Gast-Kommentar

SNB ist nicht zu beneiden

SNB ist nicht zu beneiden
Thomas Stucki
Lesezeit: 3 Minuten

Die vergangene Woche hat eindrückliche Bewegungen an den Finanzmärkten hervorgebracht. Neben dem Auf und Ab am japanischen Aktienmarkt machte auch die Kursbewegung des Frankens von sich reden.

Text: Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank

Der Euro stürzte zum Franken innerhalb von zwei Tagen um drei Rappen ab und kostete am Montag auf dem Tiefststand nur noch wenig mehr als 92 Rappen. Das Schicksal des US-Dollars war nicht besser. Er verlor noch mehr als der Euro und war zwischenzeitlich für 84,5 Rappen zu haben. Auslöser war die Angst der Anleger und die daraus resultierende Flucht in den sicheren Hafen Schweizer Franken.

Für so starke Kursbewegungen wie am Montag braucht es auch spekulative Positionen, die zwangsweise zu jedem Preis aufgelöst werden müssen. Diese Konstellation war beim Franken gegeben, weil im ersten Halbjahr überdurchschnittlich grosse Short-Positionen gegen den Franken aufgebaut wurden, nachdem die SNB mit ihrer Leitzinssenkung im März das Signal ausgesendet hatte, dass sie an einem schwachen Franken interessiert ist.

Die Aufwertung des Frankens am Montag war daher übertrieben und wurde mit der Erholung an den Aktienmärkten zum Teil wieder korrigiert. Angesichts der nach wie vor grossen Unsicherheit an den Märkten wird der Franken weiterhin zur Stärke neigen.

Aufwertungsdruck auf Franken

Das bringt die Nationalbank in eine schwierige Lage. Der Wert des Frankens ist fast wieder auf dem Niveau von Ende Jahr, welches von der SNB als zu hoch eingestuft wurde.

Unabhängig von möglichen «Safe Haven»-Ereignissen wird sich der Druck auf den Franken und damit auf die SNB zusätzlich erhöhen, wenn die Fed ab September die Zinsen in den USA regelmässig senken wird und die EZB nachzieht. Sollte sich die konjunkturelle Situation in den USA verschlechtern, wird Jerome Powell nicht zögern, den Leitzins auch in grösseren Schritten zu senken.

Die SNB kann im September und allenfalls im Dezember noch einmal nachziehen und ihren Leitzins auf 0,75% senken. Dann wird es eng, wenn sie sich ein Restpotenzial an Zinssenkungen für wirtschaftlich wirklich schwierige Situationen erhalten und neuerliche Negativzinsen verhindern will.

Zudem hat sich einmal mehr gezeigt, dass die Zinsen auf die Devisenkurse nur einen vorübergehenden Effekt haben und rasch verpuffen. Die Zinsdifferenz zwischen dem Franken und dem US-Dollar ist gegenüber Anfang Jahr um 0,50% grösser. Der USD/CHF-Wechselkurs ist dennoch praktisch wieder am gleichen Ort. Bei einer Sicherheitswährung wie dem Franken ist der Einfluss der Zinsen zusätzlich eingeschränkt.

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Direkte Interventionen im Devisenmarkt

Als Instrument für die Kontrolle des Frankens verbleiben der SNB vor allem die direkten Interventionen am Devisenmarkt. Dieses Instrument scheint sie am letzten Montag mehrmals eingesetzt zu haben, wie die Kursbewegungen des Euro und des US-Dollars zum Franken nahelegen. Damit konnten starke Aufwertungsschübe des Frankens gebrochen werden. Ob und mit welchem Betrag die SNB effektiv zu Lasten des Frankens eingegriffen hat, ist aber nicht bekannt.

Für das Stoppen von kurzfristigen Aufwertungen des Frankens sind Devisenkäufe der SNB ein erprobtes und wirkungsvolles Mittel. Ob die SNB damit den Franken wieder über eine längere Zeit kontrollieren und stabilisieren will und kann, ist eine andere Geschichte. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass das bei einer Währung wie dem Franken, der latent unter Aufwertungsdruck steht, ohne einen massiven Aufbau der Devisenreserven nicht zu haben ist.

Dabei wollte die SNB doch richtigerweise ihre Bilanz verkleinern, weshalb sie im letzten Jahr Devisen für 130 Mrd. Franken verkauft hat.

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