Hauseigentümer in der Pflicht

Stefan Zuber ist Kaminfeger aus Leidenschaft – in dritter Generation. Wie sein Grossvater und sein Vater steigt der eidg. dipl. Kaminfegermeister und Feuerungskontrolleur mit eidg. Fachausweis «den Leuten aufs Dach». 1996 fing er an, heute kümmert er sich mit drei Mitarbeitern und Gattin Maja (Administration) um Kamine und Feuerungsanlagen in den Gemeinden Bichelsee-Balterswil, Fischingen, Aadorf und Matzingen.
Stefan Zuber – was ändert sich ab Januar 2021?
Das Kaminfeger-Monopol wird im Kanton Thurgau aufgehoben. Anders als bisher sind also nicht mehr wir, als alle 4 Jahre von der Gemeinde gewählter Kaminfegerbetrieb, dafür verantwortlich, dass die Feuerungsanlagen periodisch überprüft und gereinigt werden, sondern die Hausbesitzer. Diese können ab 1. Januar wählen, wer die Prüfung und Reinigung ausführen soll.
Die Hausbesitzer erhalten also mehr Freiheit?
Ja und Nein. Zwar haben sie beim Anbieter mehr Freiheit. Andrerseits werden ihnen Pflichten auferlegt, die sie bisher nicht hatten, und die im Schadensfall schwer wiegen können.
Von welchen konkreten Pflichten reden wir?
Hauseigentümer müssen künftig selbst sicherstellen, dass ihre Feuerungsanlage immer in betriebsbereitem, sauberem Zustand ist und die Vorschriften hinsichtlich Abgasen, Betriebssicherheit und Feuerschutz erfüllt. Bisher führten wir darüber Buch, gingen aktiv auf die Immobilienbesitzer zu, wenn die periodische Überprüfung und Reinigung anstand. So waren Hausbesitzer auf der sicheren Seite, mussten sich um nichts kümmern.
Und was müssen sie ab Januar 2021 tun?
Zwei Dinge: Dafür sorgen, dass ihre Feuerungsanlagen zeitgerecht gereinigt werden – und dass dies professionell geschieht. Der Gesetzgeber hat zwar das Kaminfeger-Monopol gekippt. Doch die gesetzliche Reinigungspflicht bleibt davon unberührt. Auch muss die Arbeit weiterhin zwingend von einem vom Kanton zugelassenen Kaminfegermeister ausgeführt werden. Wird zu selten oder mangelhaft gereinigt, kann die Gebäudeversicherung im Schadensfall die Leistungen kürzen.
Das kann teuer werden ... Apropos Geld: Werden die Preise dank der Liberalisierung sinken?
Kaum. Der bisherige, kantonal fixierte Stundensatz liegt mit unter 80 Franken sehr tief. Doch es rechnete sich, weil wir bisher «unsere Kundschaft» auf sicher hatten und sehr gut planen konnten. Das ändert sich nun. Wir werden mehr Leerläufe haben und wir müssen aufgrund des Wettbewerbs auch in Werbung investieren. Das kostet Geld und schlägt auf die Preise durch. Im Kanton Zürich stiegen diese seit der Liberalisierung um bis zu 20 %.
Wie gehen Sie mit der Neuerung um? Und was raten Sie den Hausbesitzern?
Wir werden mit Flyern informieren und bieten alle unsere Dienstleistungen unverändert weiter an: die Reinigung von Feuerungsanlagen mit Holz-, Öl- oder Gasbetrieb, Feuerungs- und Abgaskontrollen sowie CO-Messungen. Wir melden uns wie gewohnt bei allen Kunden für die termingerechte Ausführung der nötigen Arbeiten. Diese können dann frei entscheiden, ob sie uns wählen – oder jemand anderen. Für unsere Kunden übernehmen wir künftig wie bisher die Verantwortung zur Einhaltung der Reinigungsfristen und der Dokumentation aller Arbeiten. So ist im Schadenfall volle Rechtssicherheit gewährleistet.
Gibt es etwas, das Hausbesitzer bei Feuerungsanlagen besonders oft vergessen?
Offene Cheminées und andere Gelegenheitsfeuerungen! Diese müssen zwar nicht so oft gereinigt und überprüft werden wie «richtige» Feuerungsanlagen, also jährlich oder gar halbjährlich. Aber man sollte ihnen schon immer dann, wenn man ein oder maximal anderthalb Ster Holz darin verfeuert hat, eine Reinigung und eine Kontrolle gönnen. Es ist wie bei allem: Was sauber und gut gewartet ist, funktioniert zuverlässiger und sicherer. Und die Folgen von Dreck in der Feuerungsanlage, etwa ein Kaminbrand, eine Heizungsstörung oder eine Anzeige wegen zu hoher Abgaswerte kommen definitiv viel teurer zu stehen.Auf dem Bild: Stefan Zuber (rechts) mit seinen Mitarbeitern Kevin Lieberherr, Werner Meier und Mino Pnishi sowie seiner Gattin Maja.
Text: Jörg Rothweiler/romedia.swiss