Ein Leser hätte sich über wir-impfen.ch für die Covid-Impfung in einem St.Galler Impfzentrum angemeldet und einen ersten Termin zugeteilt bekommen, berichtet das Portal stgallen24. Aus persönlichen Gründen konnte er den Termin nicht wahrnehmen und vergass, diesen abzusagen. Danach erhielt er von wir-impfen.ch eine Mail, die ihn auf das Versäumnis aufmerksam machte und ihn aufforderte, dem Support mitzuteilen, ob er den Termin vielleicht doch wahrgenommen habe.
Das konnte der Leser durch ein paar Klicks auf wir-impfen.ch erledigen – «aus Spass» habe er dabei angeklickt, er habe den Termin wahrgenommen und sei geimpft worden. Kurze Zeit später konnte er den entsprechenden Impfnachweis herunterladen, der ihm eine erste Impfung mit Moderna bescheinigte.
Covid-Zertifikat eingefordert – und bekommen
Beim zweiten Impftermin, den sich der Leser geben liess, wiederholte sich das Prozedere – der St.Galler ging nicht zur Impfung, konnte danach aber auf wir-impfen.ch bestätigen, dass er den Termin doch wahrgenommen habe.
Als der stgallen24-Leser das Covid-Impfzertifikat (Symbolbild: BAG) des Kantons nicht umgehend erhielt, schrieb er an den Support, wann er es bekomme – und erhielt kurz darauf das offizielle Covid-Impfzertifikat des Kantons St.Gallen zugestellt, das dann wiederum in das eidgenössische Impfzertifikat umgewandelt werden konnte.
«Alle meine Kollegen, die sich nicht impfen, aber auch nicht einschränken lassen möchten, wollen nun nach diesem System vorgehen», sagt der junge Mann zu stgallen24, der offensichtlich eine massive Sicherheitslücke im Impfsystem des Kantons gefunden hat.
«Keine Sicherheitslücke, sondern Falschangaben»
Dem sei nicht so, entgegnet das St.Galler Gesundheitsdepartement auf Anfrage von stgallen24. «Es handelt sich dabei nicht um eine Sicherheitslücke, sondern um den Umstand, dass sich eine Person mit Falschangaben ein Impfzertifikat erschleicht. In den Nutzungsbedingungen auf wir-impfen.ch wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Falsch-Informationen rechtliche Schritte nach sich ziehen können», konstatiert das Gesundheitsdepartement. Falschangaben stellen einen Straftatbestand dar.
Bei begründeten Hinweisen, dass die gemachten Angaben nicht wahrheitsgetreu sind, werden kantonale Impfbestätigungen und nationale Zertifikate annulliert und weitere rechtliche Schritte geprüft. «Wir gehen aber grundsätzlich davon aus, dass sich Personen impfen lassen wollen, um vor einer Covid-19 Infektion geschützt zu sein – und nicht, um sich ein Covid-Zertifikat zu erschleichen.»
Seit Juni nicht mehr möglich
In Ausnahmefällen wurde beim Impfen in der Arztpraxis oder im Impfzentrum die elektronische Erfassung der Impfung nicht korrekt gemacht. Mit der erwähnten Funktion konnte die geimpfte Person im Nachhinein die Impfung bestätigen. Die Funktion ist seit Juni nach einem Systemupdate nicht mehr möglich.
«Bis zur Systemumstellung im Juni waren im System 38 Personen aufgeführt, die eine Impfung im Nachhinein zweimal manuell bestätigt und ein Zertifikat erhalten haben», so das Gesundheitsdepartement zu stgallen24. Es waren vor allem über 60-Jährige, die dies betraf. «Wir gehen davon aus, dass die Mehrheit dieser Personen wahrheitsgetreu geantwortet haben. Bis jetzt wurden im Kanton St.Gallen über 260'000 Personen geimpft.»
Aber warum verliess sich der Kanton überhaupt auf manuelle Bestätigungen von Geimpften oder eben auch: Nicht-Geimpften? «Die Möglichkeit zur manuellen Bestätigung der Impfung wurde geschaffen, da wir grundsätzlich davon ausgegangen sind, dass sich die Angemeldeten impfen lassen wollen. Dass bei einer Person zwei Mal vergessen wurde, die Impfung elektronisch korrekt zu erfassen, ist sehr unwahrscheinlich. Wir gehen davon aus, dass die Mehrheit dieser Personen wahrheitsgetreu geantwortet haben. Die doppelte manuelle Bestätigung ist aber seit Juni definitiv nicht mehr möglich.»
Erschlichene Zertifikate können jederzeit annulliert werden; denn jede Ausstellung eines Zertifikates wird elektronisch dokumentiert.