Gast-Kommentar

Das Playbook des Goldmarktes wird neu geschrieben

Das Playbook des Goldmarktes wird neu geschrieben
Christian Brenner
Lesezeit: 4 Minuten

Für Gold brechen neue Zeiten an. Viele Regeln, die bislang selbstverständlich waren, gelten nicht mehr. Ronald Stöferle, Co-Autor des In Gold We Trust Reports, erklärte im Interview mit Philoro-TV, warum das Playbook sich verändert. Laut Stöferle müssen wir uns beim Thema Gold künftig mehr nach Osten orientieren, denn die Emerging Markets haben mittlerweile viel mehr Einfluss auf den Goldpreis als die Investoren des Westens.

Text: Christian Brenner, Geschäftsführer Philoro Schweiz AG

Kürzlich ist die 18. Ausgabe des renommierten «In Gold We Trust»-Reports erschienen unter dem Titel «Das neue Gold-Playbook». Im Interview von Philoro-TV gibt Ronald Stöferle, Co-Autor des Reports, spannende Insights zum 440 Seiten starken Werk, das zu einer der international meistbeachteten Goldstudien gehört. Laut Stöferle hat sich der Goldmarkt in letzter Zeit nicht nach den bislang bekannten Regeln entwickelt. Die alten Regeln sind nicht völlig ungültig, aber man muss sie etwas anpassen. Denn das Playbook verändert sich.

Der neue In Gold We Trust Report 2024 zeigt auf, weshalb viele bislang geltende Regeln des Goldmarktes angepasst werden müssen
Der neue In Gold We Trust Report 2024 zeigt auf, weshalb viele bislang geltende Regeln des Goldmarktes angepasst werden müssen

In der Einleitung des In Gold We Trust Reports gibt es eine Analogie zur Welt des Schachs. Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Spielfigur der Dame massiv aufgewertet, weil sie ursprünglich nur ein Feld diagonal ziehen durfte, aber dann durfte sie plötzlich beliebig viele Felder waagrecht, senkrecht oder diagonal ziehen. Sie wurde so die wichtigste Figur am Schachbrett.

Die Staaten des Ostens machen zwei Drittel bis 70 Prozent der gesamten physischen Gold-Nachfrage aus.

Ähnlich ist es im Goldmarkt, wo die Emerging Markets das Ruder übernommen haben. Der Goldpreis wird immer mehr beeinflusst vom Osten. Was die physische Nachfrage nach Gold betrifft, sind China und Indien für 50 Prozent der Nachfrage verantwortlich. Wenn man Russland, den arabischen Raum und noch einige andere kleinere Marktteilnehmer des Ostens dazu nimmt, kommt man auf zwei Drittel bis 70 Prozent der physischen Nachfrage.

Mangels Alternativen investieren Chinesen massiv in Gold

China leidet derzeit unter einer Immobilienkrise und die privaten Anleger suchen nach Alternativen für die bisherig beliebten Immobilien-Investitionen. Weil der Aktienkurs und die Kryptowährungen sich auch nicht so vielversprechend entwickelt haben, ist für die Chinesen Gold interessant geworden. Hinzu kommt die chinesische Notenbank, die 18 Monate in Folge grosse Goldkäufe vermeldet hat.

Ein anderer wichtiger Marktplayer ist Dubai. 25 Prozent des gesamten Goldhandels laufen mittlerweile über Dubai. Die relevanten Goldinvestoren sitzen nicht mehr im Westen, sondern in den Schwellenländern.

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Ronald Stöferle im Philoro-Interview: «Die relevanten Goldinvestoren sitzen nicht mehr im Westen, sondern in den Schwellenländern.»
Ronald Stöferle im Philoro-Interview: «Die relevanten Goldinvestoren sitzen nicht mehr im Westen, sondern in den Schwellenländern.»

Ronald Stöferle geht im Interview auch auf die Rolle des Bitcoins ein, der immer mehr im Wettbewerb zu Gold steht. Die Frage ist, ob der Bitcoin dem Gold den Rang ablaufen könnte. Bislang waren Gold-Investoren gegenüber dem Bitcoin kritisch eingestellt, doch es gibt allmählich eine Öffnung. Gold und Bitcoin haben gemeinsam, dass sie nicht beliebig vermehrbar sind. Beim Gold hat man ein Angebotswachstum von 1,6 Prozent. Bei Bitcoin liegt die Inflationsrate bei 0,7 Prozent seit dem letzten Halving. Als Investor sucht man diese relative Knappheit.

Westliche Investoren sehen Situation zu positiv

Auch die Abflüsse der Gold-ETFs werden im Interview thematisiert. Westliche Finanzinvestoren haben bei Gold oft nur die Möglichkeit, in ETFs zu investieren. Bei den Gold-ETFs war ursprünglich ein Gleichlauf der Investitionen mit dem steigenden Goldpreis sichtbar, doch in den letzten beiden Jahren hat sich diesbezüglich eine Diskrepanz aufgetan. Das zeigt, dass für westliche Finanzinvestoren Gold im Moment nicht attraktiv ist. Sie gehen davon aus, dass die Inflation besiegt sei und es keine Rezession geben werde.

Allerdings wird gerade die US-Wirtschaft fiskalisch gestützt, womit sich die Staatschulden vergrössern. Dies könnte in den nächsten Monaten zu einer Staatsschuldenkrise führen, wie wir sie in Europa bei einigen mediterranen Ländern bereits gesehen haben. Ronald Stöferle glaubt deshalb, dass es früher oder später zu einer Rezession kommen wird und auch, dass sich derzeit eine zweite Inflationswelle aufbaut. Die Befürchtung ist, dass die US-Notenbank zu früh die Zinsen senken wird.

In den USA ist die Inflation noch nicht besiegt. Früher oder später kann es immer noch zu einer Rezession kommen.

Ronald Stöferle hält an seiner Prognose fest, dass der Goldpreis bis ins Jahr 2030 auf 4'800 US-Dollar pro Unze steigen wird. Gold ist nicht die Lösung aller Probleme, aber es macht aus seiner Sicht Sinn, Gold im Portfolio zu haben. Im Zuge des Gold-Bullenmarkts dürfte bei den Investoren auch Silber weiter an Attraktivität gewinnen.

Das Interview mit Ronald Stöferle können Sie sich jetzt hier anschauen:
https://youtu.be/0HelZ1irpy4?si=6SfG-Eedc--Snmz0

Hier geht es zur Kompaktversion des In Gold We Trust Reports:
https://ingoldwetrust.report/wp-content/uploads/2024/05/In-Gold-We-Trust-Report-2024-Compact-Version-deutsch.pdf

Hier geht es zur vollständigen Fassung des In Gold We Trust Reports:
https://ingoldwetrust.report/wp-content/uploads/2024/05/In-Gold-We-Trust-report-2024-deutsch.pdf

Apropos Report: Der Journalist, Autor, Verleger und Moderator, Peter Hohl, sagte einst bezügliche Reports und Berichterstattungen: «Der Journalist liest in der druckfrischen Zeitung zuerst seinen eigenen Artikel; der Sportler sucht den Bericht über seine Mannschaft. Nicht, was wir nicht wissen, interessiert uns am meisten, sondern was uns betrifft.»

Ich wünsche Ihnen für diese Woche, dass Sie ausschliesslich in einem positiven Kontext erwähnt werden.

Mit goldenen Grüssen

Christian Brenner

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