Stress im Beruf ist allgegenwärtig

Die Welt steckt in einem immer rasanteren Wandel. Nicht nur, dass eine abgewirtschaftete frühere Weltmacht in Europa neue Kriege anzettelt oder ein kleines Virus den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerbröseln lässt, auch der technologische Wandel konfrontiert uns mit Neuerungen, die wir zwar nicht wirklich verstehen, aber schon längst unseren Alltag dominieren.
Anwendungen mit künstlicher Intelligenz als vorläufigem Höhepunkt der Digitalisierung durchdringen in rasantem Tempo die Arbeitswelt. Und die Frage «wird meine Arbeitsleistung entbehrlich?» stellt sich immer häufiger.
Wahrscheinlich ist ja, dass die Suppe nicht so heiss gelöffelt wird, wie sie in dramatischen Prognosen angerichtet wird – schon jeder technologische Wandel schreckte erst einmal ab, weil die Chancen nicht verstanden wurden. Wieso sollte Künstliche Intelligenz nicht für mehr und interessantere Arbeitsplätze sorgen?
Noch ist die Entwicklung nicht absehbar. Dass solche vagen Aussichten aber für Unsicherheiten sorgen, ist Tatsache. Angst um den Arbeitsplatz kann ebenso wie zu viel Arbeit, eine stumpfsinnige Tätigkeit oder ein unfähiger Vorgesetzter zu einer Belastung für Berufsleute werden. 5,1 Millionen Erwerbstätige gibt es in der Schweiz, deutlich mehr als ein Viertel davon ist Belastungen in einem kritischen Ausmass ausgesetzt.
Freiwillige Gesundheitsförderung
Das Gesetz schreibt in der Schweiz vor, dass ein Arbeitgeber alle Anordnungen erteilen und alle Massnahmen treffen muss, die nötig sind, um den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit zu wahren und zu verbessern. Insbesondere müssen Arbeitgeber dafür sorgen, dass ergonomisch und hygienisch gute Arbeitsbedingungen herrschen; die Gesundheit nicht durch physikalische, chemische und biologische Einflüsse beeinträchtigt wird; eine übermässig starke oder allzu einseitige Beanspruchung vermieden wird; und die Arbeit geeignet organisiert wird. Weiter ist festgehalten, dass alle Massnahmen, die eine Behörde vom Arbeitgeber zum Gesundheitsschutz verlangt, im Hinblick auf ihre baulichen und organisatorischen Auswirkungen verhältnismässig sein müssen.
Während das Gesetz noch stark auf Berufsunfälle und Berufskrankheiten fokussiert, wundert sich heute niemand mehr, wenn im engsten Umfeld jemandem ein Burnout diagnostiziert wird. Das hat vor allem zwei Gründe: Es gibt ganz einfach mehr Burnouts, aber diese Fälle werden auch eher erkannt, benannt und behandelt.
Zufriedene und gesunde Mitarbeiter leisten mehr.
Das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz erschöpfte sich lange in Unfallverhütung, heute richtet sich das Augenmerk vor allem auf psychische Erkrankungen. Treiber dieser Entwicklung sind weniger staatliche Vorschriften – freiwilliges Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) gehört in modernen Betrieben zum guten Ton. Abgesehen davon hat es auch eine ökonomische Kompetente: Zufriedene und ge-sunde Mitarbeiter leisten mehr. Und wenn ein Betrieb einen Mitarbeiter auf dem Weg zurück aus einem Burnout gut unterstützt, hat er eine Fachkraft gewonnen.
Noch müssen die Betriebe, aber auch die Kollegen, dazulernen. Kommt jemand nach einem Skiunfall mit Krücken
ins Büro, dann helfen alle, rücken Stühle zurecht, holen den Pausenkaffee. Bei jemandem, der eine psychische Krise hinter sich hat, ist dieses Bewusstsein noch sehr gering. Fachstellen wie das Forum BGM Ostschweiz weisen deshalb darauf hin, dass auch diese Menschen Unterstützung brauchen. Etwa Kollegen, die schauen, dass sich die Person nicht gleich wieder selbst überfordert.
Label für Arbeitsplatz
Unternehmen, die auf Faktoren wie Gesundheit am Arbeitsplatz achten, können sich auch im härter werdenden Rekrutierungsprozess gegenüber potenziellen neuen Mitarbeitern profilieren. Besonders chic geht das mit dem Label «Friendly Work Space», das die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz verleiht. Über 100 Unternehmen können inzwischen mit dieser Auszeichnung zeigen, dass sie betriebliches Gesundheitsmanagement systematisch um-setzen. Darunter sind viele Staatsbetriebe oder staatsnahe Unternehmungen, aber auch private Unternehmungen. Aus der Ostschweiz sind beispielsweise die Camion Transport AG Wil, die St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG SAK, die Helvetia, die Kliniken Valens oder auch die Hilcona AG Schaan dabei.
Text: Philipp Landmark
Bild: unsplash