Neue Nutzungen im Olma-Areal

«Man könnte auf diesem Gelände auch rentablere Sachen machen», sagt Christine Bolt, «die Stadt muss entscheiden, ob sie eine Messe- und Kongressstadt sein will.» Während der drei grossen Messen wird das komplette Gelände gebraucht, das summiert sich mit Auf- und Abbau auf gut zwei Monate. «Sonst haben wir wie alle Messegelände etliche Leerstände. Städtebaulich ist es fragwürdig, an bester Lage ein Gelände zu haben, das zwei Monate im Jahr top ausgelastet ist, sonst aber nur punktuell.»
Die Verantwortlichen wollen deshalb nicht den Olma-Messen den Stecker ziehen, aber sie stellen langfristige Überlegungen an, was man mit dem Areal zusätzlich machen könnte, ohne den Messe- und Kongress-Betrieb zu gefährden. «Wir können weder 100 Kongresse noch zweimal eine Olma durchführen, es gibt Sättigungsgrenzen in den Märkten», ist sich Bolt bewusst. «Wir sehen grosses Potenzial in der Arealentwicklung. Wir wollen einen guten Platz besser nutzen, es ist schon schade, was hier teilweise brach liegt.»
Für einen Teil des Areals gibt es allerdings eine Denkpause. Mit dem Nein des Schweizer Volks zum Autobahnausbau ist auch die für die Sanierung notwendige dritte Röhre der Stadtautobahn infrage gestellt. Würde sie gebaut, würde die heutige Halle 9 im Unterbau so stark betroffen, dass ein Neubau der Kongresshalle angedacht war. Dafür hätte die Halle 7, also der Stall der Olma, weichen müssen. Diese Überlegungen sind momentan in der Schwebe, die Halle 9 kann auch ohne Sanierung noch einige Jahre betrieben werden.
Ganze Zeile neu und höher bauen
Der Fokus richtet sich im Moment auf die Hallen 2, 3 und 4/5, die Zeile entlang der St. Jakob-Strasse. «Die Halle 4/5, die Degustationshalle, ist an 17 Tagen im Jahr offen, sonst wird sie als Lager genutzt», sagt Christine Bolt. «Deshalb fragen wir uns: Wie könnten wir die Hallen besser nutzen, und was könnten wir auf die Hallen draufsetzen?»
Eine schon etwas konkretisierte Vision, zu der Gespräche laufen, ist ein gemeinsames Projekt der Olma-Messen mit der HSG. Würde die Universität einen dritten Campus auf dem Gelände der Olma-Messen errichten, könnten die beiden Partner unter dem Jahr viele Räumlichkeiten teilen, «während der Olma gäbe es wohl keine Vorlesungen hier», sagt Christine Bolt.
Solche Überlegungen hätten auch einen standortstrategischen Hintergrund, erklärt Thomas Scheitlin. Räume für Unterrichtszwecke und für Kongress- und Seminarbedürfnisse seien grundsätzlich ähnlich. «Darum sind wir am Bildungsthema schon nahe dran, da gibt es Synergien. Wenn wir das clever machen, dann könnte die HSG eine eigene Kongress-Fakultät haben, die Universität könnte systematisch zu gewissen Themen, zusammen mit anderen, einen Kongress veranstalten.»
Die alten Hallen aus den 1980er-Jahren mit dem Charakter gehobener Baracken entlang der St.Jakob-Strasse könnten durch deutlich höhere Gebäude ersetzt werden, die neben der heutigen Nutzung noch etliche weitere Funktionen zuliessen – wofür einerseits der Zweck im Zonenplan angepasst, andererseits auch die Erschliessung des Areals neu gedacht werden müsste. In neuen Gebäuden wären auch Wohnnutzungen mit einer eigenen Erschliessung denkbar. Umgekehrt bräuchten die Olma-Messen in Zukunft nicht für jede einzelne Nutzung eine feste Halle, für Degustation oder als Stall eignen sich auch temporäre Bauten.
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Lebendiger Stadtteil
Die Entwicklung des Geländes könne den Olma-Messen helfen, Geld zu verdienen, sagt Thomas Scheitlin, «und wir könnten gleichzeitig der Region eine Wertschöpfung weitergeben.»
Das heute abgeschlossene Messeareal könnte ein attraktiver und lebendiger Stadtteil werden, dafür müsste aber eine ganze Reihe von Problemen gelöst werden. Wenn Gabelstapler und Lastwagen für den Messeaufbau durchs Areal kurven, können dort keine Kinder spielen. Würden neu gebaute Messehallen konsequent unterirdisch erschlossen, hingegen schon.
Text: Philipp Landmark
Bild: Leo Boesinger