«Geodaten und Business-Know-how wachsen stärker zusammen»
Thomas Harring, was bedeutet der Gewinn des «Preises der Rheintaler Wirtschaft» für Sie und das Team von Leica Geosystems?
Mit grosser Freude und Stolz haben wir die Auszeichnung des Rheintaler Wirtschaftspreises 2025 entgegengenommen. Diese Auszeichnung würdigt Leica Geosystems und seit 20 Jahren auch Hexagon als treibende Kraft für die wirtschaftliche Entwicklung und den technologischen Fortschritt am Standort Heerbrugg und weit über das Rheintal hinaus. Die Auszeichnung ist aber weit mehr als ein Beweis für unsere wirtschaftliche Entwicklung – sie ist ein Kompliment für die herausragenden Leistungen unserer Beschäftigten.
Welche Hauptfaktoren haben dazu geführt, dass Leica Geosystems den Preis gewonnen hat?
Als Zeitzeuge und seit über 20 Jahren im Unternehmen habe ich einen Teil der Unternehmensgeschichte selbst miterleben und -gestalten dürfen. Gerade in Hochtechnologieunternehmen bauen die gegenwärtigen Erfolge immer auch auf den Leistungen der Vergangenheit auf. Hauptfaktoren für den Gewinn der Auszeichnung sind unsere Mitarbeiter, unsere Lieferanten und die vielen langjährigen Partner aus Industrie, Wissenschaft, Politik und Verwaltung, mit denen wir erfolgreich daran arbeiten, immer ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, der weit über das Rheintal hinaus bekannt ist. Und natürlich unsere Kunden, die uns immer wieder ihr Vertrauen schenken und uns dazu ermutigen, gemeinsam mit ihnen zu wachsen und den technologischen Wandel zu begleiten.
Leica Geosystems ist weltweit führend in der Geomatik. Was macht Ihr Unternehmen auf dem internationalen Markt so erfolgreich?
Früher haben wir ausschliesslich Vermessungsinstrumente für Experten in den Markt gebracht, heute bieten wir marktführende Software, Sensoren und Dienstleistungen an, beispielsweise auch tragbare bildgebende Laserscanner, die einen digitalen 3D-Zwilling erstellen, während Sie durch einen Raum gehen, als Teil unseres Portfolios an. Unsere Kundenlösungen werden überall in der Schweiz und in nahezu jedem Land der Welt eingesetzt; Sie finden unsere Lösungen auch an den abgelegensten Orten. In 50 Ländern sind wir für unsere Kunden mit eigenen Angestellten vor Ort, die anderen Länder werden gemeinsam mit langjährigen und gut ausgebildeten Distributionspartnern bedient. Was wir machen, bringt nachhaltigen Mehrwert für unsere Kunden; wir helfen ihnen bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse oder mit disruptiven Lösungen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Und mit welchen Herausforderungen sieht sich Leica Geosystems derzeit konfrontiert, angesichts der globalen wirtschaftlichen Unsicherheiten?
Global sehen wir die Weltwirtschaft in einem Spannungsfeld zwischen fragiler Erholung und drohenden Unsicherheiten und damit einhergehend eine Verlangsamung der Wirtschaft, in der versucht wird, eine Rezession zu vermeiden und die Inflation unter Kontrolle zu halten. Die Bewältigung der geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, in denen sich Volkswirtschaften neu ausrichten und umorientieren, führt auch für uns zu einer kontinuierlichen Anpassung unserer globalen Geschäftsprozesse. Neben den Herausforderungen des sich beschleunigenden technologischen Wandels und dem zunehmenden Mangel an Arbeitskräften gilt es, die Dynamiken der Absatzmärkte noch besser zu verstehen und die sich bietenden Chancen zu ergreifen.
Wie wichtig ist der Werkplatz Schweiz für den Erfolg von Leica Geosystems?
Unsere Innovationsfabrik Heerbrugg ist ein Standort, der das verkörpert, was den Denk- und Werkplatz Schweiz auszeichnet – Innovationsführerschaft und hohe Fertigungsqualität, sichergestellt durch die hohe Selbstverantwortung der gut ausgebildeten Angestellten, und das eingespielte Netzwerk von Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen. Die vielen stark lokal verankerten Geschäftspartner und Zulieferer tragen dazu bei, immer auf dem neusten Stand der Technik zu sein. Und natürlich hat die Berufsausbildung für uns hohe Bedeutung; gemeinsam mit unserem Partner LIBS investieren wir unvermindert stark in die Ausbildung künftiger Mitarbeiter.
Auch in Zukunft?
Ja. Zusammenfassend gilt, Heerbrugg ist und bleibt für Hexagon einer der grössten weltweiten Standorte. Die leistungsstarke Innovationsfabrik stellt für Hexagon die Technologieführerschaft sicher; Innovation ist heute unerlässlich. Der Unternehmensgründer Heinrich Wild beschrieb es in den 1930er-Jahren wie folgt: «Der grösste Anreiz und zugleich die grösste Förderung ist die Konkurrenz von sich selbst.» Diesen unbändigen Innovationsdrang tragen wir am Heinrich-Wild-Areal in Heerbrugg und an unseren anderen Standorten in der Schweiz unvermindert weiter. Hexagons Engagement in der Schweiz und in Heerbrugg wird auch in der mit der Gemeinde Balgach und dem Kanton St.Gallen in erfolgreicher Zusammenarbeit ausgearbeiteten Vision für den Standort Heerbrugg deutlich: Wir haben begonnen, einen langfristigen Bebauungsplan umzusetzen, der uns auch langfristig moderne und attraktive Arbeitsplätze ermöglicht. Wir haben in diesem Jahr begonnen, einen fast dreistelligen Millionenbetrag in neue Gebäude zu investieren, und werten damit das Wild-Heerbrugg-Areal noch weiter auf.
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Welche Trends sehen Sie in den kommenden Jahren in der Geomatik-Branche?
Jedes Jahr bringen wir über 50 Produktneuheiten auf den Markt; viele sind bahnbrechende Weltneuheiten. Die technologischen Kompetenzen bauen wir sowohl organisch als auch durch zielgerichtete Akquisitionen in neuen Innovationsfeldern aus. Das Ergebnis ist ein innovatives Cluster von Hochtechnologie und eine einzigartige Bündelung von unterschiedlichen Kompetenzen. Die Innovationskraft basiert auf der Kompetenz unserer Mitarbeiter in Präzisionsmechanik, Optik, Elektronik, Software, Künstlicher Intelligenz als auch Edge- und Cloud-Computing. In diese Technologien investieren wir auch weiterhin, um die reale Welt noch besser digital zu erfassen und die digitale Welt real zu erleben.
In einer Zeit der globalen Lieferkettenprobleme und Rohstoffengpässe – wie geht Leica Geosystems mit diesen Herausforderungen um?
Schon immer haben wir daran gearbeitet, bessere Einblicke in unsere Lieferkette, von den Rohstoffen über die vielfältigen Transportwege bis zu unseren Produktionsstandorten, zu erhalten. Die speziell 2021/2022 stark ausgeprägten Verfügbarkeitsprobleme von Halbleitern und anderen Rohstoffen haben auch uns deutlich aufgezeigt, wie wichtig Transparenz und Widerstandsfähigkeit in unseren Lieferketten sind und dass die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und deren Sublieferanten weiter verstärkt werden musste. Wichtig für uns waren und sind klare und gut dokumentiere Prozesse, aber auch die direkte Kommunikation und kurze Entscheidungswege, um schnell flexibel agieren zu können. Auch haben wir unser Risikomanagement und die Szenarioplanung ausgebaut und an die neuen Herausforderungen angepasst.
Welche strategischen Ziele hat Leica Geosystems für die nächsten fünf bis zehn Jahre, um weiterhin als führendes Unternehmen in der Geomatik zu bestehen?
Die Zukunft beginnt jetzt – Geodaten und Business-Know-how wachsen noch stärker zusammen! Für uns ist die Richtung klar: Wir werden weiterhin innovative Sensoren und Software zur Erfassung und Erzeugung von Geodaten entwickeln, Geodaten auf Plattformen für unterschiedliche Nutzer zur Verfügung stellen und mithilfe von Analytik und künstlicher Intelligenz Geodaten in entscheidungsrelevante Informationen verwandeln. Wir schreiben nicht nur unsere Erfolgsgeschichte in der Geomatik weiter, sondern werden noch stärker andere Industrien bei der Digitalisierung mit Geodaten unterstützen. Mit der globalen Präsenz und einem hohen Mass an Vielfalt geht unsere Reise in diese digitale Zukunft unvermindert weiter – menschenzentriert und verantwortungsvoll. Die reale Welt präzise zu erfassen und die digitale Welt real zu erleben, ist unser Ansporn – und Innovation ist und bleibt unsere Tradition und Zukunft.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Gian Kaufmann