Chancengleichheit ist nicht gleich Ergebnisgleichheit

Die Rolle der Frau spielt im gesellschaftlichen Wandel eine zentrale Rolle, denn die Frauen prägen den Wandel in der Familie, im Bildungs- und Berufsalltag sowie in der Wertediskussion. Noch die Generation unserer Mütter war vom Geschlechterkampf geprägt; Selbstbestimmung, Stimm- und Wahlrecht, ja sogar das Recht auf Arbeit und Bildung mussten hart erkämpft werden. Heute ist das anders: Selbstbestimmung, Stimm- und Wahlrecht und freie Berufswahl sind eine Selbstverständlichkeit.
Wandel braucht Zeit – die Wegweiser sind gesetzt ...
Dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigen die Zahlen im Bildungswesen. Heute sind 58 Prozent der Maturanden Frauen und bei den Bachelor- und Master-Abschlüssen liegt der Frauenanteil ebenfalls bereits über 50 Prozent, Bei den Studiengängen in Medizin und Pharmazie sowie in Geistes- und Sozialwissenschaften sind es sogar über 60 Prozent. Auch in den Rechtswissenschaften wird der Frauenanteil von heute 58 Prozent schon in den nächsten Jahren die 60-Prozentgrenze übersteigen. Diese eindrücklichen Werte bleiben nicht ohne Einfluss auf die Arbeitswirklichkeit der kommenden Jahre. Ist damit alles in Sachen Gleichberechtigung geklärt?
... aber noch längst nicht alle Hindernisse ausgeräumt
Zumindest in Sachen Chancengleichheit können wir einen Haken machen. Aber leider ist damit das Thema «Gleichberechtigung» noch nicht abgehakt. Denn noch immer sind Frauen in Führungspositionen stark untervertreten, erfahren gerade in Teilzeitjobs sowie im Nachgang zu Mutterschaftsabsenzen klare Benachteiligungen und leisten überdurchschnittlich viel Arbeit im Haushalt oder bei der Betreuung von Familienangehörigen. Es gilt also, vor allem die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu optimieren, und das zugunsten von Frauen wie Männern. Damit verbunden sind strukturelle Anpassungen, beispielsweise die Umstellung auf eine Individualbesteuerung oder die angemessene Abgeltung von Betreuungsaufgaben im häuslichen Umfeld.
Um von der Chancengleichheit in Richtung Ergebnisgleichheit zu kommen, braucht es selbstbewusste Frauen, die bereit sind, Zeit und Energie in ihre Karriere zu investieren. Aber es braucht auch dringend angepasste Rahmenbedingungen, die dies erst ermöglichen.
Sport wäre ein wichtiger Treiber im gesellschaftlichen Wandel
Vorbilder spielen in der Entwicklung junger Menschen eine wichtige Rolle. Dabei kommt den Medien eine zentrale Funktion zu, denn sie bestimmen entscheidend mit, welche Geschichten erzählt und welche Personen in der Öffentlichkeit sichtbar werden. In der Schweiz vermisse ich in diesem Zusammenhang eine angemessene Berichterstattung über den Frauen-Sport. Respekt für erbrachte Spitzenleistungen von Athletinnen und damit verbunden Anerkennung und Akzeptanz in der Gesellschaft fehlen leider noch zu oft. Dabei wäre dies entscheidend, da weibliche Sport-Idole als starke Vorbilder dazu beitragen könnten, Mädchen und Frauen für den Sport zu begeistern und damit die eigene Leistungsfähigkeit, ein gesundes Wettkampfdenken und Selbstbewusstsein auszubilden und zu stärken. Sport ist auch eine Lebensschule, nicht nur im Spitzensport, sondern auf allen Leistungsstufen. In diesem Sinne muss der Sportförderung über alle Stufen hinweg mehr Bedeutung zukommen, da über den Sport gerade im gesellschaftlichen Wandel wichtige Zeichen gesetzt werden können.Veränderung beginnt im Kopf. Die Gesellschaft, Männer und Frauen zusammen, sind verantwortlich, damit aus Chancengleichheit auch Ergebnisgleichheit entsteht. Wir sind auf einem guten Weg, am Ziel angekommen sind wir aber noch lange nicht.
Karin Weigelt, Sargans, ehemalige Profi-Handballerin und heutige Unternehmerin