Gesundheit am Arbeitsplatz

Burnout erfordert eine umfassende Behandlung

Burnout erfordert eine umfassende Behandlung
Martina Wick, Casemanagerin
Lesezeit: 5 Minuten

Kadermann Eugen Schneider negierte die Anzeichen für einen Burnout so lange, bis es nicht mehr ging. Schliesslich suchte er doch professionelle Hilfe. In der Privatklinik Aadorf erhielt er eine individuell abgestimmte Behandlung, heute ist er wieder an seinem alten Arbeitsplatz tätig.

Die Karriere von Eugen Schneider (Name geändert) war beachtlich. Nach verschiedenen Positionen in der Privatwirtschaft wechselte er in ein kantonales Unternehmen, wo er rasch mit Führungspositionen betraut wurde. Seine Verantwortung und sein Renommee wuchsen; Schneider galt als kompetenter und beliebter Kollege und Vorgesetzter.

Eines Tages zeigten sich bei Eugen Schneider erste An-zeichen von Müdigkeit, er fühlte sich immer öfter schlapp. Neben der hohen Arbeitsbelastung mit etlichen parallel laufenden Projekten und der Verantwortung für viele Mitarbeiter kriselte es auch in seiner Ehe. Die Symptome wurden nicht besser, im Gegenteil. Eugen Schneider hatte zunehmend Konzentrationsprobleme und eine gewisse Antriebslosigkeit, was sich in Prokrastination manifestierte: Der Vorgesetzte, der so entscheidungsfreudig und zupackend war, schob immer öfter wichtige oder lästige Arbeiten auf. Er beklagte Kopfschmerzen und Schwindel, er spürte eine innere Unruhe und hatte einen schlechten Schlaf.

Mit der Zeit erkannte Eugen Schneider, dass es sich bei den Symptomen um mehr als nur vorübergehende Stress-Erscheinungen handelte, auch seine Ehefrau registrierte die für sie unangenehmen Veränderungen ihres Mannes. Dennoch liess Eugen Schneider fast ein Jahr ins Land ziehen, bis er sich überwinden konnte, sich von seinem Hausarzt an einen Psychiater und Psychotherapeuten überweisen zu lassen. Dieser stellte die Diagnose eines Burnouts und auch einer depressiven Episode. Im ambulanten Setting zeigte sich aber keine ausreichende Besserung. Nach drei Monaten erfolgloser ambulanter Therapie meldete der Psychotherapeut seinen Patienten bei der Privatklinik Aadorf an, die ihm als spezialisierte Einrichtung zur Behandlung von Burnout und Depression bekannt war.

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«Grundsätzlich stehen bei Casemanagement immer die Perspektive und der Krankheitsverlauf des Patienten im Zentrum.»

Ganzheitliche Behandlungen

«Bei uns in der Privatklinik Aadorf wurde der Patient nach integrativem, methodenübergreifendem Ansatz behandelt», sagt Steffen Stoewer, Chefarzt vom Landhaus der Klinik Aadorf. «Eugen Schneider erhielt neben der medizinisch-psychiatrischen Abklärung und Behandlung einen individuell zusammengestellten Behandlungsplan mit mehrfach wöchentlicher Einzelpsychotherapie, in der die Hintergründe der Problematik vertieft bearbeitet wurden.» Zudem wurde Eugen Schneider fundiert über das Wesen seiner Krankheit aufgeklärt und erfuhr, wie er beispielsweise durch Aktivierung eigener Ressourcen eine aktive Rolle in der Behandlung einnehmen kann.

Zu der umfassenden Behandlung während des Klinikaufenthaltes gehörten auch Ergotherapie, eine Kreativ- und Gestaltungstherapie, Entspannungstherapie, progressive Muskelrelaxation und Yoga. «Die Genesung des Patienten wurde durch eine antidepressive Pharmakotherapie ergänzt», erklärt Steffen Stoewer, «zusätzlich erfolgte der Ausgleich eines laboranalytisch festgestellten Vitaminmangels.»

Dr. med. Dr. rer. nat. Steffen Stoewer, Dr. med. Roland Kowalewski
Dr. med. Dr. rer. nat. Steffen Stoewer, Dr. med. Roland Kowalewski

Massnahmen gut koordinieren

In der Privatklinik Aadorf haben alle Patienten Anspruch auf ein Casemanagement. Dabei werden in Gesprächen mit den Patienten deren Bedürfnisse abgeklärt. «Um eine möglichst optimale Wiedereingliederung zu ermöglichen, finden auf Wunsch und im Auftrag der Patienten dann Gespräche mit anderen wichtigen Playern statt, insbesondere mit dem Ar-beitgeber und gegebenenfalls einem externen Casemanagement», erläutert Steffen Stoewer. Solche Gespräche werden in enger Absprache mit dem Kernbehandlungsteam aus fallführenden Psychotherapeuten, der Kaderärztin oder dem Kaderarzt und einer pflegerischen Bezugsperson geplant.

Im Fall von Eugen Schneider kümmerte sich seitens Klinik Casemanagerin Martina Wick darum, die verschiedenen Handlungsstränge optimal miteinander zu verknüpfen. Sie hat geholfen, die verhärteten Fronten in der Beziehung zum Arbeitgeber aufzuweichen und gegenseitiges Verständnis aufgebaut. «In einem ersten Schritt geht es darum, die jeweiligen Befindlichkeiten einmal zu deponieren», sagt Martina Wick. «In einer nächsten Phase wird dann die Planung verfeinert. Wir erörtern etwa gemeinsam, wie vorübergehende oder auch bleibende Anpassungen des Arbeitsplatzes aussehen können.»

«Die Prognose der Wiedereingliederung ist umso besser, je detaillierter die Bedürfnisse der verschiedenen Stakeholder bekannt sind – und je besser diesen Rechnung getragen werden kann», ergänzt Steffen Stoewer. «Grundsätzlich stehen beim Casemanagement die Perspektive und der Krankheitsverlauf des Patienten im Zentrum.» In der Regel würden alle Player von einer guten Koordination profitieren: «Arbeitgeber, nachbehandelnde Ärzte, Spezialisten anderer Fachdisziplinen, Psychotherapeuten, Krankentagegeldversicherungen und Krankenkassen können so Ressourcen optimal allozieren.»

 

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«In Paargesprächen mit der Ehefrau des Patienten konnten gegenseitige Erwartungen geklärt und Enttäuschungen bearbeitet werden.»

Als Casemanagerin von Eugen Schneider initiierte Martina Wick zudem Gespräche mit der Casemanagerin des Arbeitgebers. Aber auch die belastete private Situation wurde rasch angegangen: «In Paargesprächen mit der Ehefrau des Patienten durch die fallführende Psychotherapeutin konnten ge-genseitige Erwartungen geklärt und Enttäuschungen bearbeitet werden», erklärt Martina Wick.

Nach einem zweimonatigen Aufenthalt konnte Eugen Schneider gestärkt und zuversichtlich aus der Privatklinik Aadorf austreten. Die Verantwortung für die Behandlung des Patienten ging damit auf die nachbehandelnden Ärzte über. «Die Privatklinik Aadorf bereitet die Phase nach dem Austritt im Hinblick auf die Wiedereingliederung eines Patienten möglichst umfassend vor», sagt Steffen Stoewer.

Gewisse Symptome bleiben

Eugen Schneider wurde nach seinem Austritt aus der stationären Behandlung der Klinik Aadorf für wenige Wochen eine reduzierte Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Danach konnte er bereits wieder voll ins Berufsleben einsteigen. Die depressive Symptomatik war weitestgehend remittiert, vom eigentlichen Burnout war ihm also kaum noch etwas anzumerken. «Die Konzentration von Eugen Schneider war deutlich verbessert, seine Stimmung ausgeglichen, und auch die körperlichen Beschwerden waren nicht mehr vorhanden», resümiert Steffen Stoewer.

Nach einem Burnout oder einer Depression komme es in der Regel zu einer guten Genesung der betroffenen Patienten, wobei es in Einzelfällen auch zu chronifizierten Verläufen kommen könne, die mit dauerhaft reduzierter Leistungsfähigkeit einhergehen. «Das kann insbesondere dann passieren, wenn Patienten zu lange auf eine Spontanheilung hoffen und keine professionelle Hilfe suchen.» In der Privatklinik Aadorf wird der individuelle Behandlungserfolg kontinuierlich erfasst, wie Steffen Stoewer erläutert, für die Depression zeigen die Fragebögen einen Symptomrückgang um gut 50 Prozent, bei Angst um fast 40 Prozent und beim Selbstwert um ebenfalls fast 40 Prozent. Von Fall zu Fall ergeben sich aber grosse Unterschiede. «Vereinfachend könnte man sagen, dass es den meisten Patienten deutlich besser geht, gleichzeitig gewisse Symptome aber noch nachhängen können.»

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Verhalten ändern

Nach der Rückkehr ins frühere Leben wird den Patienten geraten, mit den eigenen Ressourcen haushälterisch umzugehen, Frühwarnzeichen eigener Überlastung zu erkennen. «Die Patienten werden darauf sensibilisiert, sich rechtzeitig zu entlasten und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen», sagt Steffen Stoewer. Der Rat, die Ar-beitsbelastung den eigenen Möglichkeiten anzupassen, auf die Work-Life-Balance zu achten und nicht längerfristig über eigene Grenzen zu gehen, geht nicht nur an ehemalige Burnout-Patienten – gerade sie sollten sich aber von überhöhten Selbstansprüchen lösen. «Ein regelmässiger Austausch mit den Vorgesetzten zur Klärung der Erwartungen kann dabei sehr hilfreich sein», betont Steffen Stoewer.

Ebenso gilt es, auch das familiäre Umfeld zu beachten. Mit der Ehefrau von Eugen Schneider wurden deshalb nach dem Austritt einige Paargespräche realisiert, damit gerade nach der sehr belastenden Zeit der Depression Irritationen geklärt und bearbeitet werden konnten.

«Zuerst werden die Befindlichkeiten deponiert.»

Text: Philipp Landmark

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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