Weiterbildung

Weiterkommen im Berufsleben

Weiterkommen im Berufsleben
Alessandro Nef
Lesezeit: 6 Minuten

Drei Jahre lang hat Alessandro Nef neben dem vollen Berufspensum an der Akademie St.Gallen gebüffelt, bis er die Höhere Fachschule für Wirtschaft als Dipl. Betriebswirtschafter HF abschloss. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat, wie er im Rückblick sagt.

«Für mich war früh klar, dass ich eine Weiterbildung machen möchte», sagt Alessandro Nef bei einem Besuch an der Akademie St.Gallen. «Ich will nicht stehen bleiben.» Der heute 26-Jährige hatte auf der Gemeindeverwaltung Neckertal die KV-Lehre gemacht, ging in die Rekrutenschule, und wechselte danach zu seinem heutigen Arbeitgeber, die Abraxas Informatik AG, die seinerzeitigen Verwaltungsrechnungszentrum AG St.Gallen (VRSG).

«Als KV-Absolvent ist man einer von vielen, deshalb wollte ich versuchen, etwas aus der Menge herauszustechen», erklärt Alessandro Nef seine damalige Motivation für eine Weiterbildung. «BWL machen zwar auch viele, aber das war sicher der richtige Weg für mich, diese Materie interessiert mich.»

Nicht zu früh festlegen

Sein Studium zum Diplomierten Betriebswirtschafter HF in General Management umfasst eine breite Fächerpalette. «Das habe ich bewusst so gewählt» verrät Alessandro Nef, «ich wollte mich noch nicht zu stark festlegen oder mir etwas verbauen.» Die Ausbildung erstreckt sich über sechs Semester, also drei Jahre, an jeweils zwei Abenden in der Woche plus gelegentlich einem zusätzlichen Nachmittag. Während dieser Zeit hat Alessandro Nef 100 Prozent gearbeitet, «wenn man sich Mühe gibt und während des Unterrichts aufpasst, ist das durchaus machbar.» Aber es sei ein Aufwand, auf den man Lust haben müsse.

«Alle Lehrgänge bei uns sind so aufgebaut, dass sie berufsbegleitend absolviert werden können», sagt Waltraud Schirmer, die stellvertretende Schulleiterin der Akademie und Leiterin der Höheren Fachschule für Wirtschaft. «Als Höhere Fachschule Wirtschaft müssen wir gegenüber dem Kanton nachweisen, dass die Absolventen arbeitstätig sind.» Im Schnitt muss ein HFW-Student während der Weiterbildung mindestens 70 Prozent Berufstätigkeit im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Bereich nachweisen, um Anspruch auf kantonale Subventionen zu haben. Für die Studenten oder die Arbeitgeber bleibt dann sechsmal eine Semestergebühr von 3200 Franken.

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Waltraud Schirmer
Waltraud Schirmer

Unterstützung vom Arbeitgeber

Alessandro Nef hatte bei Abraxas als Kundenbetreuer im Bereich Steuern angefangen. Bald hat er seinem Arbeitgeber signalisiert, dass er gerne eine Weiterbildung machen möchte. «Mein Arbeitgeber fragte mich, ob ich mich in Richtung Wirtschaftsinformatik weiterbilden möchte, ich wollte aber lieber Betriebswirtschaft studieren.» Während der ganzen Weiterbildung wurde Alessandro Nef von seinem Arbeitgeber unterstützt, «das gab mir einen zusätzlichen Kick.» Die Abraxas finanzierte die Weiterbildung, Alessandro Nef wiederum verpflichtete sich, für eine bestimmte Zeit bei seinem Unternehmen zu bleiben. «Das ist eine sehr faire Lösung.»

An weiterführenden Ausbildungen für KV-Absolventen herrscht kein Mangel. «In der Region St.Gallen besteht intensiver Wettbewerb, auch durch private Anbieter», sagt Waltraud Schirmer. Für Alessandro Nef war es rasch klar, dass er eine Weiterbildung an der Akademie absolvieren möchte. Dafür hatte er keine grossen Vergleiche gemacht, «das war ein Bauchgefühl.» Ein gutes Bauchgefühl, wie sich weisen sollte. «Ich würde die Ausbildung an der Akademie wieder machen, das war die richtige Entscheidung.»

«Unsere Dozenten sind ausgewiesene Berufsleute mit grosser Fachexpertise.»

Beratung vor der Weiterbildung

Üblicherweise nehmen künftige Studenten die Weiterbildungsmöglichkeiten genauer unter die Lupe, besuchen Info-Anlässe oder lassen sich in einem Gespräch beraten. «Die meisten Interessenten kennen wir deshalb persönlich», sagt Waltraud Schirmer. Je nach Weiterbildung müssen bestimmte Zulassungskriterien erfüllt sein, vor allem für Lehrgänge der höheren Berufsbildung. Im Beispiel der Höheren Fachschule für Wirtschaft gehören das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis für den KV-Lehrabschluss oder der Detailhandelslehrabschluss dazu. Mit der Revision des neuen Rahmenlehrplans für die Höhere Fachschule für Wirtschaft kann man heute mit diesen EFZ wie bei einer Fachhochschule direkt nach der Lehre ohne kaufmännische Berufserfahrung in die HFW einsteigen. Leute, die schon länger im Berufsleben stehen und sich für BWL interessieren, passen vielleicht weniger gut in eine HFW, wo überwiegend jüngere KV-Absolventen anzutreffen sind. «Für solche Interessenten schlagen wir eher ein Nachdiplomstudium vor.»

Waltraud Schirmer begegnet immer wieder auch Interessenten, die eine Weiterbildung machen möchten, aber noch nicht genau wissen, in welche Richtung diese gehen soll. Die erste Frage sei dann: Will man sich breites, generalistisches Wissen aneignen? Oder will man sich in einer Spezialrichtung vertiefen? Ebenso gibt es aber Leute, die ihre Entscheidung innerlich schon getroffen haben und sich an Infoanlässen oder in der Beratung vor allem bestätigen lassen möchten.

Die Akademie St.Gallen ist in der kaufmännischen Welt aktiv, «wir bieten zwischen 40 und 45 Lehrgänge auf unterschiedlichen Stufen an», sagt Waltraud Schirmer. Für kaufmännische Neueinsteiger beginnt das Angebot beim  Handelsdiplom, für das nur die obligatorische Schulzeit vorausgesetzt wird, und reicht bis zu Nachdiplomstudien der Höheren Fachschule. Für spezifische Themen wie Rechnungswesen, Personal oder Marketing bieten wir Lehrgänge an, die auf Stufe Sachbearbeiter bis zur eidgenössischen Berufsprüfung abgeschlossen werden können. Die Grundlagen der Finanzbuchhaltung können auch in einem achtwöchigen Crashkurs erlernt werden.

Aktuell absolvieren an der Akademie rund 1200 Studenten eine Weiterbildung, sie werden von etwa 350 Dozenten mit unterschiedlich grossen Unterrichtspensen unterrichtet. Im Bereich der Höheren Fachschule mussten alle Dozenten ihre Unterrichtsmethodik neu erfinden, denn die KV-Grundbildung wurde gerade einer grossen Reform unterzogen. «Die Reform der KV-Lehre setzt mehr auf Eigenverantwortung, das führen wir natürlich weiter, indem wir unsere Methodik auch umgestellt haben», erklärt Waltraud Schirmer. Für jedes Fach wurden E-Learning-Einheiten konzipiert, die von den Studenten zur Vorbereitung auf den Unterricht durchgearbeitet werden müssen. «Im Unterricht stehen dann Anwendung, Vertiefung, Vernetzung mit der Praxis und Diskussion im Vordergrund.»

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«Ich will nicht stehen bleiben.»

Dozenten aus der Berufspraxis

Die Weiterbildung von Alessandro Nef, das Studium Höhere Fachschule Wirtschaft, ist ein eidgenössisch anerkannter Lehrgang, deshalb gibt es einen Rahmenlehrplan, die Handlungskompetenzen und Arbeitssituationen sind vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI so vorgegeben. «Wir als Weiterbildungsinstitution müssen durch einen Rezertifizierungsprozess laufen und unter anderem die operationalisierten Bildungsziele definieren, um die Anerkennung vom SBFI zu erhalten», sagt Waltraud Schirmer. Um sich trotz grundsätzlich gleichem Inhalt gegenüber der Konkurrenz zu profilieren, bemüht sich die Akademie, höchste Qualität zu bieten, wie Waltraud Schirmer erklärt. «Wir haben innovative Unterrichts- und Lehrmethoden, und unsere Dozenten sind ausgewiesene Berufsleute mit grosser Fachexpertise – das ist einer unserer Erfolgsfaktoren.» Ein Argument, das auch Alessandro Nef unterstreicht: «Beispielsweise ist die Materie ‹Buchhaltung› in der Schweiz mehr oder weniger identisch. Am Schluss machen die Dozenten den Unterschied.»

Wenn es ein Dozent besonders gut versteht, komplexe Materie zu vermitteln, oder einer den Draht zu Studenten nicht findet, dann können die Kursteilnehmer das jeweils festhalten. «Nach jedem Semester können alle Dozenten nach unterschiedlichen Kriterien in einem elektronischen Evaluationstool bewertet werden», sagt Waltraud Schirmer. Lob und Kritik landen auf ihrem Tisch; sie bespricht sich auch mit den Dozenten, wenn die Evaluation Handlungsbedarf aufzeigt.

Ebenso wichtig wie die Dozenten sind die Studenten selbst. Während des HFW-Studiums bleiben die Teilnehmer bewusst für drei Jahre im Klassenverband zusammen, dadurch entsteht ein enges Netzwerk von Leuten, die sich im Unterricht gegenseitig helfen oder, wie Alessandro Nef sagt, auch mal ein Thema bei einem Bier besprechen. «Das Studium ist intensiv, und das Netzwerk, das danach bleibt, ist ein wichtiger Teil einer Weiterbildung.» Diesen Teil möchte die Akademie auch wieder etwas vorantreiben, wie Waltraud Schirmer sagt: «Wir haben einen Executive-Klub für alle Absolventen einer höheren Ausbildung, den werden wir wieder mehr forcieren.»

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Neue berufliche Chancen

Bei Abraxas arbeitet Alessandro Nef mit der Software, die er schon während seiner Lehre auf der Gemeindeverwaltung kennengelernt hatte. Schon während der Weiterbildung an der Akademie hatte er innerhalb des Unternehmens die Position gewechselt, weil sich eine Chance eröffnete. «Vom Kundenberater wurde ich zum Applikationsmanager. Da konnte ich schon einiges an Expertise aus der laufenden Weiterbildung gleich anwenden.» Im Herbst 2022 schloss er die HFW an der Akademie ab, im April 2023 konnte er bei Abraxas die Position eines Produktmanagers übernehmen. «Da bin ich noch tiefer in der BWL-Materie», sagt Alessandro Nef, «und da hat mein HFW-Abschluss sicher dazu beigetragen, dass ich diese Chance bekam.»

Sich auf dem Erreichten ausruhen ist allerdings nicht die Sache von Alessandro Nef, er hat inzwischen bereits die nächste Weiterbildung in Angriff genommen. Nach der HFW kann man in nächsten Schritten einen Bachelor of Science (BSc) oder einen Master of Advanced Studies (MAS) absolvieren, Nef hat sich für einen Masterlehrgang an der ZHAW School of Management and Law entschieden, MAS Business Administration. Damit kann er seine breiten betriebswirtschaftlichen Kenntnisse noch einmal vertiefen, ohne in die eine oder andere Richtung eine Spezialisierung anzustreben. Für Nef ist klar, dass er zukünftig auch Führungsaufgaben übernehmen will.

Text: Philipp Landmark

Bild: Leo Bösinger

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