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«Der Eindruck täuscht»

«Der Eindruck täuscht»
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Die Olma-Messen geriet durch Corona in eine finanzielle Schieflage. Zugleich stehen mit der neuen Halle 1 Investitionen von über 170 Millionen Franken an. Darum benötigen die Olma- Messen St.Gallen Geld – 20 Millionen wollen sie bei Privaten und Unternehmen sammeln. Sie planen dafür die Umwandlung der Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft per Ende April 2023. Das Zeichnen von Olma-Aktien ist seit dem 21. Februar auf olma-aktien.ch möglich. Thomas Scheitlin, Präsident der Genossenschaft Olma Messen St.Gallen, verrät, wo der Plan heute steht.

Thomas Scheitlin, die Olma-Messen benötigen zusätzli- ches Eigenkapital, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Rund 20 Millionen Franken sollen von bestehenden und neuen Eigentümern kommen. Wie viele Private, KMU, Verbände und Institutionen haben bis zum 20. Februar Aktien reserviert?
Ende November, also 100 Tage nach der angekündigten Kapitalerhöhung, haben wir einen Zwischenstand von Aktienreservationen in der Höhe von sechs Millionen Franken kommuniziert. Diese Reservationen werden seit dem 21. Februar laufend umgewandelt, sodass dafür Aktien ausgegeben werden können.

Und wie viele haben seit dem 21. Februar Aktien gezeichnet?
Seit dem 21. Februar können Aktien offiziell gezeichnet werden. Gleichzeitig stehen wir mit zahlreichen Unternehmen in Kontakt, die noch Genossenschafter werden möchten oder ihre bestehenden Anteile erhöhen. Wir befinden uns in einem laufenden Prozess und werden anlässlich unserer Bilanzmedienkonferenz im April wieder Genaueres dazu sagen können.

Aber sind Sie auf Kurs?
Wir haben das Ziel, bis im April bei zehn Millionen Franken zu sein. So wie es sich derzeit präsentiert, sind wir auf Kurs. Sind noch Aktionen bis April geplant, um den Verkauf anzukurbeln? Die Kapitalerhöhung läuft bis im Frühling 2024. Bis dahin sind noch diverse Aktionen geplant. Ende Februar, mit dem Start der Aktienzeichnung, haben wir ein zweites Bündel an Massnahmen gestartet. Dieses beinhaltet einen breiten Auftritt mit Testimonials, Mailings und persönlichen Kontakten. Wichtige Zeitpunkte für Aktionen sind wiederum unsere grossen Messen. So waren wir mit einem Stand an der Tier+Technik präsent. Unser nächster Auftritt wird dann die OFFA sein.

 

Kennen Sie die Gründe, warum sich Private, KMU, Verbände und Institutionen als Aktionäre engagieren?
Die Investition in die Olma-Messen ist eine Investition in und ein Bekenntnis zum Standort. Dieses Argument hören wir regelmässig. Die Olma-Messen sind ein wichtiger Teil der Standortattraktivität der Ostschweiz. Mit ihren Messen und Veranstaltungen machen sie unsere Region sichtbar. Die OLMA ist die grösste schweizerische Publikumsmesse und ermöglicht eine breite mediale Präsenz. Man ist sich bewusst, dass Veranstaltungen wie Generalversammlungen, Kongresse, Personalfeste, Konzerte und vieles mehr ohne die Olma-Messen nicht in der Ostschweiz stattfinden könnten. Und wie bei Liebhaberaktien üblich, hören wir auch, dass sich die neuen Aktionäre einfach auf eine tolle GV und die Tageseintritte, die sie zugute haben, freuen.

Und auch diejenigen, warum sie es nicht machen wollen?
Die Argumente dagegen sind vielschichtig. Es gibt Personen, die grundsätzlich keine Aktien kaufen. Auch hören wir, dass einige nicht an die Zukunft von Messen glauben. Eine eindeutige Argumentationsrichtung gibt es jedoch nicht.

Zeichnet sich eine Richtung ab, wie sich das Aktionariat ab Ende April 2023 zusammensetzen wird?
Da das Kapital noch nicht vollumfänglich gezeichnet ist, wäre es verfrüht, heute zu diesem Thema eine Aussage zu machen. Sicher ist, dass Stadt und Kanton St.Gallen zusammen mit den anderen Gründerkantonen und dem Fürstentum Liechtenstein eine Beteiligung von über 40 Prozent haben und damit die bedeutendsten Aktionäre sein werden. Unser Ziel ist klar ein gesunder Eigentümer-Mix–Politik, Wirtschaft, Verbände, Private.

 

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Noch im Januar schreckte das «St. Galler Tagblatt» mit der Nachricht auf, dass die meisten umliegenden Gemeinden keine Aktien zeichnen wollten. Diese schöben die Verantwortung auf die Wirtschaft ab. Ist das heute immer noch so?
Diese Aussage stimmt so nicht. Die umliegenden Gemeinden waren in der Vergangenheit nicht Genossenschafter. Als die Olma-Messen 2020 aufgrund der Pandemie ein Liquiditätsproblem hatten, haben sich die umliegenden Gemeinden solidarisch engagiert. Sie sind heute alle Genossenschafter und haben dazu beigetragen, dass die Olma-Messen eine erste schwierige Phase überstehen konnten. In der Zwischenzeit sind auch Gemeinden aus der weiteren Region dazu gekommen.

Also keine Rosinenpickerei – man profitiert gerne von der Zentrumsfunktion St.Gallens, auch von der Olma, finanziell engagieren möchte man sich dafür aber nicht?
Nein, der Eindruck täuscht. Wie gesagt, sind alle umliegenden Gemeinden heute Genossenschafter, einige bestehende Genossenschafter haben erhöht.

Andererseits gibt es auch Stimmen, die sagen, es sei nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, einen Messeveranstalter zu unterstützen – ein «normales» KMU bekäme ja auch nichts.
Messe- und Kongressveranstalter sind Instrumente der Standortförderung, sie sind ein Motor, ein Aushängeschild. So sind zum Beispiel in Deutschland die Messe- und Kongressgesellschaften im Besitz der öffentlichen Hand. Die Veranstaltungen wie Messen, Kongresse oder Konzerte, die auf dem Areal der Olma-Messen stattfinden, ziehen jährlich rund 800 000 Menschen, zum Teil aus aller Welt an. Oftmals kommen Menschen zum ersten Mal in die Ostschweiz. Eine Kongress- und Messegesellschaft bringt eine Region in die Öffentlichkeit. Der Vergleich mit einem «normalen» KMU ist deshalb nur beschränkt möglich. Zudem: Viele KMU haben – anders als die Olma-Messen – Härtefallgelder erhalten. Die Olma-Messen durften während der Pandemie-Jahre aufgrund des Verbots nicht arbeiten. Die Verluste haben voll und ganz das Eigenkapital getroffen.

 

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Hand aufs Herz: Würden Sie die Halle 1 heute auch noch in diesen Dimensionen planen?
Die Entscheide wurden lange vor der Pandemie gefällt. Die Olma-Messen hatten bereits eine Halle 1. Sie war nicht mehr markttauglich, weil sie mit vielen Stützen versehen und in die Jahre gekommen war. Ausser zu den Zeiten der grossen Messen stand sie leer. Der Verwaltungsrat hatte deshalb entschieden, diese zu ersetzen. Da während den grossen Veranstaltungen immer wieder Anlässe mangels freier Flächen abgewiesen werden mussten, entschied man sich für eine grössere, moderne und insbesondere stützenfreie Halle. Das ermöglicht, grosse Veranstaltungen durchzuführen, mit gleichzeitiger Nutzung der anderen Hallen für Events oder Kongresse. Sie ermöglicht aber auch, neue Veranstaltungen nach St.Gallen zu holen. Wir haben diesen Weg gewählt und gehen ihn – die neuen Voraussetzungen berücksichtigt – konsequent weiter.

Sie glauben also an den Messestandort St.Gallen und an die Publikumsmesse?
Wir glauben an der Standort St.Gallen respektive Ostschweiz und Bodenseeraum als Messe- und Kongress-Standort. Es gibt bedeutende Unternehmen und Institutionen, die viel Potenzial für Messen, Kongresse und Events bieten. Denken Sie an das Kantonsspital, die Universität, die Empa, der neue Switzerland Innovation Park Ost und die vielen Unternehmen, die ihren Kunden ihre Produkte und ihre Marke präsentieren oder eine Generalversammlung oder ein grosses Personalfest durchführen wollen. Unsere Marktabklärungen haben ergeben, dass das Potenzial weniger die Publikumsmessen betrifft, dafür aber für Fachmessen nach wie vor gross ist. Emotionale Erlebnisse oder Fachgespräche können nur mit physischer Präsenz erreicht werden. Deshalb glauben wir an den Kongress- und Messestandort St.Gallen.

Wie viele Aktien werden Sie persönlich kaufen?
Meine Frau und ich haben je zwei Aktien gezeichnet.

Und werden Sie auch der neuen AG als Verwaltungsratspräsident vorstehen?
Ich werde den Übergang in die AG noch als Verwaltungspräsident begleiten und dann auf Ende meiner offiziellen Amtsdauer per Generalversammlung 2025 den Platz für eine jüngere Kraft frei machen.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Michael Huwiler

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