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Selbstbestimmtes Leben auch im Alter

Selbstbestimmtes Leben auch im Alter
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Die Häuser der Casa Solaris verstehen sich nicht als Heim im herkömmlichen Sinn: Bewohnerinnen und Bewohner sollen sich nicht den Bedürfnissen des Betriebs anpassen, vielmehr bietet ihnen das neue Zuhause so viel Freiheit wie nur möglich.

Viele Menschen, die sich mit dem Älterwerden beschäftigen, finden die Vorstellung, ihren Lebensabend in einem Heim zu verbringen, schrecklich. «Heim» ist immer noch ein Synonym für das Abschieben von älteren Leuten. «Der Begriff ‹Heim› ist belastet und assoziiert mit Strukturen aus früheren Zeiten, etwa Kollektivhaushaltungen mit Pauschalangeboten», sagt Clovis Défago, der seit bald 40 Jahren im Gesundheitswesen tätig ist. «Das Alter wird verwaltet und kaum mehr gestaltet.»

Clovis Défago selbst gründete 1983 das heute zur Tertianum-Gruppe gehörende Unternehmen Seniocare, das er innerhalb von 25 Jahren zur grössten privaten Wohn- und Pflegeheimgruppe in der Schweiz mit über zwei Dutzend Heimen und mit über 1000 Mitarbeitern aufbaute. «Der Eintritt in ein Heim ist ein einschneidender Schritt im Leben. Die gewohnte Umgebung wird verlassen. Man begibt sich – meist im hohen Alter – in ein völlig neues Umfeld, in ungewohnte, festgelegte Strukturen», sagt Défago. «Dieser Schritt erfolgt meistens aufgrund des Betreuungs- und Pflegebedarfs, also nicht unbedingt freiwillig.» Deshalb sei der Fokus vieler Heime auf Betreuung und Pflege ausgerichtet. «Die behördlich verfügten und von vielen Heimverantwortlichen durchgesetzten, extremen Einschränkungen in Heimen wegen Covid hat die Wahrnehmung nur bestärkt, dass man bei einem Heimeintritt einen grossen Teil der gewohnten Freiheit abgeben muss.»

Bald vier Standorte

Seine Erfahrung mit Wohnen und Pflege im Alter hilft Clovis Défago beim Aufbau seiner jüngsten Unternehmung, der Casa-Solaris-Gruppe mit Sitz in Wil SG. Auch diese Häuser sind zwar Alters- und Pflegeheime, verstehen sich aber nicht als Heim im herkömmlichen Sinn. Casa Solaris hat aktuell mit Gossau und Niederuzwil zwei Standorte im Kanton St.Gallen, dieses Jahr kommt einer in Stein in Appenzell Ausserrhoden dazu, nächstes Jahr ein weiterer im Kanton Zürich in Kollbrunn.

«Casa Solaris ist seit Bestehen vor sechs Jahren neue Wege gegangen», sagt Gründer und Inhaber Clovis Défago. So neue Wege, dass die Häuser für den Kanton St.Gallen fünf Jahre lang als «Projektstatus» galten. «Wir sehen uns weder als Heim noch als Alterszentrum, sondern viel mehr als ein Hotel mit verschiedenen Wohnformen und Leistungsangebote», erläutert Défago. «À la Carte von Wohnen über Dienstleistungen bis zum Essen in den eigenen Restaurants.» Ein Merkmal ist dabei eine konsequente Kundenorientierung: «Die Bewohnerinnen und Bewohner sind unsere Auftraggeber. Es wäre falsch, wenn sie sich uns und den Bedürfnissen Unserer Betriebe anpassen müssten.»

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Respekt für grosse Lebensgeschichten

Dieses Denken manifestiert sich in vielen kleinen Details, etwa den Besuchszeiten: Es gibt nämlich keine. «Unsere Bewohnerinnen und Bewohner empfangen ihre Besuche wo und wann immer sie wollen», betont Clovis Défago. «Die alten Menschen sind Mittelpunkt unseres Tuns. Es sind Menschen mit grossen Lebensgeschichten. Sie haben unsere Gesellschaft geprägt und am Wohlstand unseres Landes mitgewirkt. Sie verdienen Respekt und Achtung, nicht nur Hilfe und Unterstützung.» Auf das Arbeitsverständnis umgemünzt bedeutet dies, dass sich die Mitarbeiter nicht nur einem Kollektiv dienen, sondern auf die individuellen Bedürfnisse jeder Einzelnen und jedes Einzelnen eingehen.

«Die alten Menschen sind Mittelpunkt unseres Tuns.»

Wenn alle vier Häuser Casa Solaris den Betrieb aufgenommen haben, werden etwas mehr als 300 Menschen dort wohnen. Die Häuser bieten jeweils verschiedene Wohnungen (betreutes Wohnen, Pflegewohnen) und Zimmer an. Zum Konzept gehört auch ein öffentlich zugänglicher Gastronomieteil, in dem wenig an das gefürchtete Café Complet traditioneller Heime erinnert. Das Restaurant «Hot Stone» im Casa Solaris Niederuzwil etwa ist ein Steakhouse, dessen Spezialitäten verschiedene Fleischmenus auf heissem Stein sind, das auch mit einer Cigar-Lounge und ausgesuchten Malt-Whiskys Gäste weit über die Region hinaus lockt. Inklusive Gastronomie werden in den ersten vier Häusern rund 300 Mitarbeiter beschäftigt sein.

«Freiheit ist das höchste Gut, Sicherheit ist das tiefste Bedürfnis» lautet die zentrale Leitidee bei der Konzeption von Casa Solaris. Die Bewohner sollen sich durch nichts eingeschränkt fühlen, sie können aber im Bedarfsfall soviel Service wie gewünscht und soviel Pflege wie benötigt abrufen. Die vermeintlichen Gegensätze Freiheit und Sicherheit werden von Casa Solaris harmonisch unter einen Hut gebracht. Das Unternehmen hat sich selbstbestimmtes Wohnen und Leben auf die Fahne geschrieben, deshalb bietet es in allen Häusern verschiedene Wohnformen an, wie Clovis Défago sagt: «Unsere Bewohnende haben die Garantie, ihre Wohnung solange bewohnen zu können, wie sie wollen, auch bei Pflegebedürftigkeit. Sie bestimmen, welche Leistungen sie wann beziehen möchten.»

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Besser, nicht teurer

Dass ein privates Unternehmen sich von öffentlichen Institutionen differenzieren muss, liegt auf der Hand. Interessant ist aber, dass dieses Plus an Service und die umfassende Kundenorientierung sich nicht nur reiche Senioren leisten können. Die Preise der verschiedenen Wohnformen liegen kaum über jenen öffentlichen Häuser «Nicht der Gewinn ist Erfolg, sondern der Gewinn ist das Ergebnis des Erfolgs», umschreibt Clovis Défago sein Geschäftsverständnis. Natürlich sei es auch unabdingbar, als private Institution ohne Defizitgarantie die Zahlen im Griff zu haben. «Nachhaltigen Erfolg kann man jedoch nur erzielen, wenn die Arbeit zur grossen Zufriedenheit der Auftrag- geber erfüllt wird. Dies gelingt nicht mit einem 08/15-Jobver- ständnis, sondern durch Begeisterung, durch Freude an den Aufgaben.»

Besser sein heisse nicht, teurer zu sein, betont Défago: «Heute haben öffentlich-rechtliche und private Alterseinrichtungen in der Tarifierung weitgehend gleich lange Spiesse, auch wenn die öffentlichen Heime Defizitgarantien haben.» Es sei auch in seiner Branche längst bewiesen, dass bei guter Bewirtschaftung der Ressourcen die Aufgaben der öffentlichen Hand auch privat erfolgreich erfüllt werden könnten. «Unsere Tarife sind auch für Menschen mit Ergänzungsleistung bezahlbar», sagt Défago, «darauf legen wir grossen Wert.»

Bedürfnisse ändern sich

Als Clovis Défago 1983 die Pflegeheimgruppe Seniocare AG gründete, waren im Pflegebereich Vier-Bett- oder gar Sechs-Bett-Zimmer üblich. Aufsteh- und Zubettgehzeiten waren ebenso geregelt wie Essens- und Besuchszeiten. «Das ist überhaupt nicht mehr vergleichbar zu heute.» Die Bedürfnisse haben sich stark verändert und ändern sich weiterhin: «Das Alter emanzipiert sich seit Jahren», stellt Défago fest. «Da gilt es unbedingt, vom anbieterorientierten Denken wegzukommen und sich an der Nachfrage zu orientieren. Die Wünsche der Nehmenden ist den Strukturen der Gebenden voranzustellen. Sonst ist man als Dienstleister mittelfristig nicht überlebensfähig.»

Text: Philipp Landmark

Bild: Marlies Thurnheer

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