ziel: die Produktion von Solarmodulen ins Toggenburg zu holen und damit nicht nur Meyer Burger, sondern auch der Region neuen Schwung zu verleihen.
Anderegg, dessen Herz seit jeher für Solarenergie schlägt, hat eine klare Vision. «Die Schweiz muss ihre Abhängigkeit von ausländischen Herstellern reduzieren, insbesondere bei einer Schlüsseltechnologie wie der Solarenergie», erklärt er. Seine Idee sei nicht nur eine emotionale Herzensangelegenheit, sondern auch ein rationaler Ansatz, um Meyer Burger neue Perspektiven zu bieten. Mit dem Gütesiegel «Made in Switzerland» könnten Solarmodule von Meyer Burger international stärker punkten, während innovative Finanzierungsmodelle – wie ein Kick-back-System der Nutzer – die Produkte konkurrenzfähig machen sollen.
Urs Andereggs Ansatz zeigt, dass eine Produktion in der Schweiz nicht zwingend teurer sein muss: «Mit einem intelligenten Finanzierungssystem und einer transparenten Kommunikation können wir wettbewerbsfähige Preise erzielen und die Nachfrage nach hochwertigen Solarmodulen steigern», so der umtriebige Fotograf, dessen Unternehmen sinnigerweise Sungallen heisst.
«Wir unterstützen ein allfälliges Projekt gerne im Rahmen unserer Möglichkeiten.»
Das Toggenburg als «Energietal»
Das Toggenburg, das sich bereits als «Energietal» positioniert hat, biete gemäss Anderegg ideale Voraussetzungen für ein solches Projekt. Potenzielle Standorte wie Wil West oder andere Gemeinden der Region könnten Meyer Burger nicht nur die nötige Infrastruktur, sondern auch ein unterstützendes Netzwerk bieten.
«Wir laden Meyer Burger herzlich dazu ein, bei uns im Energietal Toggenburg einen Produktionsstandort zu realisieren. Bisher haben wir von dieser Idee erst im LEADER erfahren und hatten noch keinen Kontakt diesbezüglich zu Meyer Burger», sagt Patrizia Egloff, Präsidentin des Fördervereins Energietal Toggenburg. «Unsere Region bietet für den Solarspezialisten viele Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln.
Das Bekenntnis der zehn Toggenburger Gemeinden zum Energietal Toggenburg und damit zu den erneuerbaren Energien legt hierfür den Grundstein.» Der Ausbau erneuerbarer Energien im Toggenburg führe zu regionaler Wertschöpfung und werde von Energietal Toggenburg aktiv vorangetrieben. «Unsere Energieakademie am BWZT bildet zudem die benötigten Fachkräfte aus, und die vielen kompetenten Handwerksbetriebe bieten ein ideales Netzwerk für einen neuen Standort», so Egloff.
Mit dem neusten Leuchtturm, dem geplanten Werkraum Holz & Energie in Wattwil, finde die Innovation im engen Austausch von Bildung, Wirtschaft und Forschung ihre Verankerung im Toggenburg. Das klare Bekenntnis der Region, der Handwerker und Ausbildungsstätten bilden somit optimale Rahmenbedingungen, und Meyer Burger würde hierher passen. «Wir unterstützen ein allfälliges Projekt gerne im Rahmen unserer Möglichkeiten und mit unserem Netzwerk», so die Präsidentin.
Kreative Ansätze und regionales Engagement können sich lohnen
Die Ansiedlung eines Meyer-Burger-Standorts im Toggenburg könnte weit über die wirtschaftlichen Vorteile hinausgehen. Es wäre ein Signal für die Innovationskraft der Schweiz und ein Beitrag zur Stärkung der heimischen Industrie. Zudem könnte das Projekt nachhaltige Arbeitsplätze schaffen und die Region als Vorreiter im Bereich erneuerbarer Energien positionieren.
Das sieht auch Daniel Blatter, Geschäftsführer des Vereins Region Toggenburg, so: «Wir begrüssen es natürlich, wenn Ansiedlungen im Toggenburg realisiert werden können. Inwiefern hier Absichten bei Meyer Burger AG bestehen, können wir nicht abschätzen. Gemäss verschiedenen Medienberichten hat Meyer Burger AG aktuell einige Herausforderungen zu meistern – ob jetzt eine grössere Investition möglich ist, können wir nicht beurteilen.» Bei konkreten Absichten wolle seine Organisation aber ihre Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Standort anbieten, dies gemeinsam mit der kantonalen Standortförderung. «Wir gehen davon aus, dass in diesem Fall auch Fragen bezüglich der Raumplanung und der verkehrlichen Erschliessung auftreten; auch hier können wir unsere Dienste anbieten», so der Geschäftsführer.
Während Meyer Burger mit globalen Herausforderungen kämpft, könnte die Initiative von Urs Anderegg ein Schlüssel zur Zukunft des Unternehmens sein. Ob sich die Vision einer Solarmodulproduktion im Toggenburg realisieren lässt, bleibt abzuwarten. Doch sie zeigt, dass kreative Ansätze und regionales Engagement eine Antwort auf die Probleme der globalisierten Märkte sein können.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer